Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen, aber in Unkenntnis des Planentwurfs, verbindlich wie folgt beantworten:
Die Frage ist nach öffentlichem Baurecht sowie nach privatem Nachbarrecht zu beurteilen.
1. Öffentliches Baurecht
a) Bauplanungsrecht
Swimmingpool und Poolhaus sind ebenso wie eine Terrasse, Treppen und Stützmauer Nebenanlagen i.S.d. § 14
der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Zu prüfen wäre, ob ein Bebauungsplan Restriktionen in Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche vorsieht.
b) Bauordnungsrecht
Vor den Außenwänden von Gebäuden (Poolhaus) sind Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Sonstige bauliche Anlagen (Pool, Stützmauer, Terrasse, Treppe) müssen gegenüber Grundstücksgrenzen Abstandsflächen freihalten, soweit sie
- höher als 2 m über der Geländeoberfläche sind und von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen oder
- höher als 1 m über der Geländeoberfläche sind und dazu geeignet sind, von Menschen betreten zu werden
(§ 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Landesbauordnung 2018 - BauO NRW 2018). Das müsste mit den jeweils geplanten Baulichkeiten abgeglichen werden.
Die Tiefe der Abstandsflächen beträgt in den genannten Fällen 0,4 H, mindestens 3 m (§ 6 Abs. 5 Satz 1 BauO NRW 2018).
2. Privates Nachbarrecht
Es gilt das Nachbarrechtsgesetz (NachbG NRW). Ein Poolhaus müsste danach grundsätzlich 2 Meter Mindestabstand zur Grundstücksgrenze halten (§ 1 Abs. 1, 2). In einem geringeren Abstand darf nur mit schriftlicher Einwilligung des Eigentümers des Nachbargrundstücks gebaut werden, wobei die Einwilligung nicht versagt werden darf, wenn keine oder nur geringfügige Beeinträchtigungen zu erwarten sind (§ 1 Abs. 3). Das wäre etwa die Entziehung von Licht und Luft, Geräuschbelästigungen, die Beeinträchtigung der Aussicht sowie sonstige ideelle und immaterielle Beeinträchtigungen. Es handelt sich um eine Frage des Einzelfalls.
Hecken über 2 Meter Höhe haben 1 Meter Abstand von der Grenze einzuhalten. Überwiegend wird von einer Höhenbegrenzung ausgegangen, die oft mit 3 Metern angenommen wird (vgl. Schäfer/Fink-Jamann/Peter, Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen, 17. Auflage 2018, § 42, Rz. 4).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonNotar und Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
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Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Lieber Herr Geißlreiter,
ganz herzlichen Dank für Ihre differenziert-fundierte Antwort. Dadurch konnte ich den grundsätzlich geltenden rechtlichen Rahmen sehr gut einordnen und mit diesem Wissen noch einmal aktiv das Gespräch mit meinen Nachbarn suchen - eine "Win-Win-Situation" ist am Ende sicherlich immer der elegantere Weg. In der von mir beschriebenen Ausgangssituation würde die vorgeschriebene Abstandsregelung nämlich bedeuten, dass auf meiner Seite eine große tote und nicht leicht zu pflegende Fläche entsteht, auf die die Gegenseite aufgrund ihrer höher liegenden Terrasse voll drauf schaut. Durch die steile Hanglage hat man eingesehen, dass eine Heckenbepflanzung für den sofort gewünschten Sichtschutz mit 4m Höhe nicht wirklich zumutbar wäre. Wir haben uns nun darauf verständigt, dass ich die Abstandsfläche mit der Stützmauer unterschreite und auf dem Niveau der Terrasse eine großzügige Beet/Heckenbepflanzung als Sicht- und Lärmschutz vornehme. Nun meine Nachfrage: wir haben uns darauf verständigt, dass alle besprochenen Abstände, Höhen, Maßnahmen etc. auf dem vermessenen Architektenplan aufgeführt und mit einem kurzen Kommentar dazu gegenseitig unterschrieben werden. Reicht das so aus oder muss man die Abstandsunterschreitungen noch anderweitig "offiziell" anmelden ?
Vielen Dank und beste Grüße
Sehr geehrter Fragesteller,
es freut mich, dass Sie eine gütliche Lösung gefunden haben. In Nachbarschaftsangelegenheiten ist dies eindeutig die beste Lösung.
Privatrechtlich sind Sie auf der sicheren Seite mit der geplanten Vorgehensweise. Hecken unterfallen nicht der Bauordnung.
Die Frage bleibt, ob Sie einer Baugenehmigung bedürfen: Ein Pool mit einem Beckeninhalt bis 100 Kubikmeter, Stützmauern (sowie Treppen) bis zu 2 Meter Höhe, Aufschüttungen und Abgrabungen mit einer Höhe oder Tiefe bis zu 2 m und einer Grundfläche bis zu 30 Quadratmeter und schließlich das Poolhaus bis zu 75 Kubikmeter Brutto-Rauminhalt sind genehmigungsfrei (vgl. § 62 BauO NRW 2018). Überschreitet eine Anlage davon die Größengrenze, wird das gesamte Bauvorhaben genehmigungsbedürftig.
Unabhängig davon ist zu prüfen, ob Festsetzungen des Bebauungsplanes (sofern vorhanden) dem Bauvorhaben entgegenstehen. Ist das der Fall, müsste eine Abweichung von der Festsetzung gesondert schriftlich beantragt werden (vgl. § 69 Abs. 2 BauO NRW 2018).
Ich wünsche viel Erfolg!
Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt