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Kostenschätzung vom Architekt daneben

| 16. August 2012 17:53 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Pia Cristina Heldermann

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir befinden uns mitten in der Bauphase unseres EFH mit Einliegerwohnung. Der Architekt liegt nun mit seiner Kostenschätzung ca. 20 Prozent daneben, obwohl wir von Anfang an gesagt haben, wieviel das Haus max. kosten darf. Den Zeitplan hat er auch immer wieder verschoben, so dass wir sogar der Bank Bereitstellungszinsen zahlen müssen. Nun können wir unser Haus vielleicht nicht fertig stellen, weil wir kein Geld mehr haben. Haben wir irgendeine Handhabe gegen den Architekten? Wie gesagt, die Finanzierung hat sich nach der Kostenschätzung gerichtet, auf die wir vertraut haben. Und sein Honorar richtet sich auch schließlich nach der Bausumme, die ja vorher feststand.

(Ich kann Ihnen leider nicht mehr Geld bieten, hoffe aber auf eine schnelle Antwort )
Vielen Dank!

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Ja, Sie haben eine Handhabe gegen den Architekten. Hier könnte ein klassischer Schadensersatzanspruch aus Architektenhaftung vorliegen. Bei der Architektenhaftung ist der Schaden zu ersetzen, der deshalb entstanden ist, weil der Bauherr auf die Richtigkeit der Kosteninformationen des Architekten vertraut hat (deshalb Vertrauensschaden genannt). Allerdings führt nicht jede Überschreitung der Baukosten automatisch zu einer Pflichtverletzung des Architekten, da gewisse Toleranzen wegen unvorhersehbarer Umstände zugestanden werden müssen (zumeist aber nur 10 %). Es wäre also wichtig, herauszufinden, weswegen die Überschreitung erfolgt ist/ erfolgen soll. Wenn sich der Architekt einfach nur verkalkuliert hat, zum Beispiel Posten vergessen hat, ist dies selbstverständlich kein unvorhersehbarer Umstand. Zu ersetzen hat dieser dann den gesamten Ihnen entstandenen Schaden, soweit er nicht beweisen kann, dass ihn kein Verschulden trifft.
Leider führt eine solche Konstellation wie Sie sie schildern sehr häufig zu Gerichtsverfahren, in denen die Umstände, Kosten und die Beweislage im konkreten Fall aufgeklärt werden müssen.

Wenn die Parteien natürlich eine Kostenobergrenze oder Kostengarantie vereinbart haben, entfallen in der Regel die bereits erwähnten Toleranzen zugunsten des Architekten und er haftet versschuldensunabhängig. Ich gehe aber davon aus, dass die Kostenschätzung Ihres Architekten keine vertragliche Regelung die Kosten betreffend enthält, so dass dies für Sie nicht die Lösung des Problems beinhaltet.

Wenn der Architekt nicht kooperativ ist, können Sie vor Gericht jedenfalls einen Wahrscheinlichkeitsbeweis führen. Hierbei kann der Bauherr die Ursache der Kostenüberschreitung nicht konkret nachweisen, hingegen ist offensichtlich, dass die übliche Toleranzgrenze überschritten ist. Die Schadensersatzhöhe bestimmt sich dann nach dem hypothetischen Alternativverhalten des Bauherrn. Also danach, wie Sie sich verhalten hätte, wenn Sie vorher gewusst hätten, was es nachher gekostet hätte. Im Gerichtsverfahren genügt es, wenn Sie dieses Alternativverhalten glaubhaft machen können. Dieser Schaden kann irgendein Vermögensnachteil sein und muss mit den 20 % Mehrkosten nicht übereinstimmen, es können also auch sehr wohl Ihre Bereitstellungszinsen hinzugerechnet werden, da diese in direktem Zusammenhang mit der Vertragsverletzung stehen.

Konkrete Handlungsanweisung: Versuchen Sie, eine schriftliche Stellungnahme des Architekten zu erhalten, um eine Begründung für die Überschreitung zu erfahren. Entweder Sie lassen diese Begründung anwaltlich überprüfen oder Sie entscheiden für sich, wie plausibel die Begründung ist. Davon ausgehend bestimmen Sie, ob Sie einen Anwalt einschalten, der sich noch einmal an den Architekten wendet. Wenn dies nicht fruchtet, bleibt Ihnen nur ein Gerichtsverfahren.


Ich hoffe, Ihnen mit der Beantwortung Ihrer Anfrage weitergeholfen zu haben. Sollte sich der Sachverhalt doch etwas anders darstellen, nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.

Mit freundlichen Grüßen,

Pia Heldermann
Rechtsanwältin

Bewertung des Fragestellers 17. August 2012 | 07:45

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