Sehr geehrte Fragesteller,
man muss Ihre Angelegenheit unter drei Blickrichtungen betrachten.
1. Baurecht, hier gilt das Baugesetzbuch des Bundes, BauGB. Dazu das Baunutzungsrecht
2. Nachbarschaftsrecht mit den landesrechtlichen Nachbarschaftsgesetzen.
3. Naturschutz mit den lande- und bundesgesetzlichen Regelungen.
Dazu muss man in alle vorhandenen Akten, Unterlagen, Baupläne und Korrespondenz Einblick nehmen – was mittels Akteneinsicht - § 29 VwVfG
beantragt werden kann – um ein abschließendes Urteil abgeben zu können. Ganz wichtig ist auch der Augenschein vor Ort, der durch eine Ferndiagnose nicht ersetzt werden kann.
Dies vorangestellt ist es so, dass die Ihnen gesetzte Frist zum 31.3.2015 unter allen Aspekten durchaus verlängert werden kann, denn Behörden dürfen von Bürgern nichts Unmögliches verlangen. Stellen Sie deshalb unverzüglich – jedoch „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht in der Sache" entsprechende Fristverlängerungsanträge unter Glaubhaftmachung dessen, was Sie zum Schluss Ihrer Fragestellung nachvollziehbar schildern.
Achten Sie aber bitte unbedingt auf Rechtsmittelfristen, die Ihnen im Rahmen von Rechtsmittelbelehrungen ggf. bereits erteilt wurden. Diese müssen Sie für Widerspruch und/oder Klage (Klage wg. des Prozesskostenrisikos zuvor anwaltlich prüfen lassen) unbedingt einhalten, weil sonst Bestandskraft eintritt, die nichtmehr rückgängig zu machen ist.
Summarisch sehe ich in der Naturschutzfrage noch die besten Chancen, weil ein Gesetz mit nahezu 5-jähriger Rückwirkung schon bedenklich in Ihr Eigentum eingreift und Bestandsschutzfragen tangiert, so dass ggf. auch enteignungsrechtliche Fragen (sog. Legalenteignung) relevant werden könnten, Rechtsweg dann zum ordentlichen Gericht, Art 14 III 3 GG
.
Ggü. der Gemeinde wäre in der Tat an eine nachträgliche Baulast zu denken und mit der Gemeinde zu verhandeln, weil es mir auf den ersten Blick unredlich erscheint, dass die Gemeinde jetzt, nach ebenso langer Duldung auf den Zug des Naturschutzes aufspringen will. Hier wäre Verhandlungsspielraum und auch im Ablehnungsfalle eine ermessenfehlerhafte Entscheidung verwaltungsgerichtlich zu überprüfen.
Äußerstenfalls wäre wegen der Fristsetzungen zum Rückbau an einstweiligen Rechtsschutz nach der Verwaltungsgerichtsordnung zu denken. All dies und ggf. auch Fragen einer etwaigen Prozesskostenhilfe sollte dann ein/e mit dem Verwaltungs- und Baurecht vertraute Anwalt/in möglichst vor Ort eingehender prüfen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Nach § 31 BauGB
können auch Ausnahmen zulässig sein:
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Ich weise auch auf § 57 NaturschutzG BW hin, der das Verfahren regelt, wenn es zu Einschränkungen Ihres Eigentums durch den Naturschutz kommt, die sonst nicht abgewendet werdne können:
§ 57 NaturschG BW:
"Eigentumsbindung, Entschädigung
(1) Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse, die sich unmittelbar aus diesem Gesetz oder durch Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes ergeben, sind im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums (Artikel 14 Abs. 2 Satz 2
des Grundgesetzes) entschädigungslos zu dulden, soweit in § 58 nichts anderes bestimmt ist.
(2) Soweit dieses Gesetz oder Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes enteignende Wirkung haben, ist eine angemessene Entschädigung zu leisten. §§ 7 bis 16 des Landesenteignungsgesetzes gelten entsprechend. Bei der Bemessung der Entschädigung werden jedoch Vermögensvorteile, die als mittelbare Folge eines zugelassenen Eingriffs, insbesondere durch die Entnahme von Bodenbestandteilen, eingetreten sind oder eintreten können, nur insoweit berücksichtigt, als der Betroffene die Vermögensvorteile durch eigene Aufwendungen von Kapital oder Arbeit zulässigerweise bewirkt hat.
(3) Anstelle einer Entschädigung kann der Eigentümer die Übernahme des Grundstücks durch den Begünstigten verlangen, wenn ihm mit Rücksicht auf die durch die Maßnahme eintretenden Nutzungsbeschränkungen nicht mehr zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten.
(4) Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung oder die Übernahme nicht zustande, so entscheidet auf Antrag die Enteignungsbehörde in entsprechender Anwendung des Landesenteignungsgesetzes . Für Streitigkeiten steht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen." (Ende Zitat)
Ansonsten können Sie Rechtsmittel ganz einfach fristwahren (= ggf. zunächst auch ohne oder mit knapper Begründung) selbst einlegen. Das Ganze per Einschreiben an die Behörde, von wo der Bescheid gekommen ist. Es kommt nicht auf die Form sondern auf den Inhalt an, also dass Sie gegen den Bescheid mit dem Az,: xy vom …(Datum) das nächst zulässige Rechtsmittel einlegen möchten. Sollte eine Klage erforderlich sein (das steht in der Rechtsmittelbelehrung) sollten Sie das besser von einem Anwalt zuvor prüfen lassen.