Lieber Fragesteller,
zunächst erlaube ich mir den Hinweis, dass die nachfolgende Einschätzung Ihres Problems ausschließlich aufgrund der von Ihnen übermittelten Informationen vorgenommen wurde. Eine abschließende Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer Erstberatung über Frag-einen-Anwalt.de ist daher nicht möglich, weil sich insbesondere durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Angaben zum Sachverhalt und das Vorliegen von Schriftstücken die rechtliche Beurteilung verändern kann.
Auf Grund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage gerne wie folgt:
§ 120 Absatz 3 SGB XI
schreibt vor, dass in dem Pflegevertrag wenigstens Art, Inhalt und Umfang der Leistungen einschließlich der dafür mit den Kostenträgern nach § 89 vereinbarten Vergütungen für jede Leistung oder jeden Leistungskomplex gesondert zu beschreiben sind. Üblicherweise werden Pflegeverträge daher so gefasst, dass hinsichtlich des Leistungsumfangs eine sog. Leistungsvereinbarung getroffen wird, welche als Anlage 1 beigefügt wird.
Wenn in Ihrem Vertrag Schriftform vorgesehen ist, die Anlage nicht Bestandteil des Vertrages geworden ist und auch kurzfristiger Änderungsbedarf bei der Pflege nach Ihrem Vertrag nicht mündlich vereinbart werden kann, dann wurde vorliegend nach meiner Einschätzung kein wirksamer Vertrag zwischen Ihnen und dem Pflegedienst geschlossen, welcher eine Zahlungspflicht zu Ihren Lasten begründet. In einem gerichtlichen Verfahren müsste der Pflegedienst beweisen, dass die behaupteten Pflegeleistungen mit Ihnen bzw. Ihrer Mutter so vereinbart wurden.
Ich hoffe Ihnen mit der Beantwortung Ihrer Frage weitergeholfen zu haben. Die genannten Gesetzestexte finden Sie im Internet unter www.gesetze-im-internet.de. Für Rückfragen nutzen Sie bitte die Möglichkeit der kostenfreien Nachfrage auf dieser Seite.
Ich empfehle Ihnen eine persönliche Rechtsberatung bei einem Kollegen bzw. einer Kollegin vor Ort.
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Mit freundlichen Grüßen
Jochen Birk
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr RA. Birk,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Die entscheidende Frage kann ich Ihrer Antwort aber so nicht entnehmen:
Konstituiert § 120 Abs. 3 einen gesetzlichen Formenzwang oder ist § 120 Abs. 3 nur als Richtlinie oder Empfehlung zu verstehen, welche die Parteien befolgen sollten ?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Lieber Fragesteller,
Ihre Nachfrage beantworte ich gerne wie folgt.
Es handelt sich bei § 120 Absatz 3 SGB XI
weder um einen gesetzlichen Formzwang noch um eine Richtlinie oder Empfehlung an die vertragsschließenden Parteien, sondern um wesentliche Bestandteile des Pflegevertrages, welche unumgänglich sind ("sind... zu beschreiben"). Ob ein wirksamer Vertrag zwischen Ihnen und dem Pflegedienst zustandegekommen ist, richtet sich nach §§ 145
ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Nach § 154 Absatz 1 BGB
ist im Zweifel ein Vertrag dann nicht wirksam geschlossen, solange sich die Parteien nicht über alle wesentlichen Punkte eines Vertrags geeinigt haben. Dazu gehört auch die vorgenannte Leistungsvereinbarung.
Nach meiner Einschätzung ist daher kein wirksamer Pflegevertrag zwischen Ihnen und dem Pflegedienst zustandegekommen. Der Pflegedienst kann daher allenfalls Wertersatz für die geleistete Arbeit gem. § 818 Absatz 2 BGB
verlangen.
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Birk
Rechtsanwalt