Sehr geehrte Fragende
sehr geehrter Fragender,
aufgrund der von Ihnen gegebenen Informationen möchte ich Ihre Fragen wie folgt beantworten:
zu Frage 1):
Ob Ihr Doktorvater einen Anspruch auf Herausgabe der elektronischen Form Ihrer Dissertation samt der Abbildungen hat kann nur anhand der zwischen Ihnen und dem Doktorvater, sowie der zugrunde liegenden Promotionsordnung beurteilt werden.
Ihrer Darstellung kann ich nicht entnehmen, dass eine dahingehende Vereinbarung besteht. Auch gehe ich nicht davon aus, dass Sie Ihr Einverständnis erteilt haben, so dass Ihr Doktorvater grundsätzlich nicht die Herausgabe verlangen kann. Etwas anderes könnte sich aber aus der zugrunde liegenden Promotionsordnung ergeben.
zu Frage 2):
Sollte sich auch hier keine abweichende Regelung in der Promotionsordnung befinden, so dürfte Ihre Arbeit nicht ohne Ihr Einverständnis genutzt werden.
zu Frage 3):
Es ist unglaublich, dass Ihr Doktorvater eine Gegenleitung für das Weiterreichen des Gutachtens forderte. Dies darf er natürlich nicht.
Ihr Doktorvater ist als Beamter Amtsträger iSd. § 331 StGB
iVm. § 11 Abs. 1 Nr. 2a) StGB.
Das Weiterreichen des Gutachtens gehört auch zu seiner Dienstausübung.
Er müsste einen Vorteil iSv. § 331 StGB
erlangt haben. Dies ist jede Leistung des Zuwendenden, welche den Amtsträger oder einen Dritten materiell oder immateriell in seiner wirtschaftlichen, rechtlichen oder auch nur persönlichen Lage objektiv besser stellt und auf die er keinen rechtlich begründeten Anspruch hat. Sie sagen, er habe durch Ihre Arbeit Forschungsgelder erhalten. Ein Vorteil erlangte somit zumindest das Institut, ein „Dritter“. Einen rechtlichen Anspruch hierauf kann ich bislang nicht erkennen.
Als Tathandlung kommt das „Fordern“ gegeben.
Kern des Tatbestandes des § 331 StGB
ist die inhaltliche Verknüpfung von Dienstausübung und Vorteilszuwendung, sog. Unrechtsvereinbarung. Es ist erforderlich, dass der Vorteil für die Dienstausübung gefordert, versprochen oder angenommen wird.
Nach Ihren Angaben kann man diesen Eindruck bekommen, so dass eine Strafbarkeit vorläge. Der Vorteil Ihres Doktorvaters besteht darin, dass er aufgrund Ihrer Unterlagen und Materialien Forschungsgelder erhält. Sie geben an, Ihr Doktorvater habe die Unterlagen mit der Begründung verlangt, diese für die Publikation zu benötigen.
Ob diese „Unrechtsvereinbarung“ aber nachgewiesen werden kann, ist eine andere Frage. Zudem müsste Ihr Doktorvater vorsätzlich gehandelt haben. Er müsste gewusst und billigend in Kauf genommen haben, dass es um einen Vorteil, auf welchen kein Rechtsanspruch besteht, als Äquivalent für die Dienstausübung geht. Dies ist aufgrund Ihrer Schilderungen anzunehmen.
zu Frage 4):
Als Urheber des Fotos steht Ihnen ein alleiniges Nutzungsrecht hieran zu. Für eine konkludente Zustimmung der Veröffentlichung auch auf anderen Postern ergeben sich keine Hinweise, so dass die weiteren Abbildungen gegen Ihre Rechte verstoßen.
Dies sollte von Ihnen nicht hingenommen werden. Als Urheber haben Sie einen Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzanspruch.
Sie können die weitere Veröffentlichung untersagen, Auskunft darüber verlangen, wo Ihr Foto ebenfalls verwendet wurde und Schadensersatz fordern. Sofern Sie Ihren Schaden nicht konkret nachweisen können, wird er im Wege sog. Lizenzanalogie bestimmt, d.h. unterstellt es wäre mit Ihnen ein Lizenzvertrag geschlossen worden, so muss Ihnen die fiktive Lizenzgebühr als Schaden erstattet werden. Die genaue Höhe hängt von vielerlei Faktoren ab. Die Maßstäbe stellt hierbei die deutsche Mittelstandsgesellschaft Foto-Marketing bzw. der deutsche Journalistenverband auf. Es kommt auf den Zeitraum der Veröffentlichung an, den Ort, die Bildgröße, Auflösung des Bildes etc.
Eine genaue Zahl kann ich Ihnen momentan nicht nennen. Aber unterstellt es sei ein Grundhonorar von realistisch 150 Euro zugrunde zu legen, so käme aufgrund des fehlenden Urhebernachweises ein Zuschlag von 100 % dazu, sowie die Umsatzsteuer, also rund 360 Euro.
Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben. Ich weise Sie auf die kostenlose Nachfragefunktion hin.
Gern können Sie sich mit wir wegen der weiteren Vorgehensweise, insbesondere hinsichtlich Ihrer vierten Frage, in Verbindung setzen. Sodann könnte ich Ihnen auch genauere Zahlen nennen.
Ich das entgegengebrachte Vertrauen möchte ich mich bedanken.
Mit freundlichem Gruß
RA Gerstel
Die vorstehende summarische Lösung ist beschränkt durch die von Ihnen gegebenen Informationen. Gerade geringfügige Modifikationen des Sachverhalts können völlig abweichende rechtliche Ergebnisse bedingen! Außerdem wird, wie die Plattform-Bedingungen es vorsehen, nur ein erster Überblick geboten. Außerdem ist der Umfang der Antwort auch abhängig von der Höhe des gebotenen Honorars. Daher kann diese Beratung das umfassende, verbindliche und abschließende Beratungsgespräch durch den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens keineswegs ersetzen. Bitte beachten Sie dies!
Sehr geehrter Herr Gerstel,
vielen Dank für Ihre Antwort.
zu 1:
Die Promotionsordnung beinhaltet keine Regelung über die geforderten Dateien, es gibt über diese auch keine Vereinbarung mit dem Doktorvater.
zu 2:
Auch hierzu findet sich keine Regelung in der Promotionsordnung. Wie kann künftig aber verhindert werden, daß meine Arbeit ohne mein Einverständnis genutzt wird? Immerhin hat mein Doktorvater bereits einen Teil meiner Resultate publiziert, ohne dafür meine –auch lt. Verlagsbestimmungen erforderliche– Zustimmung einzuholen. Auf Nachfrage beim Verlag wurde auf den eigentlichen Sachverhalt jedoch nicht eingegangen, mir wurden lediglich inhaltliche Änderungen in Form eines Corrigendums angeboten. Demnach wird man vor vollendete Tatsachen gestellt, ist dies hinzunehmen?
zu 3:
Wäre z.B. eine Email meines Doktorvaters mit folgendem Wortlaut ein verwertbarer Beleg für die Unrechtsvereinbarung? "Vielleicht können Sie erreichen, dass mir XX die jetzt schon mehrmals angemahnten Unterlagen (pdf der Arbeit, word-file der Arbeit sowie die Grafiken) bringt. Vorher werde ich das Gutachten nicht weiterreichen." Belegbar ist ferner, daß er das fertige Gutachten mindestens drei Wochen zurückbehalten hat.
Macht es Ihrer Einschätzung nach Sinn, diese Angelegenheit weiter zu verfolgen und welche Schritte wären ggf. zu unternehmen?
zu 4:
Mit welchen Kosten wäre in etwa zu rechnen, wenn Sie mit der Durchsetzung meiner Rechte beauftragt werden würden?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Fragende,
Ihre Nachfragen beantworte ich gern.
zu 1): Worin haben Sie promoviert? Im Naturwissenschaftlichen Bereich spielen einige Fragen eine wichtige Rolle. Waren Sie am Institut eingestellt? Haben Sie das Labor des Instituts für Ihre Arbeit benutzt. Haben Sie sich das Thema Ihrer Promotion selbst ausgesucht, oder wurde es vorgegeben? etc.
Erst wenn ich alle Fakten kenne, kann ich sicher beurteilen, ob Ihr Doktorvater einen Anspruch auf Ihre Arbeit hat oder nicht.
zu 2): Unterstellt, Ihrem Doktorvater stünde kein Anspruch zu, so hätten Sie einen Unterlassung-, Schadensersatz- und Auskunftsanspruch. Zur Höhe des Schadensersatzes kann ich ohne weitere Kenntnisse noch keine Angaben machen.
zu 3): Die E-Mail würde durchaus die Vermutung einer Unrechtsvereinbarung kräftigen, sofern kein Anspruch besteht. Vor Abschluss des Promotionsverfahrens sollten weitere Schritte wohl überlegt sein.
zu 4): Die Kostenfrage kann ich momentan nicht beantworten.
Ich schlage vor, Sie setzen sich mit mir telefonisch in Verbindung, um ein mögliches weiteres Vorgehen zu besprechen. Gern sehe ich mir alle Unterlagen einmal an und gebe Ihnen meine Einschätzung dazu ab. Hierdurch entstehen noch keine Kosten für Sie. Meine Rufnummer lautet: 02307 - 36 29 32
Mehr Informationen zu meiner Person erhalten Sie auch unter www.ragerstel.de
Bis dahin verbleibe ich
mit freundlichem Gruß
RA Gerstel