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Leitender Angestellter / Sonderkündigungsrecht

| 7. September 2008 20:12 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Wolfram Geyer

Sehr geehrte Damen und Herren,

folgende Situation: Ich bin seit 7 Monaten als leitender Angestellter neu in einem Unternehmen tätig. Eine Probezeit war vertraglich nicht vereinbart. Meine Kündigungsfrist beträgt sechs Monate zum Quartalsende. Die Umstände unter denen ich tätig bin entsprechen in keinster Weise dem vor Vertragsunterzeichnung Besprochenem. Die vorherrschende Kultur ist für mich untragbar. Umsatz und Mitarbeiterzahl habe ich nach Dienstantritt wesentlich geringer vorgefunden, als mir per Email (allerdings nicht vertraglich) vorher zugesichert wurde. Nun soll ich noch einen Teil meines Verantwortungsbereichs (Umsatz und Mitarbeiter) an einen anderen Bereich abgeben. Durch eine anstehende Übernahme meines Arbeitgebers durch ein anderes Unternehmen werden sich aller Voraussicht nach weitere wesentliche Rahmenparameter meines Jobs (Unterzeichnungsberechtigung, etc.) weiter verschlechtern.

Ich suche nach einer Möglichkeit, möglichst schnell (und kostengünstig) wieder aus diesem Vertragsverhältnis zu kommen. Habe ich die Option des Sonderkündigungsrechts bzw. läßt sie sich aus dem geschilderten Konstruieren? Gibt es andere Wege?

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen
n.n.

Sehr geehrter Ratsuchender,

es gibt in der Theorie viele verschiedene rechtliche Möglichkeiten, aus einem Vertrag „herauszukommen“, in der Praxis ist dies immer eine Frage der Durchsetzbarkeit.

Nach Ihren Angaben sehe ich hier keinen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB , um das Arbeitsverhältnis deshalb vorzeitig kündigen zu können.

In Ihrem Fall sind allerdings einige Anhaltspunkte vorhanden, die eine Störung der Geschäftsgrundlage nahe legen. Gemäß § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB haben Sie nämlich das Recht, ein Dauerschuldverhältnis ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen, wenn sich die „Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert“ haben und „die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen“ hätten (§ 313 Abs. 1 BGB ) oder dann wenn „wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen“ (§ 313 Abs. 2 BGB ).

Da Ihr Einsatz- und Verantwortungsbereich tatsächlich hinter dem von beiden Vertragsparteien vorausgesetzten Umfang doch recht erheblich zurückgeblieben ist und sich diese Entwicklung nun fortsetzen soll, lässt sich ein Fehlen bzw. ein Wegfall der Geschäftsgrundlage durchaus begründen. Dabei kommt Ihnen entgegen, dass auch nicht im Vertrag schriftlich festgehaltene wesentliche Umstände relevant sind. Geschäftsgrundlage sind alle bei Abschluss zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei (oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände), sofern der Geschäftswille beider Parteien zum Abschluss des Vertrages auf diesen Vorstellungen aufbaut.

Denkbar wäre auch eine Anfechtung des Vertrages nach § 123 BGB , dann müssten Sie dem Arbeitgeber aber eine arglistige Täuschung über die Arbeitsbedingungen nachweisen können.

Zunächst ist es ratsam, den Arbeitgeber zu einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung zu bewegen, allerdings auch unter Hinweis auf die hier aufgezeigte Argumentationsmöglichkeit, dass Sie sich auf das Arbeitsverhältnis, wie es jetzt vom Arbeitgeber durchgeführt und geändert wird, nicht eingelassen hätten, wenn Sie über die wahren Verhältnisse vorher Bescheid gewusst hätten.

Ich hoffe, meine Ausführungen reichen Ihnen als erste rechtliche Orientierung. Für Rückfragen zum Verständnis stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Die oben genannten Vorschriften finden Sie unter den nachfolgend benannten Links:

http://bundesrecht.juris.de/bgb/index.html

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Geyer
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 17. September 2008 | 22:12

Guten Abend Herr Geyer,

vielen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Anfrage. Eine arglistige Täuschung nach § 123 BGB wird sich wohl nicht konstruieren lassen.

Wie schätzen Sie die Durchsetzbarkeit bzgl. § 313 Abs. 2 BGB ein? Insb. da es natürlich in meinem Arbeitsvertrag einen Passus bzgl. "nicht vorhandener Nebenabreden außerhalb des Vertrages" gibt bin ich etwas skeptisch bzgl. der wesentlichen Umstände, wenn sie nicht vertraglich fixiert sind.

Generell werde ich natürlich zunächst auf eine einvernehmliche Vertragsaufhebung abzielen, aber es wäre gut, hier die Optionen besser zu verstehen.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung
Mit freundlichen Grüßen
MS

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 18. September 2008 | 09:15

Sehr geehrter Ratsuchender,

auch wenn der Arbeitsvertrag vorsieht, dass Nebenabreden außerhalb des Vertrages nicht getroffen wurden oder solche nur in schriftlicher Form erfolgen können, ist Ihnen die Anspruchsgrundlage des § 313 Abs. 2 BGB in vollem Umfang eröffnet.

Denn das Prinzip der Geschäftsgrundlage soll ja gerade die nicht realisierten Vorstellungen einer Partei erfassen, die nicht ausdrücklicher Inhalt des Vertrages geworden sind, auf die sich die andere Partei jedoch entsprechend des gemeinsamen Geschäftswillens redlicherweise hätte einlassen müssen.

Da die Rahmenparameter Ihrer Beschäftigung erheblich von dem Abweichen, was vorher besprochen wurde, sehe ich hier durchaus eine positive Tendenz, eine Vertragsaufhebung durchsetzen zu können. Letztverbindlich kann dies hier aber auf der Basis der vorliegenden Informationen nicht geklärt werden, zumal die Frage, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, nach Wertungsgesichtspunkten, insbesondere dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB ) zu beurteilen ist.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Geyer
Rechtsanwalt

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