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Grunderwerbssteuer bei Wohnrecht

| 6. März 2025 09:11 |
Preis: 63,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von

Guten Tag,

folgende Konstellation: eine Immobilie soll mit einem lebenslangen Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) belastet werden und danach vom jetzigen Eigentümer an eine juristische Person übertragen werden (Schenkung oder ggf. Verkauf zum Verkehrswert unter Berücksichtigung der Minderung durch das Wohnungsrecht).

Der betraute Notar hat nun einen Entwurf gefertigt, darin heißt es: "Die Gegenleistung des Erwerbers besteht in der Übernahme des nachfolgend zugunsten von Herrn (...) eingeräumten Wohnungsrechts."

Meine Frage ist konkret in Richtung Grunderwerbssteuer: bei derartiger Fallgestaltung ist die Bemessungsgrundlage für die Steuer in der Regel die Gegenleistung (nach allem, was ich gelesen habe), also das Wohnungsrecht, welches daneben auch noch eine Schenkungssteuer bei dem Berechtigten auslöst.

Wäre es hier denkbar, zunächst das Wohnungsrecht vom alten Eigentümer eintragen zu lassen und danach in einem zweiten Schritt dann erst die gewünschte Übertragung auf die juristische Person zu vollziehen. Dies damit (so meine Frage) die Grunderwerbssteuer dann nicht mehr das Wohnungsrecht als Bemessungsgrundlage hat sondern ggf. den Verkehrswert der Immobilie, den diese auf dem freien Markt eben mit dem eingetragenen Wohnungsrecht erzielen könnte?
Als Beispiel die Zahlen: 100.000 Immobilien-/Verkehrswert - 97.000 Euro Wohnungsrecht (kapitalisiert) = 3.000 Euro Restwert (das könnte dann auch der Kaufpreis sein).

Oder gehe ich fehl in der Annahme, dass dann nur die wie im Beispiel genannten 3.000 Euro Bemessungsgrundlage wären, sondern auch in diesem Fall das Wohnungsrecht als Bemessungsgrundlage heranzuziehen wäre, selbst bei erst danach erfolgter Übertragung und nicht zeitgleicher mit Eintragung des Wohnunsgrechts?

Ziel ist es, eine möglichst geringe Steuerbelastung auszulösen.

Haben Sie vielen Dank im Voraus für Ihre Einschätzungen!

6. März 2025 | 11:54

Antwort

von


(1129)
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90443 Nürnberg
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:


Bei der von Ihnen beschriebenen Konstellation, in der eine Immobilie mit einem lebenslangen Wohnungsrecht belastet und anschließend an eine juristische Person übertragen werden soll, stellt sich die Frage der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.



Grundsätzlich bemisst sich die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Wenn die Gegenleistung in der Übernahme eines Wohnungsrechts besteht, wird der Wert dieses Wohnungsrechts in die Bemessungsgrundlage einbezogen. In Ihrem Fall könnte die Eintragung des Wohnungsrechts vor der Übertragung der Immobilie dazu führen, dass der Verkehrswert der Immobilie durch das Wohnungsrecht gemindert wird. Dies könnte theoretisch die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer reduzieren, da der Wert der Immobilie mit dem eingetragenen Wohnungsrecht geringer ist.



Allerdings ist zu beachten, dass die Finanzverwaltung in der Regel die gesamte Gegenleistung, einschließlich des Werts des Wohnungsrechts, als Bemessungsgrundlage heranzieht, wenn das Wohnungsrecht Teil der Übertragung ist. Selbst wenn das Wohnungsrecht vor der Übertragung eingetragen wird, könnte die Finanzverwaltung argumentieren, dass die Übernahme des Wohnungsrechts eine wesentliche Gegenleistung darstellt und daher in die Bemessungsgrundlage einfließen muss.



In Ihrem Beispiel, bei dem der Verkehrswert der Immobilie 100.000 Euro beträgt und das Wohnungsrecht mit 97.000 Euro kapitalisiert wird, könnte die Bemessungsgrundlage theoretisch auf den Restwert von 3.000 Euro reduziert werden, wenn das Wohnungsrecht vor der Übertragung eingetragen wird und nicht als Teil der Gegenleistung betrachtet wird. Dies hängt jedoch stark von der konkreten Ausgestaltung des Vertrags und der Bewertung durch die Finanzbehörden ab.



Es ist wichtig, dass die vertraglichen Regelungen klar und eindeutig sind und dass die Eintragung des Wohnungsrechts und die Übertragung der Immobilie als separate Vorgänge behandelt werden, um die gewünschte steuerliche Wirkung zu erzielen. Letztlich hängt die steuerliche Behandlung von der genauen Ausgestaltung der Verträge und der Bewertung durch die Finanzbehörden ab.


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Milad Ahmadi
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 6. März 2025 | 14:38

Sehr geehrter Herr Dr. Ahmadi,

haben Sie vielen Dank für die ausführliche Darstellung, die hilft mir sehr. Gestatten Sie mir eine Nachfrage: Könnte hier ggf. folgende Rechtsprechung zum Tragen kommen; ein ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) als "dauernde Last" zu qualifizieren?

Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.06.05 – II R 26/03

"Hier hat die Rechtsprechung jetzt aber eine Grenze gezogen: Eine nicht zur Gegenleistung gehörende „auf dem Grundstück ruhende dauernde Last" liegt danach nur vor, wenn die Belastung bereits im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs auf dem Grundstück ruhte und mit dinglicher Wirkung ohne besondere Abrede kraft Gesetzes auf den Erwerber übergeht. Daran fehlt es, solange eine privatrechtliche Belastung noch nicht in das Grundbuch eingetragen ist.

Je nach dem Wert der dauerden Last lohnt es sich also, zweimal zum Notar zu gehen…"

Und zur dauernden Last fand ich das Folgende, nun ist für mich fraglich, ob ein dinglich gesichertes Wohnungsrecht auch als "dauernde Last" angenommen werden kann, womit voran genannte Rechtsprechung ggf. zum Tragen kommen könnte (das ist die eigentliche Nachfrage):

"Hauptanwendungsfall der in vollem Umfang abziehbaren dauernden Lasten sind Versorgungsleistungen (Geld, Natural- und Sachleistungen, insbesondere Altenteilsleistungen), die in sachlichem Zusammenhang mit einem Vermögensübergabevertrag vereinbart worden sind. Wegen ihres Charakters als vorbehaltene Vermögenserträge sind die Versorgungsleistungen beim Empfänger als wiederkehrende Einkünfte (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zuzurechnen (Beschluß des Großen Se-nats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78). Der Rechtsbegriff der "Versorgungsleistungen" umfaßt solche Zuwendungen zur Existenzsicherung, durch welche die Grundbedürfnisse des Übergebers wie Wohnen, Ernährung und der sonstige Lebensbedarf abgedeckt werden (z. B. BFH-Urteile vom 25. März 1992 X R 196/87, BFHE 167, 408, BStBl II 1992, 1012; vom 11. August 1992 IX R 223/87, BFHE 169, 85, BStBl II 1993, 31).2

Haben Sie nochmals vielen lieben Dank!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. März 2025 | 15:45

Vielen Dank für Ihre Rückfrage und die interessante Zusatzinformation! Gerne erläutere ich die Angelegenheit und prüfe, inwiefern die von Ihnen genannte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 08.06.2005 und das Konzept der „dauernden Last" in Bezug auf das Wohnungsrecht als mögliche „dauernde Last" zur Anwendung kommen könnte.

1. Rechtsprechung des BFH zur „dauernden Last"
Das von Ihnen zitierte Urteil des BFH vom 08. Juni 2005 (II R 26/03) bezieht sich auf den Begriff der „dauernden Last" im steuerlichen Kontext, speziell bei der Frage der Abzugsfähigkeit von Zahlungen, die im Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen stehen, wie beispielsweise Versorgungsleistungen, die der Sicherstellung der Lebensgrundbedürfnisse dienen.

Der BFH stellte klar, dass eine „dauernde Last" nur dann vorliegt, wenn sie bereits im Zeitpunkt des Erwerbs eines Grundstücks oder einer Immobilie auf diesem Grundstück lastet und mit dinglicher Wirkung ohne eine besondere Vereinbarung auf den Erwerber übergeht. Eine solche Belastung kann dann als wiederkehrende Last (z.B. Altenteilszahlungen) steuerlich abziehbar sein.

2. Wohnungsrecht als „dauernde Last"
Ein Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB ist grundsätzlich ein dinglich gesichertes Nutzungsrecht, das eine Person berechtigt, eine bestimmte Wohnung zu nutzen, auch wenn diese nicht Eigentümerin des Grundstücks oder der Wohnung ist. Diese Art von Recht wird üblicherweise auf Lebenszeit gewährt und stellt eine gewisse „belastende" Komponente für den Eigentümer dar, da es die Verfügungsrechte über die betreffende Immobilie einschränkt.

Die entscheidende Frage hier ist, ob dieses Wohnungsrecht als "dauernde Last" im steuerlichen Sinne qualifiziert werden kann. Grundsätzlich könnte man davon ausgehen, dass ein solches Recht in gewisser Weise die Kriterien für eine „dauernde Last" erfüllen könnte, da es eine kontinuierliche Belastung des Grundstückseigentümers darstellt. Wichtig wäre hier jedoch, ob es sich um eine Leistung handelt, die mit einer Vermögensübergabe oder einer ähnlichen Verpflichtung im Zusammenhang steht (z.B. als Versorgungsleistung) und ob sie zu den regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen zählt, die nach § 22 Nr. 1 EStG steuerlich als Einkünfte erfasst werden müssen.

3. Unterschiede und Abgrenzungen
Der wesentliche Unterschied zwischen einem „Wohnungsrecht" und klassischen „dauernden Lasten" (wie z.B. Altenteilsleistungen) könnte darin liegen, dass beim Wohnungsrecht keine wiederkehrenden Zahlungen geleistet werden müssen (außer es wurde zusätzlich eine Geldzahlung vereinbart), sondern nur die Nutzung des Grundstücks bzw. der Immobilie in der Form eines Wohnungsrechts. Insofern könnte man argumentieren, dass das Wohnungsrecht allein noch keine dauernde Last im Sinne der Steuerrechtsprechung darstellt, da keine regelmäßigen Zahlungen erfolgen. Es könnte sich vielmehr um ein reines Nutzungsrecht handeln, das steuerlich anders zu behandeln ist.

Dennoch könnte ein Zahlungsanspruch im Zusammenhang mit dem Wohnungsrecht, z.B. durch Vereinbarung einer regelmäßigen Zahlung als Gegenleistung für die Einräumung des Wohnungsrechts, die Anforderungen für eine „dauernde Last" im steuerlichen Sinne erfüllen. Insbesondere, wenn es sich um eine Vermögensübergabe gegen wiederkehrende Zahlungen handelt, könnte dies nach der Rechtsprechung des BFH als dauernde Last zu qualifizieren sein.

4. Was ist nun zu tun?
- Ermittlung des Sachverhalts: Es müsste genauer geprüft werden, ob im konkreten Fall ein Wohnungsrecht eingeräumt wurde, das mit einer regelmäßigen Zahlung verbunden ist oder ob es sich nur um das bloße Recht zur Nutzung handelt.

- Vertragsbedingungen und weitere Vereinbarungen: Falls mit dem Wohnungsrecht eine Zahlungspflicht verbunden ist (z.B. Miete oder andere regelmäßige Zahlungen), könnte es sinnvoll sein, diesen Sachverhalt genauer im Hinblick auf die steuerliche Qualifikation zu überprüfen und gegebenenfalls eine weitere rechtliche Beratung einzuholen.

Fazit:
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Wohnungsrecht grundsätzlich nicht automatisch als "dauernde Last" qualifiziert werden kann, es sei denn, es gibt eine regelmäßige Zahlungspflicht im Zusammenhang mit dem Wohnungsrecht (wie z.B. eine Altenteilszahlung). Es könnte jedoch in bestimmten Fällen, insbesondere wenn eine Zahlung für das Wohnungsrecht verlangt wird, als solche gelten.

Es wäre daher ratsam, die genaue Ausgestaltung des Wohnungsrechts und die damit verbundenen Verpflichtungen zu prüfen, um festzustellen, ob dieses in den Rahmen der „dauernden Last" nach § 22 Nr. 1 EStG fällt.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 6. März 2025 | 18:22

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