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Kostenübernahme bei nicht artgerechter Tierhaltung/schlechter Gesundheitszustand

28. September 2022 17:48 |
Preis: 55,00 € |

Tierrecht, Tierkaufrecht


Beantwortet von

Guten Tag,
es geht um folgendes Problem:

Ich bin Katzenzüchter, ich habe 2015/2016 zwei Rassekatzen an eine Familie verkauft.
Im Kaufvertrag beider Tiere steht folgender Passus:

3. Der Verkäufer hat das Recht, sich in regelmäßigen Abständen und zu angemessenen Tageszeiten von der artgerechten Haltung und dem Gesundheitszustand der Katze zu überzeugen. Im Zweifelsfall kann der Verkäufer die Katze mitnehmen und tierärztlich untersuchen lassen oder die Untersuchung vor Ort vornehmen lassen. Die hierdurch entstehenden Kosten sowie die Kosten für eine eventuelle Weiterbehandlung des Tieres gehen ausschließlich zu Lasten des Käufers. Sollte der tierärztliche Befund eine schlechte gesundheitliche Verfassung des Tieres, hervorgerufen durch nicht artgerechte Haltung und Pflege ergeben, muss der Käufer dem Züchter das Tier auf Verlangen und ohne Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises mit allen dazugehörigen Papieren herausgeben.

Anfang September kontaktierte mich die Käuferin, sie wäre mit den Tieren Überfordert, die Tiere würden zu kurz kommen und sie würde sie abgeben wollen. Es wurde per WhatsApp vom schlechten Fellzustand der Katzen gesprochen, das sie nicht geimpft sind und das Gebiss des Katers in Behandlung gewesen sei. Im Nachhinein stellte sich heraus, kein Tier wurde jemals nachgeimpft, die Katze hat nie einen Tierarzt gesehen und von der angeblichen Behandlung des Katers gibt es keinen Nachweis. Im Kaufvertrag ist ein Rückkaufsrecht für mich (den Verkäufer) eingeräumt. Kurzfristig hat sich eine befreundete Pflegestelle gefunden, die beide Tiere aufnehmen konnte.

Da beide Tiere nicht geimpft waren, wurde sich per WhatsApp Nachrichten (alle vorhanden) darauf geeinigt, das die Besitzerin auf die Rückzahlungssumme verzichtet. Die Tiere wurden 3 Tage nach der ersten Kontaktaufnahme von der Besitzerin direkt in die Pflegestelle verbracht. Die Pflegestelle konnte sich bei Übergabe kein genaues Bild des Zustands der Katzen machen.

Es wurde eine Rücknahmevereinbarung als PDF Datei erstellt. In dieser Vereinbarung stand neben dem Verzicht auf die Schutzgebühr noch folgender Satz:
Frau XY erklärt weiterhin die Kostenübernahme für anfallende Tierarztkosten, die im Zuge einer ersten Allgemeinuntersuchung anfallen.

Die Besitzerin dieser Tiere hat diese Vereinbarung auf dem Tablett unterzeichnet. Mir wurde das unterzeichnete Dokument per Mail zugesendet. Ich habe dies ausgedruckt selbst unterzeichnet und dann per WhatsApp der nun ehemaligen Besitzerin zurückgesendet (eine Woche nach Übergabe).

Daraufhin erhielt ich einen Widerruf zur Rücknahmevereinbarung, sie wäre damit nicht einverstanden und der Passus mit den anfallenden Tierarztkosten hätte da nicht gestanden und wäre eingefügt worden. (War wie gesagt eine PDF).
Ich habe der Dame dann mitgeteilt, dass ihr kein Widerspruchsrecht zusteht, da sie selbst vor Ort war und unterzeichnet hat.

Nun zum eigentlichen Problem:
Beide Tiere sind in einem schlechten Gesundheitszustand, Unterernährt, Muskelschwund und ein sehr schlechter Gebisstatus. Zwei unabhängige Tierärzte haben dies bestätigt. Alles ist dokumentiert (Rechnungen, Gutachten, Foto, Video).
Bei beiden Tieren ist eine aufwendige Zahnsanierung notwendig, die Kosten pro Tier belaufen sich auf 600-800 Euro (incl. diverser Untersuchungen vor einer Narkose).

Jetzt die Frage:
Kann die Dame von der Rücknahmevereinbarung zurücktreten (Widerruf)?
Kann man auf Grund des Original-Kaufvertrages und der Rücknahmevereinbarung die Kosten für die Behandlungen einklagen? (Erfolgsaussicht?)
Wie geht man in dem Fall vor? Erst behandeln und in Vorkasse gehen und dann das Geld zurück fordern? Die Tiere leiden Schmerzen und sollten zeitnah behandelt werden.

Über eine ausführliche und konkrete Antwort auf meine Fragen würde ich mich freuen.
Vielen Dank


28. September 2022 | 19:47

Antwort

von


(2753)
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Wenn die Klausel im Kaufvertrag nicht individuell ausgehandelt wurde, sondern von Ihnen einseitig vorgegeben und ggf. sogar mehrfach verwendet wurde, wird sie mit ziemlicher Sicherheit einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten. Denn grundsätzlich muss bei einem Kaufvertrag uneingeschränktes Eigentum übertragen werden, insbesondere die Pflicht zur Rückgabe ohne Rückzahlung des Kaufpreises oder zumindest eines Teils davon dürfte als unangemessene Benachteiligung des Käufers angesehen werden. Solche Schutzklauseln in Tierkaufverträgen halten in den den seltensten Fällen einer rechtlichen Prüfung stand.

Anders kann es dagegen für die Rücknahmevereinbarung aussehen. Diese scheint individuell für den Einzelfall erstellt worden zu sein, Mangels gesetzlicher Vorgaben gilt grundsätzlich die Vertragsfreiheit. Ein gesetzliches Widerrufsrecht steht der Käuferin nicht zu. in Betracht käme vielleicht eine Anfechtung wegen Irrtums, allerdings kann ich Ihrer Schilderung keinen behaupteten Irrtum, Täuschung oder Drohung oder eine Anfechtungserklärung entnehmen, sondern die Käuferin scheint sich einfach unentschieden zu haben. Das reicht aber nicht, sie ist an die getroffene Vereinbarung gebunden. Grundsätzlich müssten Sie die Käuferin auffordern, sich um die Behandlungen zu kümmern bzw. vereinbarten Kosten zu zahlen (wenn Vorkasse vereinbart wurde). Bei Gefahr in Verzug, also unaufschiebbaren Behandlungen unter Berücksichtigung des Tierwohls können Sie diese notwendigen Maßnahmen auch selbst ergreifen und die Kosten nachträglich fordern, wobei die Durchsetzung bei Weigerung auf gerichtlichem Wege durchgesetzt werden müsste.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

Rückfrage vom Fragesteller 28. September 2022 | 20:05

Ich habe mal noch eine Nachfrage:

Der Original-Kaufvertrag wurde mit dieser Klausel zur Übernahme der Kosten bei schlechter Haltung von der Käuferin gelesen, akzeptiert und unterschieben. Ich verstehe nicht ganz, wieso man dann dies nicht durchsetzen kann.

Ist folgendes Vorgehen jetzt korrekt:

Tiere behandeln, Rechnung mit Aufforderung zur Kostenübernahme an die Vorbesitzerin senden - bei Bedarf die Kosten gerichtlich einklagen?

Die ehemalige Besitzerin hat mich aufgefordert, ihr die Rücknahme der Rücknahmevereinbarung zukommen zu lassen. Dies habe ich ignoriert. In dem Zuge hat sie mit ihrem Anwalt gedroht, allerdings hat sie gegen mich ja gar keine Handhabe.

Vielen Dank

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 28. September 2022 | 20:46

Vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Werden solche Klauseln über § 307 BGB gekippt, weil der Grundgedanke eines Kaufvertrages ist, dass der Käufer anschließend mit der Sache (und Tiere werden rechtlich wie Sachen behandelt) verfahren kann wie er möchte, frei vom Einfluss des Verkäufers und ohne Pflicht zur Rückgabe ohne Erstattung des Kaufpreises.

„(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist."

Stichwörter sind hier Schutzklausel und Tierkaufvertrag, falls Sie sich tiefergehende mit der Problematik beschäftigen wollen.

Einen Anspruch zur „Rücknahme" der Rücknahmevereinbarung kann ich nicht erkennen, insofern würde ich zum Wohl des Tieres so vorgehen wie von Ihnen vorgeschlagen.

Mit besten Grüßen

ANTWORT VON

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