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Pflegevertrag nach § 120 SGB XI, dort § 2 (1) und (2)

| 30. März 2011 18:29 |
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Sozialrecht


Sehr geehrte Frau RAin, sehr geehrter Herr RA.,

meine Mutter wurde von einem Pflegedienst im gesamten Monat Dez. 2010 und in der ersten Januarwoche 2011 gepflegt und ein Pflegevertrag mit ihr gem. § 120 SGB XI abgeschlossen. Nach § 2 (1) dieses Vertrages hätte die Leistung nach Art, Inhalt und Häufigkeit in einer Anlage 1 festgelegt werden müssen und dies hätte auch der Schriftform bedurft. Nach § 2 (2) auch jede weitere Änderung.
Dies ist jedoch nicht geschehen, wie mir erst jetzt nach mehreren vergeblichen schriftlichen Anfragen vom Pflegedienst mitgeteilt wurde.
Nach eigenem Gutdünken hat der Pflegedienst seine Leistungen kontinuierlich drastisch erhöht. Während im Monat Dez. 2010 schon eine Zuzahlung von ca. 2.000,- € (zusätzl. zu 1.440,-- €, die von der Pflegekasse entspr. Pflegestufe II übernommen wurden), wurde allein in der ersten Januarwoche 2011 bereits 1.500,-- € berechnet (zuzügl. 1.240,-- der Pflegekasse). Natürlich wurden auch die ständig erhöhten Leistungen nicht schriftlich fixiert, geschweige denn der Pflegekasse mitgeteilt.
Meiner Aufforderung, überflüssige Leistungen einzustellen, wurde nicht entsprochen mit der Begründung, der Pflegedienst könne dies nicht verantworten. Daraufhin habe meine Mutter in ein Heim verlegt und damit das Verhältnis zum Pflegedienst beendet.
Nunmehr wird aber unverschämterweise vom Pflegedienst behauptet, Umfang und Vergütung dieser Leistungen seien mit mir mündlich vereinbart gewesen und dies könnten auch die Mitarbeiter bezeugen. Allerdings ist dies völlig frei erfunden.

Meine Frage
lautet daher, wie es zu bewerten ist, dass bei Abschluss des Pflegevertrages die Leistungen hier nicht schriftlich festgelegt wurden und welche Bedeutung die Schriftform denn überhaupt hätte, wenn im Nachhinein einfach behauptet werden kann, es seien mündliche Vereinbarungen getroffen worden ? Auch war ich nicht der Vertragspartner, sondern meine Mutter, die im übrigen zu keinem Zeitpunkt unzurechnungsfähig war.

Meine eigene Einschätzung
ist die, dass der Gesetzgeber den § 2 des Pflegevertrages dafür vorgesehen hat, um für den Pflegebedürftigen Rechtssicherheit zu schaffen und dabei auch dessen gegenüber dem Pflegedienst schwächere Position berücksichtigt hat. Mithin, um genau das zu verhindern, was hier passiert ist. Aber meine Einschätzung muss ja nicht mit der Rechtslage identisch sein.

Deshalb bin ich für Ihren Rat sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Lieber Fragesteller,

zunächst erlaube ich mir den Hinweis, dass die nachfolgende Einschätzung Ihres Problems ausschließlich aufgrund der von Ihnen übermittelten Informationen vorgenommen wurde. Eine abschließende Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer Erstberatung über Frag-einen-Anwalt.de ist daher nicht möglich, weil sich insbesondere durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Angaben zum Sachverhalt und das Vorliegen von Schriftstücken die rechtliche Beurteilung verändern kann.

Auf Grund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage gerne wie folgt:

§ 120 Absatz 3 SGB XI schreibt vor, dass in dem Pflegevertrag wenigstens Art, Inhalt und Umfang der Leistungen einschließlich der dafür mit den Kostenträgern nach § 89 vereinbarten Vergütungen für jede Leistung oder jeden Leistungskomplex gesondert zu beschreiben sind. Üblicherweise werden Pflegeverträge daher so gefasst, dass hinsichtlich des Leistungsumfangs eine sog. Leistungsvereinbarung getroffen wird, welche als Anlage 1 beigefügt wird.

Wenn in Ihrem Vertrag Schriftform vorgesehen ist, die Anlage nicht Bestandteil des Vertrages geworden ist und auch kurzfristiger Änderungsbedarf bei der Pflege nach Ihrem Vertrag nicht mündlich vereinbart werden kann, dann wurde vorliegend nach meiner Einschätzung kein wirksamer Vertrag zwischen Ihnen und dem Pflegedienst geschlossen, welcher eine Zahlungspflicht zu Ihren Lasten begründet. In einem gerichtlichen Verfahren müsste der Pflegedienst beweisen, dass die behaupteten Pflegeleistungen mit Ihnen bzw. Ihrer Mutter so vereinbart wurden.

Ich hoffe Ihnen mit der Beantwortung Ihrer Frage weitergeholfen zu haben. Die genannten Gesetzestexte finden Sie im Internet unter www.gesetze-im-internet.de. Für Rückfragen nutzen Sie bitte die Möglichkeit der kostenfreien Nachfrage auf dieser Seite.

Ich empfehle Ihnen eine persönliche Rechtsberatung bei einem Kollegen bzw. einer Kollegin vor Ort.

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Mit freundlichen Grüßen

Jochen Birk
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 30. März 2011 | 22:22

Sehr geehrter Herr RA. Birk,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Die entscheidende Frage kann ich Ihrer Antwort aber so nicht entnehmen:

Konstituiert § 120 Abs. 3 einen gesetzlichen Formenzwang oder ist § 120 Abs. 3 nur als Richtlinie oder Empfehlung zu verstehen, welche die Parteien befolgen sollten ?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 31. März 2011 | 15:47

Lieber Fragesteller,

Ihre Nachfrage beantworte ich gerne wie folgt.

Es handelt sich bei § 120 Absatz 3 SGB XI weder um einen gesetzlichen Formzwang noch um eine Richtlinie oder Empfehlung an die vertragsschließenden Parteien, sondern um wesentliche Bestandteile des Pflegevertrages, welche unumgänglich sind ("sind... zu beschreiben"). Ob ein wirksamer Vertrag zwischen Ihnen und dem Pflegedienst zustandegekommen ist, richtet sich nach §§ 145 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Nach § 154 Absatz 1 BGB ist im Zweifel ein Vertrag dann nicht wirksam geschlossen, solange sich die Parteien nicht über alle wesentlichen Punkte eines Vertrags geeinigt haben. Dazu gehört auch die vorgenannte Leistungsvereinbarung.

Nach meiner Einschätzung ist daher kein wirksamer Pflegevertrag zwischen Ihnen und dem Pflegedienst zustandegekommen. Der Pflegedienst kann daher allenfalls Wertersatz für die geleistete Arbeit gem. § 818 Absatz 2 BGB verlangen.

Mit freundlichen Grüßen

Jochen Birk
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 31. März 2011 | 17:29

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