Sehr geehrter Ratsuchender,
nach Art 13 BayVwVfG, welcher über die BayBO Anwendung findet, ist der Nachbar als Beteiligter im Verfahren anzusehen. Dieses bedeutet, dass dieser auch im Genehmigungsverfahren eigenständig Anträge stellen kann, bis hin zum Baustopp. Ein langjähriges Verfahren wäre dann die Folge, wenn der Nachbar diesen Baustopp tatsächlich mit Widerspruch und Klage durchsetzen will.
Neben dem bauverfahrensrechtlichen Blockaden könnte der Nachbar darüber hinaus Eingaben und Anträge noch dem allgemeinen Zivilrecht beim ordentlichen Gericht einreichen, wenn er eine Beeinträchtigung seines Eigentums durch die von Ihnen gewünschte Bauweise nachweisen kann.
Ob er mit diesen Befürchtungen durchdringen kann, lässt sich anhand Ihrer Sachverhaltsdarstellung so nicht abschließend bewerten. Allein eine Ablehnung "aus Prinzip" ohne sachlichen Grund, wird dabei sicher nicht ausreichen (solche Nachbarn gibt es leider), sondern es muss schon eine konkrete Gefährdung vorhanden sein, was auch nach Lage des Baukörpers und Grundstücksgröße zu beurteilen ist. Dazu bedarf es also der kontreteren Prüfung anhand aller Unterlagen.
Dieses ist auch dann möglich, wenn eine Genehmigung durch das Landratsamt vorliegt, da die zivilrechtliche Auseinandersetzung getrennt vom Baugenehmigungsverfahren zu bewerten ist.
Bei baulichen Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs geeignet sind, die Nachbarschaft zu benachteiligen oder zu belästigen, kann die Bauaufsichtsbehörde auf Antrag des Bauherrn an Stelle der Nachbarbeteiligung das Vorhaben in ihrem Amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standorts der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekanntmachen.
Diesen Antrag müssten Sie stellen und damit versuchen, die fehlende Zustimmung des Nachbarn zu umgehen.
Hierzu und auch zu der Frage, inweiweit tatsächlich zivilrechtliche Unterlassungsansprüche wegen angeblicher Behinderung vorliegen, sollten Sie unbedingt einen Anwalt beauftragen.
Allerdings ist es entgegen Ihrer Auffassung unwichtig, ob andere Bauvorhaben auch von den Vorgaben abweichen. Denn insoweit haben Sie KEINEN Anspruch auf Gleichbehandlung, sofern diese Abweichungen ungenehmigt vorgenommen worden sind.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Bohle
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Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
vielen Dank für die umfassende Beantwortung meiner Frage. Nach erneutem Studium des B- Plans ergibt sich nun der Umstand, dass wir U+1+D also mit ausgebautem Dachgeschoß bauen dürfen.
Ändert dies, sowie die Anmerkung dass die genannten anderen Bauvorhaben die Genehmigung erhalten haben, etwas an dem von Ihnen aufgeführten Sachverhalt?
Wir beabsichtigen, nur ein vom Landratsamt (evtl. mit geringen Änderungen in Bezug auf die Wandhöhen) genehmigtes Haus strikt nach Eingabeplan zu erstellen. Dabei gehe ich davon aus, dass der Nachbar lediglich den zivilrechtlichen Klageweg (wenn überhaupt) beschreiten kann.
Ist meine Annahme korrekt?
Freundliche Grüße
Sehr geehrter Ratsuchender,
der Nachbar könnte zwar trotzdem auch im Baugenehmigungsverfahren Eingaben machen; sofern Sie sich jedoch an die Vorgaben halten, wird er keinen Erfolg haben.
Dieses wird vermutlich dann auch für das zivilrechtliche Verfahren gelten. Denn wenn Sie wirklich nur geringfügige Abweichungen vornehmen (und ein Toleranzwert von 3-5% wird Ihnen auf jeden Fall zugestanden werden), wird man sicherlich nicht von irgendwelchen wesentlichen Beeinträchtigungen ausgehen können. Auch zivilrechtlich wird der Nachbar dann unterliegen.
Auch wenn die anderen Bauvorhaben eine Ausnahmegenehmigung erhalten haben, werden Sie sich darauf aber leider nicht berufen können, da eben aufgrund der Tatsache, dass es Ausnahmen sind, keine Gleichbehandlung verlangen können.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle