Sehr geehrter Herr Fragesteller,
gerne möchte ich die Frage anhand der mir vorliegenden Informationen beantworten. Ich möchte Sie jedoch darauf aufmerksam machen, dass es, insbesondere als Betreiber einer derartigen App, durchaus auf Nuancen ankommt.
Um das Ergebnis vorweg zu nehmen:
Ich rate von der Veranstaltung nach beiden Alternativen derzeitig ausdrücklich ab.
Nach der geltenden Rechtslage und Kommentarliteratur liegt dann kein unerlaubtes Veranstalten eines Glücksspiels nach § 284 StGB
vor, wenn dem Teilnehmer eine gleichwertige (und hierauf kommt es an) Teilnahmealternative ohne erheblichen Einsatz angeboten wird. Dieses ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Gewinnspiel ohne (erheblichen) Einsatz angeboten wird. Hierbei dürfen sich die Gewinnchancen zwischen (bezahlten) Glücksspiel und (gratis) Gewinnspiel nicht unterscheiden.
Etwas anderes gilt dann wenn die Teilnahme am kostenlosen Gewinnspiel weitere zeitaufwendige Bemühungen voraussetzt. (vgl Fischer StGB § 284
Rn.6)
Und exakt hier liegt der Knackpunkt in Ihren Fall liegen. Bei 200 Tipps pro Ziehung müsste der Teilnehmer am Gewinnspiel regelmässig mindestens 200 Zahlen eingeben. Bei einer an das Zahlenlotto anglehnten Zahlung (6 aus 49) würde es sich um die Eingabe von 1200 Zahlen pro Ziehung handeln. Weiterhin müsste der nicht zahlende Nutzer darauf achten einen Tipp nicht "doppelt abzugeben" (also bei 200 Zahlen mehrmals die gleichen Zahlen einzugeben) während der zahlende Nutzer die Möglichkeit hätte einen entsprechenden Doppeltipp durch die Eingabe von Zufallszahlen auszuschließen.
Zwar handelt es sich bei dem Rechtsbegriff der "weiteren zeitaufwendigen Bemühungen" um einen auslegungsfähigen Rechtsbegriff, welcher stets auch der richterlichen Würdigung unterliegen würde. Die Eingabe von 200 Zahlenreihen über eine APP dürfte jedoch eindeutig zeitaufwendig und den meisten Nutzern nicht zumutbar sein.
Ein mögliches Alternativmodel wäre die Eingabe einer einzelnen Zahlenreihe oder beispielsweise einer Einzelzahl. Hier wäre das Risiko einer strafrechtlichen Verurteilung deutlich geringer.
Ergänzend ist anzumerken, dass auch der Einsatz erheblich wäre, Dieses ist eine Voraussetzung für die Veranstaltung eines unerlaubten Glücksspiels. Um die höchste Gewinnchance zu erhalten müsste ein Nutzer immerhin 4 € pro Ziehung aufwenden (200 x 0,02 Cent), Als unerheblich werden jedoch lediglich die üblichen Telefongebühren angesehen.
Zur comfort flat:
Auch die Nutzung einer sogenannten "Comfort flat" wäre problematisch. Hier geht es wiederrum erneut um die Frage eines erheblichen Einsatzes. Da als Einsatz bereits jede nicht ganz unbeträchtliche Vermögensleistung angesehen wird genügt ein Einsatz von 5 € im Monat. Im Bezug auf die gleichwertigen Gewinnchancen gilt das oben gesagte.
Abschließend ist anzumerken, dass ich als Verteidiger von der Veranstaltung der von Ihnen vorgesehenen Varianten abraten würde. Eine sicherere Variante wäre gegeben, wenn das automatische Spielen von "Zufallszahlen" auch in der kostenfreie Variante möglich wäre. Auch hier würde ich jedoch zu einer vorherigen Prüfung des genauen Programmaufbaus durch einen Strafverteidiger raten. Hier könnte auch die einschlägige Rechtsprechung genauer analysiert werden. Dieses gilt insbesondere zum Schutz des Veranstalters, da bei hoher Verbreitung der App empfindliche Strafen drohen. Auf Grund der erheblichen Gefahren eines Glücksspiels (Suchtpotenzial) ist auch von einer engen Rechtsauslegung durch die zuständigen Gerichte auszugehen.
Sollten nach meiner Antwort noch Verständnisfragen offen sein können Sie gerne die Möglichkeit einer kostenlosen Nachfrage nutzen. Über eine positive Bewertung würde ich mich freuen.
Antwort
vonRechtsanwalt Mario Kroschewski
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Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Mario-Kroschewski-__l108312.html
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hallo,
danke für die schnelle antwort. doch folgende richtigstellung:
der user kann BIS ZU 200 tipps abgeben pro ziehung.
aber selbstverständlich jeden tipp (6 aus 49) einzeln, und wann immer er will und so oft er will.
es müssen also nicht 200 tipps abgegeben werden, sondern EIN tipp. und das halt so oft man will. bis zu maximal 200 tipps pro ziehung.
er kann auch nur einen tipp, 20 oder wie auch immer.
und bei JEDEM EINZELNEN tipp besteht die freie wahlmöglichkeit, den tipp werbebasiert und kostenlos zu absolvieren oder eben einen comfort tipp zu nutzen, der das ganze ETWAS flüssiger und comfortabler macht.
gewinnchancen und höhen werden nicht beeinflusst, nur der tipp comfort.
daher:
- wie stellt sich das nun bei genauer erläuterten abläufen dar?
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage. Das Problem ist folgendes. Mit jedem Tipp den der Benutzer abgibt steigt, nach meinen Verständnis, die mathematische Gewinnmöglichkeit. Und damit die Gewinnchance. Wenn ich beispielsweise 2 mal tippe ist die Wahrscheinlichkeit dass ein Tipp trifft doppelt so hoch wie bei einem einzelnen Tipp. Bei 200 Tipps ist die Gewinnmöglichkeit daher gegenüber einem Tipp mehr als deutlich erhöht. Somit wird in der Gesamtbetrachtung die Gewinnchance erhöht.
Letztendlich ist der kritische Knackpunkt tatsächlich der Zeitaufwand. Wenn mir nun (beispielsweise) das ständige Anklicken des Comforttipps ermöglicht 200 Tipps in 2 Minuten abzugeben, die kostenlose Variante jedoch für 200 Tipps 1,5 Stunden benötigen würde, ist ein deutlicher Unterschied im Zeitaufwand gegeben. Je größer der zeitliche Gewinn durch den "Comfort Tipp" ist, umso eher droht die Veranstaltung eines Glücksspiels nach § 284 StGB
. Auch die Möglichkeit des "kostenlosen Spielers" einzelner Tipps unterhalb von 200 abzugeben nutzt insofern nichts. Zwischen dem "kostenlosen Gewinnspiel" und dem kostenpflichtigen Glücksspiel muss die gleiche Gewinnchance bestehen. Und auch wenn, theoretisch, bereits ein Tipp zum Gewinn führen kann steigt die Möglichkeit eines Gewinns mit der Vielzahl an Tipps.
Als Probe empfiehlt sich meiner Meinung nach folgende Frage "Wie viele Tipps können technisch (beispielsweise) in 5 Minuten abgegeben werden?". Weicht die Anzahl der Tipps zwischen der kostenlosen Variante und der Variante bei welcher durch den User immer "Comfort" gewählt wird deutlich voneinander ab steigt das Risiko eines Verfahrens nach § 284 StGB
.
Eine, präzise, Prüfung würde daher das vorliegen der konkreten App voraussetzen. Dennoch kann ich derzeitig nur von der Veranstaltung abraten
Mit freundlichen Grüßen
Mario Kroschewski
Rechtsanwalt
Als kurze Ergänzung ist hier anzumerken, dass der Zeitaufwand bei einer Werbeeinblendung von 5 Sekunden je getippter Zahl eindeutig erheblich wäre. Pro Tipp würde hier ein Zeitaufwand von 30 Sekunden entstehen, bei 200 Tipps ein Zeitaufwand von 100 Minuten. Hierdurch würde der kostenlose Spieler in der Praxis erheblich benachteiligt.