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Mieterin verstorben. Rechtssicheres Vorgehen für schnelle Weitervermietung unklar.

17. Januar 2025 08:45 |
Preis: 52,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


08:28

Die Mieterin meiner Wohnung in Passau ist leider am 03.01. verstorben. Ihr Sohn, der im selben Haus wohnt, hat die Wohnungsschlüssel an sich genommen, nachdem er seine Mutter, die er auch längere Zeit gepflegt hat, gefunden hat. Der Sohn teilte mir neben der Todesnachricht mit, dass er das Erbe ausschlagen wird, da seine Mutter verschuldet war (die Miete kam aber immer pünktlich). Angeblich hatte die Verstorbene auch eine Tochter - er meinte, auch sie werde das Erbe wahrscheinlich ausschlagen. Die beiden Geschwister haben jedoch keinen Kontakt zueinander, nicht einmal Kontaktdaten. Der Sohn lebt selbst von Sozialhilfe, wie er mir mitgeteilt hat.

Meine Fragen als Vermieter, die ich mir im Hinblick auf mein Ziel stelle, die Wohnung schnell wieder zu vermieten und Mietausfälle zu minimieren:
- Gibt es zeitkritische Aktivitäten, die ich jetzt sofort erledigen sollte? Insbesondere im Hinblick auf die Kündigung und die geplante Ausschlagung des Erbes durch den Sohn?
- Muss ich als Vermieter eine außerordentliche Kündigung aussprechen? Wenn ja, AN WEN (!) ist diese wirksam zu richten?
- Gibt es hier ein (pragmatisches) Best Practice, das Sie mir, auch aus Ihrer Erfahrung als Vermieter, empfehlen können?
- Kann ich mir einfach vom Sohn der verstorbenen die Schlüssel geben lassen und die Wohnung ohne Klärung mit dem Nachlassgericht für den nächsten Monat weitervermieten? Die wenigen alten Möbel würde ich entsorgen. Wie hoch wäre bei dieser Variante das rechtliche Risiko für mich, mich eventuell sogar strafbar zu machen?
- Oder ist der Weg über das Nachlassgericht (Staat wird neuer "Mieter"/Vertragspartner) unumgänglich (ohne zu wissen wie lange sich das ziehen wird)?
- Soll ich das Thema Vermieterpfandrecht in Erwägung ziehen, obwohl ich keine Mietrückstände habe und in der Wohnung vermutlich nichts "zu holen" ist?

Mein Ziel ist es, eine pragmatische Lösung zu finden, die es mir ermöglicht, die Wohnung schnell wieder zu vermieten und mein Risiko hinsichtlich möglicher rechtlicher Fehler in einem vertretbaren Rahmen zu halten.

17. Januar 2025 | 09:26

Antwort

von


(1245)
Golmsdorfer Str. 11
07749 Jena
Tel: 036412692037
Web: https://www.jena-rechtsberatung.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Zunächst sollten Sie die Wohnsituation der verstorbenen Mieterin unverzüglich sichern, da das Mietverhältnis nicht automatisch mit dem Tod der Mieterin endet. Es bestehen weiterhin mietrechtliche Pflichten, beispielsweise zur Pflege und Erhaltung der Wohnung. Da der Sohn der verstorbenen Mieterin die Schlüssel an sich genommen hat, ist es wichtig, diesen Zustand zu dokumentieren. Fordern Sie den Sohn schriftlich auf, Ihnen mitzuteilen, ob er das Erbe tatsächlich ausschlägt, und geben Sie ihm eine Frist zur Rückgabe der Schlüssel oder zur Klärung der Situation.

Falls die Erben das Erbe ausschlagen, geht das Vermögen (und damit auch das Mietverhältnis) auf den Staat als sogenannten Fiskus über (§ 1936 BGB). Bis dahin sollten Sie keine eigenmächtigen Maßnahmen wie die Weitervermietung oder Räumung der Wohnung ergreifen.

Das Mietverhältnis geht mit dem Tod der Mieterin zunächst auf die Erben über (§ 564 BGB). Falls die Erben das Erbe ausschlagen, fällt das Nachlassvermögen an den Fiskus. Sie müssen als Vermieter abwarten, wer der endgültige Rechtsnachfolger wird, bevor Sie das Mietverhältnis kündigen können.

Eine außerordentliche Kündigung ist in der Regel erst erforderlich, wenn feststeht, dass keine Erben vorhanden sind oder alle potenziellen Erben das Erbe ausgeschlagen haben. Eine Kündigung müsste an die Erben gerichtet werden, solange diese nicht wirksam ausgeschlagen haben. Sobald der Fiskus als letzter Erbe auftritt, wäre dieser Adressat der Kündigung. Das bedeutet, dass Sie momentan keine wirksame Kündigung an einen konkreten Empfänger richten können, da der Sohn der Mieterin allein durch die Schlüsselübernahme kein Rechtsnachfolger wird.

Erstellen Sie ein Protokoll über den Zustand der Wohnung, den Todesfall und die Übernahme der Schlüssel durch den Sohn. Dies kann als Beweismittel dienen, falls es später zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt.

Informieren Sie das Nachlassgericht über den Tod der Mieterin und die mögliche Ausschlagung des Erbes durch die Erben. Bitten Sie um Mitteilung, sobald das Erbe endgültig geregelt ist.

Bitten Sie den Sohn und die Tochter (falls erreichbar) schriftlich um Klärung, ob das Erbe angenommen oder ausgeschlagen wird. Weisen Sie darauf hin, dass bis zur Klärung keine neuen Mietverhältnisse begründet werden können.

Auch wenn keine Mietrückstände bestehen, können Sie das Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) geltend machen, falls verwertbare Gegenstände in der Wohnung vorhanden sind. Dies könnte relevant werden, falls es später zu Streitigkeiten um die Räumungskosten kommt.

Eine eigenmächtige Weitervermietung ohne Klärung der Erbfolge birgt erhebliche rechtliche Risiken:
Die Wohnung gehört rechtlich zum Nachlass, und die eigenmächtige Übernahme oder Weitervermietung könnte als verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) gewertet werden.

Die eigenmächtige Räumung oder Entsorgung von Gegenständen könnte als Unterschlagung (§ 246 StGB) oder Sachbeschädigung (§ 303 StGB) strafbar sein.

Sollten Erben oder der Fiskus später Ansprüche geltend machen, könnten Sie als Vermieter für eine unrechtmäßige Räumung oder Neuvermietung haftbar gemacht werden.

Der Weg über das Nachlassgericht ist grundsätzlich unumgänglich, um die Erbfolge zu klären. Sie können die Dauer des Verfahrens jedoch beschleunigen, indem Sie frühzeitig und proaktiv kommunizieren. Ein Übergang des Mietverhältnisses auf den Fiskus erfolgt automatisch, sobald feststeht, dass keine Erben das Erbe antreten.

Die pragmatischste und rechtssicherste Lösung ist es, zunächst die Erbfolge abzuwarten. Verzichten Sie auf eigenmächtige Maßnahmen wie die Weitervermietung oder Räumung der Wohnung. Konzentrieren Sie sich darauf, das Nachlassgericht einzubeziehen und die potenziellen Erben zur Klärung aufzufordern. Die Kündigung kann erfolgen, sobald der Fiskus als Erbe festgestellt ist.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Steffan Schwerin

Rückfrage vom Fragesteller 20. Januar 2025 | 06:55

Vielen Dank für Ihre Antwort, sehr hilfreich. Das Vorgehen ist soweit nachvollziehbar.

Eine Rückfrage zum Thema Wohnungsschlüssel und Protokollierung des Zustandes der Wohnung: Wann konkret sollte ich den Zustand der Wohnung dokumentieren/mir die Schlüssel zur Wohnung geben lassen? Unverzüglich? Oder erst, nachdem mir der Sohn schriftlich mitgeteilt hat, dass er das Erbe ausschlagen wird? Herzliche Grüße,

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 20. Januar 2025 | 08:28

Sie sollten den Zustand der Wohnung unverzüglich dokumentieren und sich um die Herausgabe der Schlüssel kümmern, jedoch ohne dabei eigenmächtig oder übereilt vorzugehen. Das genaue Timing und Vorgehen hängt davon ab, ob und wie der Sohn der verstorbenen Mieterin mit Ihnen kooperiert.
Da die Wohnung und deren Inhalte weiterhin Teil des Nachlasses sind, haben Sie ein berechtigtes Interesse daran, deren Zustand zu dokumentieren und sicherzustellen, dass keine Veränderungen durch Dritte erfolgen. Dies dient auch dazu, später mögliche Ansprüche der Erben, des Fiskus oder anderer Beteiligter zu vermeiden.
Am besten wäre es, wenn Sie den Sohn schriftlich dazu auffordern, Ihnen Zugang zur Wohnung zu gewähren, um eine Bestandsaufnahme vorzunehmen. Sie können dies wie folgt formulieren:
„Sehr geehrte ...,
im Zusammenhang mit dem Tod Ihrer Mutter und der Verwaltung des Nachlasses ist es erforderlich, den Zustand der Wohnung zu sichern und zu dokumentieren. Ich bitte Sie daher, mir Zugang zur Wohnung zu gewähren, damit ich gemeinsam mit Ihnen ein Protokoll über den Wohnungszustand erstellen kann. Dies dient auch Ihrem Schutz und einer rechtssicheren Klärung der weiteren Vorgehensweise. Bitte teilen Sie mir bis [Frist, z. B. 7 Tage] mit, wann ein Termin hierfür möglich ist."
Wichtig ist, dass Sie dabei nicht eigenmächtig handeln oder ohne Zustimmung des Sohnes oder später des Nachlassgerichts die Wohnung betreten. Der Sohn hat durch die Pflege und den unmittelbaren Zugriff auf die Wohnung eine Art „tatsächliche Gewalt", auch wenn er selbst kein Erbe wird.
Sie sollten den Sohn auffordern, Ihnen die Schlüssel freiwillig herauszugeben, nachdem er schriftlich erklärt hat, dass er das Erbe ausschlägt. Solange die Ausschlagung nicht erklärt wurde, ist er formal potenzieller Erbe und könnte Zugriff auf die Wohnung beanspruchen.
Sollte er die Schlüssel nicht freiwillig übergeben und die Ausschlagung des Erbes formell erklären, können Sie sich an das Nachlassgericht wenden, um klären zu lassen, wer zur Herausgabe der Schlüssel verpflichtet ist. Auch hier gilt: Eigenmächtiges Handeln könnte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Die Dokumentation sollte so früh wie möglich erfolgen, insbesondere wenn die Gefahr besteht, dass die Wohnung oder deren Inhalt Schaden nimmt oder unbefugt genutzt wird. Laden Sie den Sohn als Zeugen ein, oder falls dies nicht möglich ist, ziehen Sie einen neutralen Dritten hinzu (z. B. einen Schlüsseldienst oder einen Mitarbeiter eines Hausverwaltungsunternehmens). Achten Sie darauf, Fotos anzufertigen und ein detailliertes Protokoll zu erstellen.

ANTWORT VON

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