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Welche Quelle für Firmenadressen darf man für eine Bewertungsseite nutzen?

28. Januar 2012 14:45 |
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Internetrecht, Computerrecht


Beantwortet von

Hallo,

wenn ich gerne ein Webangebot erstellen würde, in dem man zum Beispiel Second-Hand-Läden in seiner Umgebung suchen, bewerten und melden kann und auf der Seite schon einen Grundstock an Angeboten bei Start haben möchte - welche Quelle kann man denn frei nutzen, sprich ab wann gilt denn eine Firmenadresse als "öffentlich" und als selbst recherchiert? Wenn man sie in den Gelben Seiten findet? Wenn man sie bei Google findet? Bei den Gelben Seiten enthalten die AGB z.B. die Klausel, dass man aus diesen Daten keine "Verzeichnisse" erstellen darf - aber ab wann gelten Firmenadressen denn als selbst reherchiert? Wenn ich sie selbst abgetippt habe? Wenn ich selber mit dem Auto daran vorbeifahren bin und sie sehe? Ich verstehe ja die Logik der Gelben Seiten ihr Angebot schützen zu wollen, aber ich bin etwas verwirrt, wo da die Grenze zum "Schützenwerten" liegen.

Vielen Dank für die Antwort!

28. Januar 2012 | 16:20

Antwort

von


(2736)
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26131 Oldenburg
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Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:

Grundsätzlich müssen Unternehmen die Veröffentlichung Ihrer (beruflichen) Daten im Internet dulden. Das Recht auf freien Meinungsaustausch überwiegt gegenüber dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Gewerbetreibenden, daher gibt es in der Regel keinen Anspruch, dies zu unterbinden, so der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 23.06.2009 - VI ZR 196/08 – spickmich.de). Entscheidend ist, dass es sich insgesamt nicht um sensible Dateninformationen handeln darf (wie z.B. Privatadresse oder Hobbys des Geschäftsführers) und personenbezogenen Daten wie der Name und die berufliche Tätigkeit einer Person aus einer allgemein zugänglichen Quellen (Homepage, Gelbe Seiten oder ein anderes Branchenverzeichnis etc.) entnommen worden waren. In diesen Fällen können solche Informationen grundsätzlich auch ohne Einwilligung der Betroffenen im gleichen oder in einem anderen Medium wiedergegeben werden, siehe § 28 Absatz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), also auch wie von Ihnen geplant auf Ihrer Internetseite. Sofern es sich bei den Unternehmen um eine juristische Person handelt (z.B. eine GmbH), ist das BDSG übrigens schon gar nicht anwendbar, da es sich nicht um personenbezogene Daten handelt.

Die in Adressverzeichnissen wie den Gelben Seiten eingetragenen Daten sind in ihrer reinen Form (Namen, Anschriften, Telefonnummern) nicht urheberrechtsschutzfähig, sondern freies Gemeingut (BGH, Urteil vom 6. 5. 1999 - I ZR 199/96 ). Ein Adressverzeichnis kann aber als Datenbank urheberrechtlich geschützt sein. Das Gesetz definiert die Datenbank als eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind (§ 4 und § 87a UrhG ). Geschützt sind aber auch bei einer Datenbank nicht die einzelnen Daten, sondern allein die Kreativität in Auswahl bzw. Anordnung der Elemente bzw. der bei der Schaffung von Index oder Abfragesystem investierte Aufwand. Allgemein übliche Sortierung, z.B. alphabetisch ist dabei natürlich nicht vom Schutz umfasst. Zudem kann das Design bzw. die Aufmachung Urheberrechtsschutz genießen. Eine 1:1-Übernahme eines Adressverzeichnisses kann des Weiteren wettbewerbsrechtlich als unmittelbare Leistungsübernahme bzw. Rufausbeutung unzulässig sein.

Wenn Sie aber die öffentlich zugänglichen Daten selbst recherchieren und zusammenstellen und sich bei der Präsentation nicht offensichtlich an Design, Aufmachung und Anordnung eines anderen Adressverzeichnisses orientieren, sehe ich keine rechtlichen Ansprüche der Verlage gegen Ihr Vorhaben. Hierbei können Sie auch Daten aus den Gelben Seiten verwenden, wobei es grundsätzlich keinen Unterschied macht ob durch Abtippen, Einscannen oder auf andere Weise. Es sollten allerdings nur einzelne Adressen übernommen werden und nicht alle unter „Second Hand" aufgelisteten Adressen, da diese in ihrer Gesamtheit ggfs. bereits als nach Art oder Umfang wesentlicher Teil der Datenbank eingestuft werden könnten und dadurch urheberrechtlichen Schutz genießen würden, vgl. § 87b UrhG . Ab wann es sich um einen schützenswerten wesentlichen Teil handelt, hängt immer vom Einzelfall ab und liegt im Endeffekt im Ermessen des Gerichts. Entscheidend kann zum einen der Umfang im Vergleich zum Gesamtwerk sein, zum anderen ob die menschlichen, technischen und finanziellen Anstrengungen des Datenbankherstellers für Beschaffung, Überprüfung und Darstellung dieser Daten eine wesentliche Investition darstellen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 30. 4. 2009 - I ZR 191/05 ).


Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.

Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

ANTWORT VON

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