Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Zivilprozess gegen Psychotherapeuten: Hat Privatgutachter seriös gearbeitet?

4. April 2011 19:14 |
Preis: 49€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Medizinrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Michael Winkler

Sehr geehrte/r Antwortgebende/r,
in meinem Zivilprozess gegen einen Psychotherapeuten wurde vom Gericht ein Sachverständigengutachten bestellt. Ich beauftragte daraufhin einen privaten
Gegengutachter (der im übrigen selbst vereidigter Sachverständiger für ein ähnliches Rechtsgebiet war).

Als das gerichtliche Gutachten eintraf, wollte ich, um eine mögliche Beeinflussung zu vermeiden (der Wohnort beider lag auch nur wenige Dutzend km auseinander), meinem privaten Gutachter nur den TEXT des Gerichtsgutachtens zugänglich machen, also ohne den Namen von dessen Verfasser. Der Privatgutachter wollte jedoch auch den Namen wissen.

Daraufhin teilte er mir mit, dass er den Gerichtsgutachter persönlich kenne.
In der Folge konnte ich im Internet ermitteln, dass auf einer vom Gerichtsgutachter vor einigen Jahren veranstalteten Tagung der Privatgutachter sogar einen Vortrag genau zu dem Thema gehalten hatte, das jetzt Gegenstand des Prozesses und daher auch der beiden Gutachten war.

Der Privatgutachter hatte mir versichert, sich auf keine Weise von der persönlichen Bekanntschaft mit dem Gerichtsgutachter beeinflussen zu lassen.

Meine Frage:
1) War es legitim, dass der Privatgutachter den Namen des Gerichtsgutachters zu erfahren wünschte?

2) Nachdem sich herausgestellt hatte, dass er den Gerichtsgutachter - und sogar sehr gut, d.h. seit Jahren und als sein Tagungsredner - kannte, hätte der Privatgutachter dann nicht sich selbst für befangen erklären und mir den Auftrag zurückgeben müssen?

3) Wenn 1 und 2, oder auch nur 2 illegitim war, kann ich dann den Privatgutachter irgendwie belangen, und wie? (Und wiegt ein solcher Verstoß - wenn es einer war - bei einer Person, die selbst vereidigter Sachverständiger ist, besonders schwer?)

4) Welche Rechtsgrundlagen bzw. -vorschriften gibt es für die Arbeit eines Privatgutachters? Bitte nennen Sie mir diese.


Nachbemerkung: Das Gutachten des Privatgutachters brachte für mich keinerlei Gewinn, da es nur in Nuancen von dem des Gerichtsgutachters abwich. Ich nehme an, dass sich daraus - auch wenn der Verdacht nahe liegt - nicht auf eine Beeinflussung schließen lässt, und noch weniger, eine solche sich irgendwie geltend machen lässt. (Meine Fragen an Sie sind ja auch völlig unabhängig vom INHALT des Privatgutachtens.)


Vielen Dank für Ihre Antwort.






Sehr geehrte Fragestellerin,

besten Dank für Ihre Anfrage, die ich ausschließlich auf der Grundlage des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworte.

Zu Frage 1:
Einen Rechtsgrund, der es dem Privatgutachter verbieten würde, den Namen des gerichtlichen Sachverständigen zu erfahren, gibt es nicht. Dass der Privatgutachter den Namen kennt, muss kein Nachteil, es kann – im Gegenteil - sogar durchaus von Vorteil sein. Er könnte sich dann möglicherweise besser auf den gerichtlichen Sachverständigen einstellen oder ihn ggf. auch leichter widerlegen.

Zu Frage 2 :
Die bloße persönliche Bekanntschaft begründet für sich noch keine Befangenheit. Es ist eher die Regel, dass sich die Sachverständigen in einem bestimmten Gerichtsbezirk kennen. Dass sie sich auf beruflichen Fortbildungsveranstaltungen begegnen, kommt ebenfalls häufig vor. Dasselbe gilt für Referenten auf solchen Veranstaltungen.
Eine Befangenheit könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn über die persönliche Bekanntschaft hinaus Abhängigkeiten bestünden. Hierfür tragen Sie aber nichts vor.
Sie sagen, der Privatgutachter habe Ihnen versichert, sich durch die persönliche Bekanntschaft nicht beeinflussen zu lassen. Sie wussten also von der persönlichen Bekanntschaft. Wenn Sie Bedenken dagegen gehabt haben, hätten Sie den Gutachtensauftrag nicht erteilen oder aber zurückziehen können. Eine Verpflichtung seitens des Privatgutachters zur Rückgabe des Auftrags sehe ich nicht, insbesondere auch dann nicht, wenn sich der Privatgutachter selbst nicht für befangen hielt.

Zu Frage 3:
Ich nehme an, dass Sie unter "belangen" verstehen, ob und wenn ja Sie Ansprüche gegen den Privatgutachter erheben können. Ansprüche könnten sich nur auf Schadensersatz
(§ 823 BGB ) oder Schmerzensgeld (§ 253 BGB ) beziehen. Ein solcher Anspruch setzt aber voraus, dass der Privatgutachter schuldhaft ein objektiv falsches Gutachten erstellt hätte, das bei Ihnen zu einem (wirtschaftlichen) Schaden geführt bzw. Sie an Ihrer Gesundheit geschädigt hätte. In dieser Hinsicht tragen Sie aber nichts vor.

Zu Frage 4:
Rechtsgrundlage für den Privatgutachter ist der mit Ihnen geschlossene Vertrag über die Erstellung eines Privatgutachtens. Diesen hat er nach den Regeln seines Berufsstandes zu erfüllen. Dabei hat er sich an den medizinischen Standard seines Fachgebietes zu halten. Verletzt er diese Regeln, treten die unter Ziff. 3 genannten Rechtsfolgen ein.

Die in Ihrer Nachbemerkung vertretene Ansicht ist zutreffend, wobei inhaltlich ähnliche Gutachten keineswegs zwingend auf eine gegenseitige Beeinflussung schließen lassen.


Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben zu haben.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes und sämtlicher vorliegender Unterlagen erfordert. Im Rahmen dieses Forums können die Ausführungen nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.

Ich empfehle Ihnen daher, eine/n Rechtsanwältin/Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu beauftragen, sofern Sie eine abschließende Beurteilung erhalten möchten. Bitten beachten Sie aber, dass dabei weitere Kosten anfallen können.

Gerne stehe auch ich Ihnen bei der weiteren Durchsetzung Ihrer Interessen zur Verfügung. Sollten Sie dies wünschen, können Sie sich jederzeit gerne mit mir in Verbindung setzen.

FRAGESTELLER 5. Oktober 2025 /5,0
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER