Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:
Die in Ihrem Fall wohl gegebene sogenannte Annahmeberufung schränkt die Möglichkeit zur Rechtsmitteleinlegung im Bereich der Bagatellkriminalität in nicht unbedenklicher Weise ein, weil sie dem Richter am Amtsgericht durch Bestimmung der Strafhöhe Einfluss auf die Zulässigkeit des Rechtsmittels eröffnet.
Nach § 313 Abs. 2 Satz 2 StPO
wird die Berufung bei einer sogenannten Annahmeberufung als unzulässig verworfen, wenn sie offensichtlich unbegründet ist. Offensichtlich unbegründet ist die Einlegung der Berufung, wenn für jeden Sachkundigen an Hand der Urteilsgründe und einer eventuell vorliegenden Berufungsbegründung und des Protokolls der Hauptverhandlung ohne längere Prüfung erkennbar ist, dass das Urteil sachlich - rechtlich nicht zu beanstanden ist und dass keine Verfahrensfehler begangen worden sind, die die Revision begründen würden. Ohne Akteneinsicht kann die Frage, ob die Berufung zu Recht verworfen wurde also nicht beantwortet werden.
Ich gehe allerdings auch davon aus, dass Ihr Rechtsanwalt das Protokoll der Einbruchssicherung in Ihrer Wohnung als Ankündigung neuer Beweismittel in seine Berufungsschrift aufgenommen hat. Für diesen Fall, also der Ankündigung neuer Beweismittel, soll nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Annahme der Berufung nur abgelehnt werden, wenn an der Richtigkeit der bisherigen Feststellungen kein Zweifel bestehen kann ( BVerfG NJW 96, 2785
).
Die nähere Begründung des Nichtannahmebeschlusses ist Ihnen allerdings noch nicht bekannt, sodass auch diesbezüglich derzeit von mir keine Beurteilung vorgenommen werden kann. Nur soviel muss ich bereits jetzt anmerken:
Ihr Rechstanwalt liegt mit seiner Einschätzung, dass weder Revision noch sonstige ordentliche Rechtsbehelfe gegeben sind vorbehaltlich einer näheren Überprüfung der Sach - und Rechtslage mittels Akteneinsicht - wohl richtig.
Nach § 322 a Satz 2 StPO
ist nämlich die Entscheidung über die Annahme der Berufung nach § 313 StPO
unanfechtbar. Die herrschende Rechtsauffassung geht außerdem davon aus, dass bei Nichtannahme einer Zulassungsberufung auch die sogenannte Sprungrevision nach § 335 StPO
unzulässig sein soll. Einzelheiten hierzu sind in der Literatur jedoch strittig.
Alles in allem bleibt festzuhalten, dass die Nichtannahme der Berufung für Sie eine überaus unbefriedigende Verfahrenslage ist, weil hiergegen grundsätzlich keine Rechtsmittel vorgesehen sind. Hinzuweisen ist allerdings auch auf folgende Möglichkeit: Die Unanfechtbarkeit des Nichtannahmebeschlusses im Sinne des § 322a StPO
gilt nur, wenn tatsächlich ein Fall einer sogenannten Nichtannahme nach § 313 StPO
vorliegt.
Hier die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 StPO
:
Annahmeberufung 313 Abs. ( 1 ) Ist der Angeklagte zu einer Geldstrafe von nicht mehr als fünfzehn Tagessätzen verurteilt worden, beträgt im Falle einer Verwarnung die vorbehaltene Strafe nicht mehr als fünfzehn Tagessätze oder ist eine Verurteilung zu einer Geldbuße erfolgt, so ist die Berufung nur zulässig, wenn sie angenommen wird. Das gleiche gilt, wenn der Angeklagte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von nicht mehr als dreißig Tagessätzen beantragt hatte.
Hat das Landgericht irrig die Voraussetzungen des hier veröffentlichten § 313 Abs. 1 StPO
angenommen, so soll nach überwiegender Auffassung gegen den Nichtannahmebeschluss sofortige Beschwerde entsprechend § 322 Abs. 2 StPO
zulässig sein. Ich rate Ihnen also, den Verfahrensstand insbesondere unter Berücksichtigung der noch zu
erwartenden Nichtannahmebegründung des Berufungsgerichts
mit dem Rechtsanwalt Ihres Vertrauens vor Ort zu besprechen und gegebenenfalls die entsprechenden juristischen Schritte in die Wege zu leiten. Insbesondere sei darauf hingewiesen, dass eine verbindliche Beurteilung der Angelegenheit in Anbetracht der Komplexität der Sach - und Rechtslage nur bei Akteneinsicht und Kenntnisnahme der Ablehnungsbegründung erfolgen kann und gewiss auch in zivilrechtlicher Hinsicht weiterer Beratungsbedarf besteht. Ich hoffe Ihnen dennoch eine hilfreiche erste Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche noch einen schönen Abend.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt
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