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Verstoß gegen die Fürsorgepflicht

1. Oktober 2025 10:45 |
Preis: 51,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

01.10.2025
Anfrage an einen Anwalt für Arbeitsrecht
Ich befinde mich derzeit in einem gekündigten, aber noch laufenden Arbeitsverhältnis als
Steuerfachangestellte in einer größeren Kanzlei. Mein letzter Arbeitstag ist der 28.02.2025. Ich bin seit 4 Wochen krankgeschrieben aufgrund psychischer Belastungssymptome
(Stressfolgeerkrankung), u.a. in Verbindung mit der Pflege meiner kranken Mutter (COPD Stadium 3).
Vor meiner Kündigung habe ich mehrfach das Gespräch mit der Personalreferentin gesucht und darauf hingewiesen, dass ich mich weder wertgeschätzt noch unterstützt oder gefördert fühle. Die Situation besserte sich trotz Zusagen („Ich bin jetzt da und werde mich kümmern") nicht, sodass ich
mich zu einer ordentlichen Kündigung entschieden habe.
Nach der Kündigung kam es zu folgenden belastenden Ereignissen:
1. Bei Rückkehr in die Kanzlei werde ich weiterhin zu einem Gespräch mit der Geschäftsführung gedrängt, bei dem ich konfrontiert werden soll – ohne konkrete Vorwürfe genannt zu bekommen, was mich weiterhin sehr belastet.
2. Ich habe auf ärztliche Empfehlung eine Akuttherapie begonnen, bin weiterhin krankgeschrieben. Mein Gesundheitszustand verschlechtert sich durch den weiter aufgebauten Druck.
3. Mein Zugang zum Arbeitsserver wurde ohne jede Ankündigung gesperrt. Ich weiß weder warum, noch erhielt ich eine Begründung.
4. Ich vermute außerdem, dass mein dienstlicher E-Mail-Account möglicherweise ohne mein Wissen eingesehen oder verwendet wurde.
5. Eine Aussage der Personalreferentin (Zitat: „Kritik kommt eh immer nur von denen, die ständig übers Köpfchen gestreichelt werden wollen") wurde mir persönlich gegenüber geäußert – ich empfinde das als diffamierend und stigmatisierend.
6. Es wurde mir unterstellt, Mandantenunterlagen unzulässig mit nach Hause genommen zu haben.
Tatsächlich war das über Jahre hinweg gängige Praxis mit Wissen der Geschäftsleitung (konkludentes Verhalten). Ich habe im Nachhinein zusätzlich eine schriftliche Einverständniserklärung der
Mandantin eingeholt, auch das wurde mir vorgeworfen.
7. Auf dem Sommerfest hat eine der Geschäftsführerinnen (unter Alkoholeinfluss) eine Kollegin
lautstark verbal angegangen, obwohl diese das Gespräch mehrfach beenden wollte. Ich war selbst anwesend. Auch dieses Verhalten blieb ohne Konsequenzen.
8. Kolleginnen, mit denen ich Kontakt habe (z. B. wegen der Übergabe von Buchhaltungen), werden unter Druck gesetzt, mit mir nicht mehr zu kommunizieren. Das führt zu erheblicher
Isolation.
9. Ich habe der Kanzlei die Möglichkeit gegeben, mich bis zum Vertragsende bei
Gehaltsfortzahlung freizustellen – dies wurde ignoriert. Stattdessen wurde mir der Zugang entzogen und suggeriert, ich hätte illoyal oder vertragswidrig gehandelt – ohne konkrete Vorwürfe.
10. Ich habe mich trotz Krankschreibung weiter bemüht, gewisse Aufgaben zu übernehmen, um meine Kolleg:innen nicht zu überlasten. Auch das wurde mir negativ ausgelegt.
11. Ergänzend: In der Vergangenheit hat mindestens eine Kollegin nach Ablauf der 6-wöchigen Entgeltfortzahlung weiterhin für die Kanzlei gearbeitet, obwohl sie bereits im Krankengeldbezug war. Diese Tätigkeit wurde meines Wissens nach von der Kanzlei geduldet oder gefordert. Ich frage
mich, ob dies sozialrechtlich oder arbeitsrechtlich relevant ist.
---
Meine Fragen:
1. Liegt hier ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber vor?
2. Ist die Sperrung meines Zugangs und ein möglicher Zugriff auf meine E-Mails zulässig?
3. Sind die Aussagen der Personalreferentin und das Verhalten der Geschäftsführerin auf dem Fest rechtlich relevant?
4. Lohnt sich rechtliches Vorgehen (z. B. durch Freistellungsverhandlungen, Abmahnung oder Schadensersatz)?
5. Wie kann ich mich absichern, um eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu vermeiden?
6. Ist die Mitnahme von Mandantenunterlagen bei langjähriger Duldung überhaupt problematisch?

1. Oktober 2025 | 11:48

Antwort

von


(1131)
Wiesenstraße 28
90443 Nürnberg
Tel: 015785075264
Web: https://www.kanzlei-ahmadi.de
E-Mail:
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Sehr geehrter Fragesteller,

auf Grundlage der genannten Informationen gebe ich Ihnen gerne folgende Ersteinschätzung:





1. Liegt hier ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber vor?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Gesundheit und das Persönlichkeitsrecht seiner Arbeitnehmer zu schützen. Mobbing, Nötigung und Belästigungen am Arbeitsplatz können zu schweren psychischen Beschwerden führen und ein Eingreifen der Vorgesetzten erfordern. Auch das gezielte Isolieren von Mitarbeitern, diffamierende Aussagen und das Ausüben von Druck können als Verletzung der Fürsorgepflicht gewertet werden, insbesondere wenn sie zu einer nachweisbaren gesundheitlichen Beeinträchtigung führen. Die von Ihnen geschilderten Umstände – insbesondere die fortgesetzte Belastung, die diffamierenden Aussagen, die Isolierung und das Ignorieren Ihres Angebots zur Freistellung – sprechen für eine Verletzung der Fürsorgepflicht. Ob dies für einen Schadensersatzanspruch ausreicht, hängt davon ab, ob Sie die Kausalität zwischen dem Verhalten des Arbeitgebers und Ihrer Erkrankung nachweisen können. Die Beweislast liegt bei Ihnen.



2. Ist die Sperrung meines Zugangs und ein möglicher Zugriff auf meine E-Mails zulässig?

Die Sperrung des Zugangs zum Arbeitsserver nach einer Kündigung ist grundsätzlich zulässig, insbesondere wenn der Arbeitgeber befürchtet, dass sensible Daten gefährdet sein könnten oder das Arbeitsverhältnis gestört ist. Allerdings muss dies verhältnismäßig und sachlich begründet sein. Ein Zugriff auf dienstliche E-Mails ist unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, etwa zur Sicherstellung des Geschäftsbetriebs, sofern keine privaten E-Mails betroffen sind und der Zugriff im Rahmen des Datenschutzes erfolgt. Eine vorherige Information wäre jedoch angebracht. Ohne konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten Ihrerseits und ohne Information kann das Vorgehen des Arbeitgebers als unverhältnismäßig angesehen werden.



3. Sind die Aussagen der Personalreferentin und das Verhalten der Geschäftsführerin auf dem Fest rechtlich relevant?

Diffamierende und stigmatisierende Aussagen von Vorgesetzten können eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen und im Rahmen von Mobbing rechtlich relevant sein. Das Verhalten der Geschäftsführerin auf dem Fest ist dann relevant, wenn es sich um eine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung handelt oder das Betriebsklima nachhaltig stört. Solche Vorfälle können im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zur Untermauerung eines Mobbingvorwurfs herangezogen werden, insbesondere wenn sie systematisch auftreten.



4. Lohnt sich rechtliches Vorgehen (z. B. durch Freistellungsverhandlungen, Abmahnung oder Schadensersatz)?

Ein rechtliches Vorgehen kann sich lohnen, wenn Sie die Fürsorgepflichtverletzung und deren Folgen nachweisen können. Sie könnten eine Abmahnung oder Schadensersatzansprüche prüfen lassen, insbesondere wenn ein Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Arbeitgebers und Ihrer Erkrankung besteht. Auch eine Klage auf Freistellung bis zum Vertragsende ist denkbar, wenn Ihnen die weitere Beschäftigung unzumutbar ist. Die Erfolgsaussichten hängen maßgeblich von der Beweisbarkeit der Vorwürfe ab. Im Kontext wird empfohlen, die Krankschreibung zu nutzen und nicht selbst zu kündigen.



5. Wie kann ich mich absichern, um eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu vermeiden?

Eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld tritt in der Regel ein, wenn Sie selbst kündigen oder einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Da Sie selbst gekündigt haben, sollten Sie gegenüber der Agentur für Arbeit glaubhaft machen, dass ein wichtiger Grund für die Eigenkündigung vorlag, etwa eine unzumutbare Belastung oder gesundheitliche Gründe, die durch ärztliche Atteste belegt werden können. Im Kontext wird empfohlen, dies mit dem behandelnden Arzt abzustimmen und die Gründe ausführlich zu dokumentieren.



6. Ist die Mitnahme von Mandantenunterlagen bei langjähriger Duldung überhaupt problematisch?

Wenn die Mitnahme von Mandantenunterlagen über Jahre hinweg mit Wissen und Duldung der Geschäftsleitung erfolgte, spricht dies für ein konkludentes Einverständnis. Die nachträgliche Einholung einer schriftlichen Einverständniserklärung der Mandantin verstärkt Ihre Position. Problematisch wäre die Mitnahme nur, wenn sie gegen ausdrückliche Anweisungen oder gesetzliche Verschwiegenheitspflichten verstoßen hätte. Da die Praxis geduldet war, ist ein arbeitsrechtlicher Vorwurf schwer zu begründen.



Zusammenfassend:

- Es liegen Anhaltspunkte für eine Verletzung der Fürsorgepflicht vor.

- Die Sperrung des Zugangs ist grundsätzlich zulässig, sollte aber verhältnismäßig und transparent erfolgen; ein Zugriff auf E-Mails ist nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.

- Diffamierende Aussagen und das Verhalten auf dem Fest können im Rahmen eines Mobbingvorwurfs relevant sein.

- Rechtliches Vorgehen kann sich lohnen, insbesondere wenn Sie gesundheitliche Beeinträchtigungen nachweisen können.

- Zur Vermeidung einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld sollten Sie die Gründe für Ihre Kündigung gut dokumentieren und ärztlich belegen.

- Die Mitnahme von Mandantenunterlagen ist bei langjähriger Duldung und Einverständnis der Mandantin in der Regel nicht problematisch.



Bitte beachten Sie die Fristen für etwaige Klagen (z. B. Kündigungsschutzklage: 3 Wochen ab Zugang der Kündigung).


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Milad Ahmadi
Rechtsanwalt


ANTWORT VON

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