Zwischen mir und dem AG wurde aufgrund einer langen Krankheit (sonst Personenbedingte Kündigung) einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung geschlossen.
Seit Ende 2017 bis heute bin ich arbeitsunfähig geschrieben und beziehe Krankengeld
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Nun war die Abfindung (40.000 €) plus Urlaubsabgeltung (ca. 7.000 €) mit der Märzabrechnung fällig.
Der AG hat eine Lohnsteuerabzug in Höhe von ca. 13.000 € + ca. 2.000 € (Soli + Kirchensteuer) in Abzug gebracht.
Meine Steuermerkmale sind Lohnsteuerklasse 4 und Kinderfreibeträge von 2 Kindern.
Im gesamten Jahr 2018 und im Jahr 2019 (Jan.-März) habe ich keinen Lohn vom AG erhalten. Zukünftig werde ich auch keinen Lohn im Angestelltenverhältnis erhalten, da ich mich selbständig mache.
Habe den AG darauf hingewiesen, nach Rücksprache mit dem FA, das die Lohnsteuerklasse 4 und der Kinderfreibetrag von 2 Kindern zum tragen kommen müssen. Der AG ist ja auch verpflichtet die Steuer korrekt zu berechnen.
Nach meiner Berechnung (Lohnsteuerklasse 4 + Kinderfreibetrag 2) wären ca. 8.000 € Lohnsteuer + ca. 1.000 € (Soli + Kirchensteuer), und vom Steuerberater im groben bestätigt, fällig.
Lt. dem AG kann ich den Fehlbetrag, ja bei der Einkommensteuererklärung wieder zurückholen. Aber diese kann ich aufgrund meinen Nebenerwerbslandwirtschaft erst nach dem 30.06.2020 machen.
Wollte vom diesem Differenzbetrag von ca. 6.000 € einen Teilbetrag eines Darlehens mit einem Zinssatz von ca. 8,5 % tilgen
Folgende Antwort habe ich bezüglich der Berechnung vom AG erhalten:
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Hallo ……..,
ich habe sogar die Lohnart für die fünftel-Regelung benutzt.
Ich gehe davon aus, dass SAP die Werte daraufhin ermittelt hat, dass es sich hier nur um die 3 Monate und nicht um 12 Monate geht.
Die Software darf meines Erachtens nicht davon ausgehen, dass du den Rest des Jahres kein Einkommen hast und dir deshalb nicht die Freibeträge (Steuerklasse 4, Kinderfreibeträge, Existenzminimum) für das ganze Jahr anrechnen.
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Folgende Fragen habe ich:
Wie muss der AG den Lohnsteuerabzug der Abfindung + Urlaubsabgeltung berechnen?
Kann ich vom AG eine Änderung der Lohnsteuerabzuges bei Falschberechnung und Erstattung des Differenzbetrages fordern und wie führe ich diese duch?
Kann ich einen Schadenersatz für den nicht getilgten Kreditbetrag in Höhe des Zinssatzes fordern?
Einsatz editiert am 01.04.2019 18:01:50
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
haben Sie vielen Dank für Ihre Rechtsfragen, auf die ich gerne im Nachfolgenden eingehe.
Sie haben insofern recht, als den Arbeitgeber die Pflicht trifft, den Lohnsteuerabzug auf Grundlage einer korrekten Berechnung vorzunehmen.
Zu Ihrer ersten Frage
In Ihrem Fall richtet sich der Berechnungsmodus des Lohnsteuerabzugs nach der Vorschrift des § 39b III EStG. Diesen gebe ich nachfolgend auszugsweise wieder:
Zitat:
Für die Einbehaltung der Lohnsteuer von einem sonstigen Bezug hat der Arbeitgeber den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug festzustellen. [...] Außerdem ist die Jahreslohnsteuer für den maßgebenden Jahresarbeitslohn unter Einbeziehung des sonstigen Bezugs zu ermitteln.
Damit wird der Lohnsteuerabzug nicht isoliert für die Abfindung und die ebenso zu versteuernde Urlaubsabgeltung berechnet, sondern auf der Berechnungsgrundlage des zu erwartenden (hypothetischen) Jahresgehalts. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es sich bei der Abfindung nicht um das einzige Gehalt handelt, welches Sie im Laufe des Jahres erhalten. Dies scheint in Ihrem Fall auch den tatsächlichen Umständen zu entsprechen, da Sie angeben, sich selbstständig machen zu wollen.
Zu Ihrer zweiten Frage
Falls der Lohnsteuerabzug falsch berechnet wurde und der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Korrektur des Lohnsteuerabzugs gemäß § 41c I 2 EStG nicht nachkommt, kann die Erstattung des überzahlten Betrags lediglich gemäß § 37 II AO vom Finanzamt verlangt werden (Blümich/Heuermann, 145. EL Dezember 2018, EStG § 41c Rn. 21).
Zu Ihrer dritten Frage
Wenn der Arbeitgeber seine Pflicht zum Lohnsteuerabzug auf korrekter Berechnungsgrundlage schuldhaft (d.h. vorsätzlich oder fahrlässig) verletzt, dann können Sie den Ihnen hierdurch entstehenden Schaden gegen ihn geltend machen. Hierzu gehört ein solcher Zinsschaden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
- Rechtsanwalt -
Rückfrage vom Fragesteller2. April 2019 | 13:26
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
vielen Dank für die Antworten.
Zu Frage 1 habe ich noch eine Rückfrage:
Ich bin ja immer noch krankgeschrieben und würde eigentlich im Mai ausgesteuert. Wie möchte der AG hierbei einen hypothetisches Gehalt annehmen, wenn der AG im Zeitpunkt des Ausscheidens zum Ende März nicht weiß, ob ich das ganze Jahr 2019 noch krankgeschrieben oder arbeitslos bin, oder ich nur 500 € im Monat verdiene. Habe ja in diesem Jahr kein Lohn vom AG erhalten. Habe gelesen, dass bei nicht Bezug eines Lohnes nur die Abfindung bzw. Urlaubsabgeltung versteuert wird
Für diesen Punkt benötige ich eine konkrete Aussage ob in meinem Fall überhaupt der vorraussichtliche Jahreslohn berechnet werden kann und die Berechnung vom AG Richtig oder Falsch ist.
Vielen Dank für die Rükmeldung.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt2. April 2019 | 13:45
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
haben Sie vielen Dank für Ihre Rückfrage.
In der Tat ist die Hochrechnung in der Praxis mit Unsicherheiten verbunden, da die tatsächlich anfallende Einkommenssteuer kaum mit Sicherheit vorhergesagt werden kann.
Die Hochrechnung wird entweder auf die Angaben des (ausgeschiedenen) Mitarbeiters im Hinblick auf seinen zu erwartenden Lohn gestützt. Andernfalls stützt der Arbeitgeber die Hochrechnung auf den bisher durch ihn gezahlten Arbeitslohn.
Wenn Sie angeben, dass Sie im Laufe des Kalenderjahres, in dem die Abfindung gezahlt wird, nicht mit dem Erhalt weiteren Lohns rechnen, so ist eine Hochrechnung jedoch ausnahmsweise nicht erforderlich. Dies sollten Sie dem Arbeitgeber erneut ausdrücklich mitteilen, ansonsten den überhöhten Lohnsteuerabzug entsprechend obiger Ausführungen zurückfordern. Berufen Sie sich dabei auf die Vorgaben der derzeitigen Lohnsteuer-Richtlinien (R 39b.6 III 4 LStR 2015) unter Zugrundelegung Ihrer persönlichen Umstände.
Die entsprechende Stelle der Lohnsteuer-Richtlinien können Sie unter nachfolgendem Link abrufen:
https://www.jurion.de/gesetze/lstr_2015/39b.6/
Ich hoffe, ich konnte Ihnen behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
- Rechtsanwalt -
Ergänzung vom Anwalt2. April 2019 | 13:51
Kurze Ergänzung:
Sofern Sie nicht mit dem Erhalt weiteren Lohns im laufenden Kalenderjahr rechnen und daher eine Hochrechnung nach dem zuvor Gesagten nicht stattfindet, so stimme ich Ihnen in Ihrer Berechnung der einzuziehenden Lohnsteuer, die +/- € 9.000,00 auf die gesamte Abfindung einschließlich der Urlaubsabgeltung betragen sollte, zu.