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Nutzungsentgelt Bruchteilgemeinschaft

| 6. Juli 2019 14:15 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

A. und B. als geschiedene Eheleute besitzen je hälftig als Bruchteilsgemeinschaft ein Wohnhaus, das in der Ehe gemeinsam bewohnt wurde.
B. zieht vor der Scheidung freiwillig aus und beantragt nach der Scheidung eine Neuregelung der Verwaltung und Nutzung (gem. § 745 BGB ) und stellt an A. eine Nutzungsentgeltforderung.
A. verweigert das und B. verklagt A. auf Zahlung von Nutzungsentgelt in Höhe der Hälfte der ortsüblichen Miete für das Haus, zahlbar auf das Privatkonto von B..

Frage: Hat B. die nötige Aktivlegitimation?

Überlegung:
Durch die vom Richter bestätigte Neuregelung der Verwaltung und Nutzung hat sich der Zweck der Bruchteilsgemeinschaft vom bloßen "Haben und Halten" und der kostenlosen Selbstnutzung geändert.
Der neue Zweck ist die Ver­mie­tung des Hau­ses mit Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht.
Da­mit hat sich die Bruch­teils­ge­mein­schaft kon­klu­dent im Sin­ne der §§ 705 ff BGB in eine Ge­sell­schaft ge­wan­delt. Nach § 51 ZPO ist die Pro­zess­fä­hig­keit mit Ge­schäfts­fä­hig­keit gleich­zu­set­zen. Da eine Gesellschaft (nach BGB) als sol­che nicht hand­lungs­fä­hig ist, muss sie – wie jede an­de­re Ge­sell­schaft auch – durch ihre ver­tre­tungs­be­rech­tig­ten Ge­sell­schaf­ter im Pro­zess ver­tre­ten wer­den. B. leg­te je­doch eine sol­che Ver­tre­tungs­be­rech­ti­gung nicht vor. Als In­diz für das Feh­len ei­ner sol­chen ist auch die ge­for­der­te Zah­lung der Mie­t­er­lö­se auf ein pri­va­tes Bank­kon­to der An­trag­stel­le­rin zu se­hen.

Antwort bitte mit Begründung.

Eingrenzung vom Fragesteller
9. Juli 2019 | 10:41
10. Juli 2019 | 10:28

Antwort

von


(731)
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Leider habe ich keine guten Nachrichten für Sie. Sie werden die Aktivlegitimation nicht bestreiten können.

Zunächst ist zwingend zwischen Bruchteilsgemeinschaft (§741 BGB ) und einer GbR ( § 705 BGB ) zu unterscheiden. Bei einer Bruchteilsgemeinschaft besteht Eigentum an einem Gegenstand zu einem Teil, ohne dass die Eigentümer aufgrund eines Vertrages einen geminschaftlichen Zweck verfolgen, bei der GBR wäre genau dass erforderlich. Die MIteigentümer müssten eine Vereinbarung treffen, in der sie sich verpflichten einen gemeinsamen Zweck durch eine im Vertrag bestimmte Weise zu fördern.


Dadurch kann ich ihre Annahme einer GBR nach § 705 BGB leider keineswegs bestätigen. Es liegt keine BGB -Gesellschaft zwischen den ehemaligen Ehegatten vor, weil es an einem Vertrag als Grundlage des Bestrebens, gemeinsame Ziele zu fördern, fehlt. Eine GbR gibt es nicht, zumal diese zwingend den Zusammenschluß mehrerer Personen fordert, den wir hier nicht haben. Der Ex-Mann wäre Alleingesellschafter einer GbR und dies ist juristisch nicht möglich.

Sie sprechen auch an, dass sich der Gesellschaftszweck von "Haben und Halten" auf Gewinnerzielungsabsicht durch Vermietung geändert habe. Aber zum einen liegt hier schon gar keine Gesellschaft vor zum anderen spricht man bei Immobilien nicht von "Haben und Halten" sondern von "Halten und Verwalten". Zur Verwaltung einer Immobilie gehört aber auch deren Nutzung und somit auch deren Vermietung, so dass sich ein Gesellschaftszweck auch hypothetisch nicht geändert hätte.

Somit verbleibt es bei der Stellung des Bruchteilseigentümers für den Ehemann. Auf den § 51 ZPO kommt es bezüglich einer GbR nicht an und auch nicht auf die actio pro socio ( Geltendmachung als (oftmals Minderheits)Gesellschafter um soziale Rechte der Gesellschaft wahrzunehmen). Die actio pro socio hat mit der vorleigenden Forderung rein gar nichts zu tun, denn es handelt sich um keinen Anspruch der GbR der gegen einen Mitgesellschafter geltend gemacht werden soll. § 51 ZPO geht bei nicht handlungsfähigen Gesellschaften von der Notwendigkeit eines Vertreters aus, die Aktivlegitimation wird hier durch vertrteungsberechtigte Organe oder deren Bevollmächtigte ausgeübt. In ihrer Konstellation fehlt es aber schon an einer Gesellschaft. Denn weder wurde eine Personengesellschaft noch eine Kapitalgesellschaft gegründet, insbesondere gibt es keinen Zusammenschluß aus mehreren Gesellschaftern und damit auch keine GbR.

Somit vertritt B allein seine Interessen als Miteigentümer nach § 741 BGB . Er ist für die Ansprüche, die sich aus seinem Miteigentum ergeben, selbstvertändlich aktivlegitimiert. Für Geldansprüche aus dem Bruchteilseigentum ist er geldempfangsberechtigt, er kann diese also auf sein Privatkonto gehen lassen. Seine Aktivlegitimation ist also nicht (erfolgreich) angreifbar.


Da dies sehr unumstößlich und offensichtlich ist, möchte ich Ihnen zwingend dazu raten, diese Argumente vor Gericht auch nicht zu bringen, denn sie gelten dann unter Umständen gelinde gesagt als Querulant und werden belächelt- das bringt Ihnen nichts. Wichtiger wäre zu scheuen , ob es noch Anhaltspunkte für Mitbesitz und Mitnutzung ( Briefkasten, Hausschlüssel, eigene Gegenstände im Haus) gibt um für sich in Anspruch zu nehmen, dass auch der Mann das Haus noch nutzt und somit zumindest keine hälftige Nutzungsentschädigung fordern kann.

Fazit:
Es tut mir leid, dass ich nichts Günstigeres mitteilen kann, aber B ist aktivlegitimiert und Geldempfangsberechtigt für Ansprüche aus seinem Miteigentum bei Bruchteilsgemeinschaft, weil eine GbR (Zusammenschluß mehrerer Personen aufgrund eines Vertrages zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks mit festgelegten Art und Wiesen) nicht vorliegt.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Doreen Prochnow


Rechtsanwältin Doreen Prochnow

Rückfrage vom Fragesteller 10. Juli 2019 | 12:13

Leider ist die Antwort nicht sonderlich hilfreich.

Eine GBR entsteht automatisch auch ohne expliziten Vertrag, wenn ein gemeinsamer Gesellschaftszweck vorliegt (LG Detmold vom 08.07.2015, AZ. 10 S 27/15 ).
Ähnlich beantwortet es auch Ihr Kollege RA. Wübbe in seiner Einlassung hier im Forum (https://www.frag-einen-anwalt.de/Ungewollte-nicht-geregelte-Begruendung-einer-GbR—f299848.html), es kommt tatsächlich nur auf den gemeinsamen Zweck an, wie es der § 705 BGB zum Ausdruck bringt.

A. und B. als vormalige Bruchteilsgemeinschaft sind nach der gemeinsamen Zweckbestimmung der Vermietung demnach Inhaber der GBR. Warum dies nur der „Ex-Mann" sein soll, erschließt sich mir nicht.

„Haben und Halten" wird es z.B. im Buch „Fälle Gesellschaftsrecht" 4. Auflage Alpmann Schmidt Verlag, vom Autor Frank Müller in der Erörterung der Bruchteilsgesellschaft genannt (ISBN: 978-3-86752-393-6).

Ihre weiteren Ausführungen sind nicht zutreffend, weil Sie davon ausgehen, dass sich keine GBR durch die gemeinsame Zweckbestimmung konkludent gegründet hat.

Ihre Ausführungen im Fazit sind leider auch missverständlich. Vor einer Nutzungsentgeltforderung muss beim Vorliegen einer Bruchteilsgemeinschaft zwingend ein Neuregelungsverlangen nach § 745 Abs. 2 BGB gestellt werden (u.a. BGH XII ZB 137/16 vom 22.02.2017). Dieses kann aber nur für das gesamte Haus gelten und nicht etwa nur für den Anteil von B.. Eine bloße Nutzungsentgeltforderung B.‘s nur für den eigenen Anteil an A. wäre demnach zurückzuweisen.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Juli 2019 | 14:09

Lieber Fragesteller,

dass sie meine Antwort anzweifeln, bedauere ich sehr. Dennoch kann ich auch nach den neuen Ausführungen keine andere juristische Einordnung treffen, denn dies wäre eine falsche Beratung, die ihnen in letzter Konsequenz vielleicht gefallen, aber eben nicht weiterhelfen würde.

um von einer GbR auszugehen müssen Sie einen Gesellschaftszweck vortragen können, der über das gemeinsame Tisch und Wohnen und sonstige Ehebedürfnisse in dem Haus hinaus geht. Dieser ist NICHT erkennbar. Es handelte sich um eine Ehewohnung, die auch genau dazu genutzt wurde. Ein weiterer Zweck wurde von Ihnen nicht benannt, folglich scheitert eine GBR, wobei von mir nicht in Abrede gestellt wird, dass ein Zweck auch konkludent vereinbart werden kann und so eine GbR entstehen kann. Einen gemeinsamen Gesellschaftszweck kann ich Ihren Ausführungen auch in der Nachfrage nicht entnehmen, insbesondere ist B nur anläßlich der Trennung und der darauffolgenden Scheidung ausgezogen.
Folglich besteht eine GbR nicht. Folglich ist der B auch nicht Inhaber oder Gesellschafter einer GbR, sondern er ist lediglich Miteigentümer an der Immobilie und hat aus dieser Stellung heraus Rechte und Pflichten.

Auch der von dem RA Wübbe beleuchtete Fall hat mit Ihrer Konstellation nichts zu tun, denn hier ging es um einen gemeinsamen Zweck, wenn arbeitstechnisch eventuell ein gemeinsamer Auftritt vorliegt und die Haftungsfolgen daraus. Es geht also um das Ziel bzw. die Verhinderung des Anscheines gemeinsam zu arbeiten. Dies ist der klassische Fall einer Gbr, man ist sich einig den Arbeitserfolg durch gemeinsames Wirken herbeizuführen. Bei Ihnen jedoch keine Anhaltspunkte, dass irgendein gemeinsamer Zweck ( über die damaligen ehelichen Bedürfnisse) hinaus verfolgt wird.

Das A die Wohnung nun bewohnt und B hierfür eine Nutzungsausfall für die entgangene Miete auf seinen hälftigen Bruchteilsanteil haben möchte, ändert an dem Vorhandensein einer GbR nicht das Geringste, denn es fehlt offensichtlich an einem gemeinsamen Zweck über die Ehebedürfnisse hinaus. Auch daraus, das A das Haus bewohnt ergibt sich keineswegs ein gemeinsamer Nutzungszweck oder gar eine GbR.

Diese wird manchmal und zwar wirklich selten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften angenommen um Ausgleichsansprüche zu lösen, wenn alles andere unbillig erscheint. Aber auch dies haben wir bei ihnen nicht, denn es bestand eine eheliche Gemeinschaft und seit der Scheidung besteht keine Lebensgemeinschaft mehr.

§ 745 Abs. 2 BGB ist die Anspruchsgrundlage für den Nutzungsausfall, da nach der Scheidung die familienrechtlichen Anspruchsgrundlage des § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB (als lex specialis geht sie der gemeinschaftsrechtlichen Regelung des § 745 Abs. 2 BGB vor) wegfällt. Woraus sich ergeben soll, dass nicht nur der Nutzungsausfall am Miteigentumsanteil geltend gemacht werden kann ( sondern dies nur für die gesamte Immobilie möglich sei), erschließt sich nicht, leider geben Sie hierfür auch keine Begründung oder Anhaltspunkte.

Diese Annahme wäre allenfalls dann richtig, wenn die Nutzung nicht durch einen Bruchteilseigentümer , sondern durch einen Dritten erfolgen würde, und beide Miteigentümer den Zweck die Immobilie an diesen Dritten vermieten zu wollen, verfolgen würden. Dann hätten wir eine GbR und der Nutzungsausfall könnte nur für diese bzw. zu Gunsten beider Gesellschafter gefordert werden. Nur in diesem Fall würde die Aktivlegitamtion nur eines Gesellschafters eventuell problematisch sein, wenn keine Vertretungsmacht besteht oder er Zahlung nur an sich selbst verlangt. Nur in diesem Fall kann die Vertretungsmacht und die Geldempfangsvollmacht angezweifelt werden. Diesen Fall haben wir hier aber nicht.

Sondern wir haben den Fall, dass ein Miteigentümer die gemeinsame Immobilie allein nutzt und der andere dafür eine Nutzungsentschädigung heruntergebrochen auf seinen Miteigentumsanteil fordert. Miteigentümer können die ihnen selbst gehörenden Ansprüche aus ihrem Anteil selbst und auch gegenüber dem anderen Miteigentümer geltend machen. Mit einer GbR hat dies nichts zu tun. Bruchteilsgemeinschaften können eine, müssen aber keine GbR bilden.

Fakt ist daher: Ein Ausgleichsanspruch des Miteigentümers ( B) für die Nutzung des gesamten Hauses durch die Miteigentümerin ( in diesem Fall A) wird von der Rechtsprechung ( so auch in von ihnen zitierten BGH-Urteil) anerkannt. Auf das Bestehen einer GbR wird in diesem Urteil nicht eingegangen, da eine GbR in Scheidungsfällen eher nicht einschlägig ist. Eine GbR ist auch in Ihrem Fall nicht erkennbar.

Der B kann also Zahlung an sich selbst verlangen, solange es um Ansprüche aus seinem Miteigentumsanteil, also nur die Hälfte des Eigentums geht. Er ist aktivlegitimiert und geldempfangsberechtigt.

mit freundlichen Grüßen

Doreen Prochnow

Bewertung des Fragestellers 11. Juli 2019 | 09:53

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