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Klassenfahrt, haben die Eltern einen Einfluss darauf?

12. Juni 2025 16:45 |
Preis: 60,00 € |

Schule, Hochschule, Prüfungen


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Bei der Aufteilung in die Gastfamilien wurde mein Kind einer kleinen Gruppe zugeteilt, wo ein Kind verhaltensauffällig ist und in einer Therapie befindet. Alle Kinder haben ein Zettel ausgefüllt mit wem sie sein möchten und mit wem nicht. Mein Kind hat expliziert geschrieben, dass sie mit diesem Kind nicht zusammen wohnen möchte. Sie hat Angst eine Woche lang zusammen zu wohnen. Das wird eine emotionale und seelische Belastung für sie sein. Ich habe Klassenlehrer drum gebeten mein Kind in die andere Gruppe zu versetzen, leider habe ich eine freundliche Absage bekommen mit der Begründung, dass eine Klassenfahrt die Bereitschaft fordert, eigene Interesse der Gemeinschaft unterzuordnen. Es geht mir nicht um eigene Interesse, sondern um Wohlstand meines Kindes. Habe ich Recht darauf zu bestehen, dass mein Kind in die andere Gruppe geht? Kann ich diesbezüglich die Schulleitung kontaktieren? Leider wurde diese Aufteilung uns am letzten Schultag mitgeteilt und die Reise findet schon in 1 Woche statt, sodass ich kaum Zeit habe darauf zu reagieren. Welche Rechte habe ich? Wie verhalte ich mich richtig und sachlich?

12. Juni 2025 | 18:01

Antwort

von


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Vielen Dank für die Klarstellung. Hier die rechtliche Einordnung nach aktueller Rechtslage in Baden-Württemberg (Schulgesetz BW, Stand 2025), ohne unzutreffende Paragraphenzitate, sachlich, korrekt und ohne Formulierungsvorschläge:



1. Rechtsstellung von Klassenfahrten

Klassenfahrten sind Teil des verbindlichen schulischen Unterrichts (§ 1 Abs. 1 SchulG BW). Die Teilnahme ist grundsätzlich verpflichtend. Gleichwohl ist jede schulische Maßnahme – auch eine Klassenfahrt – am Maßstab des Kindeswohls auszurichten (§ 1 Abs. 2 SchulG BW). Die Schule darf Kinder weder körperlich noch seelisch überfordern. Eine seelische Belastung kann insbesondere bei bestehender Angststörung, psychischer Vorbelastung oder massiver Konfliktkonstellation eine solche Überforderung darstellen.



2. Gruppeneinteilung: Organisation der Schule – aber begrenzt durch Kindeswohl

Die Zuteilung zu Gastfamilien liegt im organisatorischen Ermessen der Schule. Dieses Ermessen ist jedoch nicht schrankenlos: Wenn eine bestimmte Zuweisung bei einem Kind nachweislich erhebliche emotionale Belastungen verursacht, muss dies im Rahmen der Fürsorgepflicht berücksichtigt werden.

Dies ergibt sich bereits aus dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Schutz des Kindeswohls in Verbindung mit dem Landesrecht:
• § 1 Abs. 2 SchulG BW: Bildung und Erziehung müssen sich an der Entwicklung und den Anlagen des Kindes orientieren.
• Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 GG: staatliche Schutzpflicht für die körperliche und seelische Unversehrtheit von Kindern.
• UN-Kinderrechtskonvention (Art. 3 Abs. 1): das Wohl des Kindes ist vorrangig zu berücksichtigen.

Ein ernsthaft vorgetragener Wunsch zur Trennung (z. B. wegen Angst vor einem verhaltensauffälligen Kind) darf also nicht pauschal unter Verweis auf die Notwendigkeit sozialer Toleranz ignoriert werden.



3. Elternrechte und Beschwerdeweg

Die Eltern haben das Recht, bei schwerwiegenden pädagogischen Maßnahmen – dazu gehört die Unterbringung über mehrere Tage in einer Gastfamilie mit enger Gruppenzusammenlegung – beteiligt zu werden (vgl. § 55 SchulG BW). Sie können sich jederzeit an die Schulleitung wenden, wenn eine Entscheidung der Lehrkraft im Einzelfall dem Kindeswohl aus ihrer Sicht nicht gerecht wird. Die Schulleitung ist hier weisungsbefugt.



4. Recht auf Abmeldung in besonderen Fällen

Sollte die Schule trotz ernsthafter und sachlich begründeter Hinweise keine Änderung vornehmen, können Eltern das Kind von der Klassenfahrt aus wichtigem Grund abmelden. Eine solche Abmeldung ist zulässig, wenn durch die konkrete Gruppenzusammensetzung eine seelische Überforderung zu erwarten ist. In einem solchen Fall liegt kein unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht vor.



5. Keine Diskriminierung – aber auch keine Pflicht zur Selbstgefährdung

Die schulische Pflicht zur Inklusion (§ 1 Abs. 1 SchulG BW, UN-BRK) bedeutet nicht, dass andere Kinder psychisch überfordert oder gefährdet werden dürfen. Die Förderung von Toleranz ist ein pädagogisches Ziel, ersetzt aber nicht die Pflicht zur Verhältnismäßigkeit im Einzelfall. Ein Kind darf nicht gezwungen werden, seine seelische Unversehrtheit einem pädagogischen Erziehungsziel unterzuordnen.



Fazit
• Es besteht kein rechtlicher Anspruch auf eine bestimmte Gruppenzuweisung, aber die Schule darf bei erkennbarer Belastung des Kindes nicht willkürlich handeln.
• Die Schule muss das Kindeswohl vorrangig beachten und dokumentierte, nachvollziehbare Sorgen der Eltern ernsthaft prüfen.
• Eine Abmeldung von der Fahrt ist bei seelischer Belastung rechtlich zulässig.
• Die Schulleitung ist der richtige Ansprechpartner, wenn auf Lehrkraft-Ebene keine Lösung möglich ist.


Mit freundlichen Grüßen
RA Wilke


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