Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihnen Ihre Frage auf der Grundlage des von Ihnen angegebenen Sachverhalts wie folgt:
Ihre Tochtersollten der Vorladung nicht folgen und zunächst einen Rechtsanwalt beauftragen.
Dieser wird, bevor überhaupt Angaben gemacht werden, zunächst Akteneinsicht beantragen.
Sie können der Polizei telefonisch mitteilen, dass Sie nicht zur Vernehmung erscheinen werden, weil Sie einen Anwalt beauftragen werden.
Sie können auch gleich einen Anwalt beauftragen ( sofern dies zeitlich noch reicht), der dieses dann der Polizei mitteilen wird.
Das Nichterscheinen bei der Polizei kann nicht zu Ihrem Nachteil ausgelegt werden.
Insbesondere aufgrund des noch ungeklärten Sachverhalts sollte Ihr Tochter nicht ohne anwaltliche Beratung - praktisch unvorbereitet - an einer Polizeivernehmung teilnehmen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste Orientierung gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Günthner
Rechtsanwalt
Kann meine Tochter eventuell zu der Vorladung gehen,die Personaldaten geben und selbst Akteneinsicht verlangen?oder ist nur ein Anwalt zur Akteneinsicht berechtigt?Ich frag dies obzwar Ihre Antwort klar ist,aber der "Rest der Familie" o.g.Version vorschlägt!Die" Anderen" meinen dass sie einfach von vorhinein sagen soll,dass sie keine Fragen beantwortet ,weil ein Anwalt sie vertreten wird,aber um Akteneinsicht oder um Auskunft bittet,weswegen sie beschuldigt wird?Ich muss ständig an ebay denken,weil wir keine Sachen verkauft noch gekauft(zu diesem Zeitpunkt) haben und seit Jahren nicht in Berlin waren,wo der Tatort ist.Vielen Dank für Ihre Mühe,G.B
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.
Gemäß § 147 StPO
ist der Verteidiger zur Akteneinsicht berechtigt. Ein spezielles Akteninformationsrecht des Beschuldigten, welches dieser allein ohne Verteidiger wahrnehmen konnte, war lange Zeit nicht gesetzlich geregelt.
Erst nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Jahr 1997 wurde § 147 VII StPO
in das Gesetz eingefügt, welcher lautet:
"Dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, können Auskünfte und Abschriften aus den Akten erteilt werden, soweit nicht der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen. Absatz 5 und § 477 Abs. 5 gelten entsprechend"
Der Beschuldigte hat danach aber keinen Anspruch auf Akteneinsicht im Wege des Zugangs zu den Originalakten. Nach § 147 VII StPO
soll nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Prüfung der Erteilung von Auskünften oder Abschriften aus den Akten bestehen.
In der Praxis gibt es noch nicht viele Erfahrungswerte für die Durchsetzung des Anspruchs nach § 147 VII StPO
. Natürlich bietet sich für den Beschuldigten die Möglichkeit, sich mit einem Schreiben an die Strafverfolgungsbehörde zu wenden und mit Verweis auf § 147 VII StPO
um Einsicht in die Ermittlungsakte zu bitten.
Insofern ist es immer effektiver, einen Strafverteidiger mit der Akteneinsicht zu beauftragen.
Aber natürlich besteht für Ihre Tochter auch die Möglichkeit, sich mit einem Schreiben an die Strafverfolgungsbehörde zu wenden und mit Verweis auf § 147 VII StPO
um Einsicht in die Ermittlungsakte zu bitten.
Wichtig ist, dass Ihre Tochter ohne diese Akteneinsicht- sei es durch einen Rechtsanwalt oder durch Sie selbst, bei der Polizei zum heutigen Termin keine Angaben macht.
Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes befürworte ich immer noch, da dies insbesondere bei der Unerfahrenheit mit der Starfverfolgungsbehörde hilfreich ist.
Aber natürlich kann Ihre Tochter auch den Weg über § 147 VII StPO
gehen, um vorab überhaupt den genauen SAchverhalt zu erforschen, welcher dem Tatvorwurf zugrunde liegt.
Mit freundlichen Grüßen
Günthner
Rechtsanwalt
§ 147 StPO
Akteneinsicht des Verteidigers
(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.
(2) Ist der Abschluß der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, so kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenstücke sowie die Besichtigung der amtlich verwahrten Beweisstücke versagt werden, wenn sie den Untersuchungszweck gefährden kann.
(3) Die Einsicht in die Niederschriften über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.
(4) Auf Antrag sollen dem Verteidiger, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke zur Einsichtnahme in seine Geschäftsräume oder in seine Wohnung mitgegeben werden. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der
(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.
(7) Dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, können Auskünfte und Abschriften aus den Akten erteilt werden, soweit nicht der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen. Absatz 5 und § 477 Abs. 5 gelten entsprechend.