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Fahrerqualifizierungsnachweis aus einem anderen EU-Mitgliedstaat nicht anerkannt

17. April 2021 21:07 |
Preis: 47,00 € |

Verkehrsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Dr. Corina Seiter

Es geht um die Ausstellung eines Nationalen Visums „D", damit als Kraftfahrer in Deutschland eine Arbeitsaufnahme angegangen werden kann. Im Besitz eines Führerscheins der Klassen C, D, und E aus einem Drittstaat aus Europa, die noch kein EU-Mitglied ist. Der Nachweis über die Grundqualifikation wurde in einem anderen EU-Mitglied erworben.

Nach dem ersten Ablehnungsbescheid der deutschen Auslandsvertretung, wurde gegen den Bescheid remonstriert. Die Botschaft hat wieder mit einer Ablehnung negativ geantwortet. Jetzt bleibt nur noch das Verwaltungsgericht in Berlin.

Die Botschaft schreibt: „Sie haben Ihre *** (nicht EU-Mitglied) Führerscheine der Klasse C im Jahr 1999 und der Klasse D im Jahr 2003 erworben und gelten deshalb gemäß § 4 Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz (BKrFQG) als grundqualifiziert. Vor der Arbeitsaufnahme in Deutschland ist jedoch eine Weiterbildung gemäß BKrFQG (analog zur EU-Richtlinie 2003/59/EG) notwendig, die grundsätzlich in Deutschland zu absolvieren ist. Als Nachweis für die beabsichtigte Weiterbildung ist eine entsprechende Anmeldebestätigung vorzulegen und der Arbeitsvertrag muss gemäß § 24a Abs. 2 Nr. l und 2 BeschV eine Verpflichtung für die notwendigen Qualifikationsmaßnahmen enthalten und so ausgestaltet sein, dass diese einschließlich der Ausstellung der erforderlichen Dokumente innerhalb von 15 Monaten erlangt werden können.

Ihre Antragsunterlagen enthielten weder eine solche Anmeldung noch die entsprechende arbeitsvertragliche Ausgestaltung.

Stattdessen hatten Sie die oben genannte Bescheinigung aus der Republik *** (EU-Mitglied) vorgelegt. Noch gültige Weiterbildungen aus einem anderen EU-/EWR-Staat können anerkannt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Antragsteller im Zeitpunkt des Erwerbs der EU-/EWR ­Grundqualifikation bei einem Unternehmen in dem entsprechenden EU-/EWR-Staat beschäftigt war oder für diesen Staat eine Arbeitsgenehmigung hatte. Eine Weiterbildung in Deutschland ist dann nicht erforderlich. Diese Einschränkung der gegenseitigen Anerkennung von Nachweisen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten ist mit geltendem EU-Recht vereinbar.

Sie haben jedoch weder glaubhaft gemacht noch überhaupt angegeben, dass Sie im Zeitpunkt des Erwerbs der bescheinigten Weiterbildung in der Republik *** (EU-Mitglied) beschäftigt waren oder eine Arbeitsgenehmigung dort hatten. Die in der Republik *** (EU-Mitglied) absolvierte Weiterbildung ist daher in diesem Visumverfahren unbeachtlich.", so die Botschaft.

Da bin ich der Meinung, dass die Botschaft die europäische „Richtlinie 2003/59 über die Grundqualifizierung und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter‐ oder Personenkraftverkehr" sowie § 7 Nachweis der Qualifikation des Gesetzes über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft‐ oder Personenverkehr (Berufskraftfahrer‐Qualifikations‐Gesetz ‐ BKrFQG) komplett falsch interpretiert. Die Richtlinie, insbesondere § 7 BKrFQG enthält verbindliche Vorgaben an die einzelnen Mitgliedsstaaten, welche vom jeweiligen einzelnen Mitgliedsland zum einen umgesetzt, zum anderen aber auch akzeptiert werden müssen. Die Richtlinie 2003/59 besagt zu dem erforderlichen Nachweis im Artikel 10 unter anderem:

"Die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweise werden gegenseitig anerkannt.".

§ 7 BKrFQG ist noch präziser:

(2) Dem Fahrerqualifizierungsnachweis nach Absatz 1 gleichgestellt ist der von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz
1. ausgestellte Fahrerqualifizierungsnachweis nach dem Muster des Anhangs II der Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates, die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/645 (ABl. L 112 vom 2.5.2018, S. 29) geändert worden ist..

Dieser Richtlinie und dem § 7 BKrFQG nach, hat die Botschaft keine Möglichkeit, einen aus einem anderen EU‐Mietgliedstatt erstellten Nachweis in Frage zu stellen und ihn nicht zu akzeptieren. Unter welchen Bedingungen der EU-Mitgliedstatt diese Nachweise ausstellt, bleibt als Recht dem EU-Mitgliedstaates überlassen, und die deutsche Botschaft darf diese Nachweise nicht in Frage stellen, sondern nach Artikel 10 der EU-Richtlinie 2003/59/EG und § 7 BKrFQG ist sie verpflichtet, diese anzuerkennen.

Habe ich Recht oder nicht?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Das Amt bezieht sich auf §6 BKrFQG i.V.m. §29 FEV (Wohnsitzprinzip).
Dieser wurde eingeführt, da es zunehmend zu dem sogenannten Ausbildungstourismus kam, so die Begründung der Bundesregierung.
Damit kommt es für die Weiterbildung nach Nr. 2b) auf die Beschäftigung und den Beschäftigungsort an.
Ggf. ist auch die Anlage zu prüfen ob eine Erleichterung für das jeweilige Land gilt: § 31 in Verbindung mit Anlage 11 FeV.

Wenn Sie dagegen vorgehen wollen und im Einzelfall konkrete Nachweise haben, müsste man Ihren Individualfall prüfen. Da uns keine Unterlagen vorliegen, können Erfolgsaussichten für eine Klage nicht geprüft werden.

§ 6 Ausbildungs- und Prüfungsort

Fahrer und Fahrerinnen, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland haben oder Inhaber einer im Inland erteilten Arbeitsgenehmigung-EU oder eines Aufenthaltstitels sind, der erkennen lässt, dass die Erwerbstätigkeit erlaubt ist (§ 4 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes), müssen

1.
die Grundqualifikation im Inland erwerben,

2.
die Weiterbildung abschließen

a)
im Inland,

b)
in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem sie beschäftigt sind, oder

c)
in der Schweiz, wenn sie dort beschäftigt sind.



Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 18. April 2021 | 13:31

Sehr geehrte Rechtsanwältin,

danke für Ihre Antwort. Ich habe noch ein Paar Unklarheiten:

§6 BKrFQG bezieht sich aber auf Personen, die schon ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland haben oder schon Inhaber einer im Inland erteilten Arbeitsgenehmigung-EU oder eines Aufenthaltstitels sind, der erkennen lässt, dass die Erwerbstätigkeit erlaubt ist.

Ich habe aber noch KEINEN ordentlichen Wohnsitz im Inland, und noch KEINEN Aufenthaltstitel. Deswegen habe ich geschrieben, dass es um eine Ausstellung eines nationalen Visums "D" durch die Botshaft geht, um mit diesem Visum nach Deutschland einzureisen, damit ich sowohl einen Aufenthaltstitel vom Ausländerbehörde erhalte, als auch einen ordentlichen Wohnsitz im Inland melde.

Wie ich lese, ist §6 BKrFQG in meinem Fall nicht anwendbar (noch kein Wohnsitz, noch kein Aufenthaltstitel), oder sind Sie einer anderen Meinung? (Wenn ja, bitte erklären warum ist §6 BKrFQG anwendbar).

Zu § 31 in Verbindung mit Anlage 11 FeV: Der Drittstaat befindet sich in die Staatenliste der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) (Klassen - Alle, Theoretische Prüfung - nein, praktische Prüfung - nein).

Zu Nachweis: Es gibt einen gültigen Nachweis über die Grundqualifikation, der von einem anderen EU-Mitgliedstaat erstellt worden ist. Der Nachweis ist auch über den neueingeführten elektronischen Registers prüfbar.

Falls sich die Erfolgsaussichten für eine Klage nun geändert haben, bitte erläutern.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 18. April 2021 | 13:49

Sie haben Recht, dass sich §6 nur auf die Inländer bezieht, daher wird dieser analog angewandt. Für Sie als Ausländer ist deutsches Recht für eine Tätigkeit hier anzuwenden, die deutschen Gesetze richten sich hier aber nur an Inländer.
D.h. gerade weil Sie erst einreisen wollen, aber bereits jetzt schon die Weiterbildung einreichen, müssen die strengen Regelungen des §6 auch für Ausländer gelten, d.h. wie das Amt schreibt, Sie müssen dort eine Weiterbildung wegen Beschäftigung gehabt haben. Das haben Sie aber gerade nicht.
Noch problematischer ist, dass es keinen Rechtsanspruch auf die Erteilung eines Visums zur Aufnahme einer Tätigkeit in Deutschland haben, somit also der Rechtsweg nicht wählbar ist. Wenn Sie EU-Bürger wären, würde das anders aussehen und Sie könnten ggf. vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.

Wichtig wäre dass der Begriff: "anerkannte ausländische qualifizierte Berufsausbildung als Berufskraftfahrer/in" (§18 AufenthG) ein unbestimmter Rechtsbegriff ist und hier Spielraum möglich ist.

Haben Sie hier schon einen Antrag gestellt? https://www.ihk-fosa.de/

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