Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Wer haftet für die offenen Betreuungskosten nach dem Tod der Mutter?
1. Vertragliche Grundlagen und Anspruchsinhaberin
Person A hatte einen Arbeitsvertrag mit der verstorbenen Mutter abgeschlossen, der Betreuungsleistungen sowohl für die Mutter als auch für den Sohn sowie Reinigungsarbeiten umfasste. Die Mutter hat Person A bis zu ihrem Tod ordnungsgemäß entlohnt. Nach dem Tod der Mutter hat Person A ihre Tätigkeit – insbesondere für den Sohn – fortgesetzt, ohne einen neuen Vertrag mit der Betreuerin oder dem Sohn abzuschließen. Die Betreuerin hat die Fortsetzung der Tätigkeit zunächst geduldet, aber keine Zahlungen geleistet.
Wesentliche Punkte:
Der ursprüngliche Arbeitsvertrag bestand mit der Mutter.
Nach deren Tod ist der Vertrag mit ihr erloschen, da Arbeitsverhältnisse grundsätzlich mit dem Tod des Arbeitgebers enden, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde.
Die Fortsetzung der Tätigkeit für den Sohn erfolgte ohne ausdrücklichen neuen Vertrag, aber mit Wissen und Duldung der Betreuerin.
2. Haftung des Nachlasses der Mutter
Mit dem Tod der Mutter geht deren Vermögen einschließlich aller Verbindlichkeiten auf die Erben über (§ 1922 Abs. 1 BGB). Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen auch offene Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, die bis zum Tod der Mutter entstanden sind. Forderungen für die Zeit nach dem Tod der Mutter sind jedoch keine Nachlassverbindlichkeiten mehr, da die Mutter ab diesem Zeitpunkt nicht mehr Vertragspartnerin ist.
Fazit:
Für Gehaltsforderungen, die sich auf die Zeit nach dem Tod der Mutter beziehen, haftet der Nachlass der Mutter nicht.
3. Haftung des Sohnes
Nach dem Tod der Mutter wurde die Betreuung des Sohnes durch Person A fortgesetzt. Da der Sohn selbst nicht geschäftsfähig ist, konnte er keinen wirksamen Arbeitsvertrag mit Person A schließen. Die rechtliche Vertretung lag bei der Betreuerin.
Fazit:
Der Sohn selbst ist mangels Geschäftsfähigkeit und mangels wirksamen Vertragsschlusses nicht zur Zahlung verpflichtet.
4. Haftung der rechtlichen Betreuerin
Die Betreuerin hat die Tätigkeit von Person A geduldet und das Pflegegeld sowie die Grundsicherung des Sohnes verwaltet. Sie hat jedoch keinen eigenen Vertrag mit Person A abgeschlossen. Die Betreuerin ist verpflichtet, die Vermögensinteressen des Betreuten wahrzunehmen und aus den Mitteln des Betreuten berechtigte Forderungen zu begleichen.
Wesentliche Punkte:
Die Betreuerin ist nicht persönlich zahlungspflichtig, sondern verwaltet lediglich das Vermögen des Betreuten.
Sie hätte prüfen müssen, ob ein Anspruch von Person A besteht und diesen ggf. aus dem Vermögen des Sohnes begleichen müssen.
Eine persönliche Haftung der Betreuerin kommt nur bei schuldhafter Pflichtverletzung in Betracht, etwa wenn sie pflichtwidrig keine Zahlungen geleistet hat und dem Betreuten dadurch ein Schaden entstanden ist.
Fazit:
Die Betreuerin haftet nicht persönlich für die Gehaltsforderungen, es sei denn, ihr kann eine Pflichtverletzung nachgewiesen werden, die zu einem Schaden beim Betreuten geführt hat.
5. Haftung des Landkreises/Fonds für ehrenamtliche Betreuer
Ein Fonds zur Absicherung ehrenamtlicher Betreuer tritt nur ein, wenn der Betreuer im Rahmen seiner Tätigkeit einen Schaden verursacht hat, der nicht aus dem Vermögen des Betreuten beglichen werden kann und eine Haftung des Betreuers besteht. Voraussetzung ist eine Pflichtverletzung des Betreuers.
Fazit:
Eine Haftung des Fonds kommt nur bei nachgewiesener Pflichtverletzung der Betreuerin in Betracht.
6. Haftung des Sozialamts
Das Sozialamt ist verpflichtet, im Rahmen der Sozialhilfe die notwendigen Kosten der Betreuung zu übernehmen, wenn der Betreute mittellos ist und kein anderer zur Zahlung verpflichtet ist. Voraussetzung ist, dass ein sozialhilferechtlicher Bedarf besteht und die Betreuung notwendig war.
Wesentliche Punkte:
Das Sozialamt kann zur Übernahme der Kosten verpflichtet sein, wenn die Betreuung zur Sicherung des Lebensunterhalts erforderlich war und keine anderen Mittel zur Verfügung standen.
Das Sozialamt kann im Rahmen der Hilfe zur Pflege oder der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung die Kosten übernehmen.
Die Übernahme erfolgt jedoch regelmäßig nur auf Antrag und nicht rückwirkend für Zeiträume, in denen keine entsprechende Vereinbarung oder Bewilligung vorlag.
Fazit:
Das Sozialamt kann zur Zahlung verpflichtet sein, wenn die Voraussetzungen der Sozialhilfe vorlagen und ein entsprechender Antrag gestellt wurde. Eine rückwirkende Übernahme ist jedoch nur in Ausnahmefällen möglich.
7. Haftung der Erben
Wer Erbe der Mutter wird, ist noch unklar. Die Erben haften für Nachlassverbindlichkeiten, aber nicht für Verbindlichkeiten, die nach dem Tod der Mutter entstanden sind. Sollte im Testament geregelt sein, dass Betreuungskosten zu zahlen sind, kommt es auf die Wirksamkeit und Auslegung des Testaments an. Solange das Testament angefochten ist und die Erbfolge ungeklärt, kann Person A ihre Forderung nicht gegen den Nachlass der Mutter richten.
Fazit:
Die Erben der Mutter haften nur für Verbindlichkeiten, die bis zum Tod der Mutter entstanden sind.
8. Haftung der späteren Betreuer
Die späteren Betreuer (nachfolgende rechtliche Betreuer) sind ebenfalls nur verpflichtet, aus dem Vermögen des Sohnes berechtigte Forderungen zu begleichen. Eine persönliche Haftung besteht nicht, es sei denn, sie haben schuldhaft ihre Pflichten verletzt.
Zusammenfassung und Empfehlung zum Vorgehen
Person A kann ihre Gehaltsforderungen für die Zeit nach dem Tod der Mutter grundsätzlich nur gegen den Sohn als Betreuten geltend machen. Da dieser nicht geschäftsfähig ist, ist der jeweilige Betreuer als gesetzlicher Vertreter der richtige Ansprechpartner.
Die Betreuerin hätte prüfen müssen, ob ein Anspruch besteht, und diesen aus dem Vermögen des Sohnes begleichen müssen. Eine persönliche Haftung kommt nur bei nachgewiesener Pflichtverletzung in Betracht.
Das Sozialamt kann zur Übernahme der Kosten verpflichtet sein, wenn die Voraussetzungen der Sozialhilfe vorlagen und ein entsprechender Antrag gestellt wurde.
Die Erben der Mutter haften nur für Forderungen, die bis zum Tod der Mutter entstanden sind.
Ein Fonds für ehrenamtliche Betreuer haftet nur bei nachgewiesener Pflichtverletzung des Betreuers.
Praktisch:
Person A sollte ihre Forderung gegenüber dem aktuellen Betreuer des Sohnes anmelden. Dieser muss prüfen, ob die Forderung berechtigt ist und ob sie aus dem Vermögen des Sohnes oder – bei Mittellosigkeit – über das Sozialamt beglichen werden kann. Eine persönliche Haftung der Betreuerin oder der Erben der Mutter für die Zeit nach deren Tod besteht nicht.
Hinweis:
Die genaue Anspruchsdurchsetzung hängt von den Details des Arbeitsverhältnisses, der Betreuungssituation und der Vermögenslage des Sohnes ab. Die Prüfung, ob und inwieweit das Sozialamt leistungspflichtig ist, sollte im Einzelfall erfolgen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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Rechtsanwalt Jan Wilking
Vielen Dank für die sehr erschöpfende, uns gut weiterhelfende Antwort. Eine kl. Nachfrage habe ich noch: Die (erste, freiwillige) Betreuerin hat Pflegegeld (knapp 1000 EUR/Monat, Grundsicherung u. ggf. Waisengeld für den Sohn über 3-4 Monate vereinnahmt und hätte darüber hinaus weitere Einnahmen wie Verhinderungspflegegeld etc. beantragen können. Das Geld hat sie bis heute trotz Aufforderung des Gerichts nicht abgerechnet und behält es seit mittlerweile 2 Jahren. Liegt an der Stelle nicht doch ein pflichtwidriges Verhalten, das eine begrenzte Haftung auslösen könnte, vor?
Nach Ihrer Schilderung gibt es durchaus Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges und eine Haftung auslösendes Verhalten der Betreuerin, die ich nachfolgend erläutere:
1. Pflichten der Betreuerin
Die Betreuerin ist nach den einschlägigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verpflichtet, das Vermögen der betreuten Person ordnungsgemäß zu verwalten.
Zu den zentralen Pflichten gehört insbesondere die gewissenhafte Verwaltung des Vermögens und die ordnungsgemäße Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben. Die Betreuerin ist verpflichtet, über die Verwendung der ihr anvertrauten Gelder Rechenschaft abzulegen.
2. Verstoß gegen die Abrechnungspflicht
Das von Ihnen geschilderte Verhalten – das Vereinnahmen von Pflegegeld, Grundsicherung und weiteren Einnahmen ohne Abrechnung und die Weigerung, diese Gelder herauszugeben – stellt eine klare Verletzung der Vermögenssorgepflicht dar. Die Betreuerin ist verpflichtet, die Gelder ausschließlich im Interesse der betreuten Person zu verwenden und auf Anforderung des Gerichts oder der Erben ordnungsgemäß abzurechnen.
Ein solches Verhalten ist nicht nur pflichtwidrig, sondern kann auch strafrechtlich relevant sein (z.B. Untreue gemäß § 266 StGB), wenn die Betreuerin sich selbst bereichert oder das Vermögen der betreuten Person zweckwidrig verwendet.
3. Haftung der Betreuerin
Die Betreuerin haftet für Schäden, die durch eine schuldhafte Pflichtverletzung entstehen. Das bedeutet, dass sie für den entstandenen Vermögensschaden der betreuten Person (bzw. nach deren Tod der Erben) auf Schadensersatz haftet. Die Haftung ist nicht unbegrenzt, sondern richtet sich nach dem tatsächlich entstandenen Schaden, also dem Betrag, den die Betreuerin unberechtigt einbehalten oder nicht ordnungsgemäß verwendet hat.
Die Haftung setzt voraus, dass:
eine Pflichtverletzung vorliegt (hier: keine Abrechnung, kein Herausgeben der Gelder),
die Pflichtverletzung schuldhaft (fahrlässig oder vorsätzlich) begangen wurde,
ein Schaden entstanden ist (Vermögensverlust der betreuten Person),
und ein Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden besteht.
4. Beweislast und Durchsetzung
Die Erben oder die betreute Person (bzw. deren Vertreter) müssen die Pflichtverletzung und den daraus entstandenen Schaden darlegen und beweisen. Die Betreuerin muss im Gegenzug darlegen, dass sie die Gelder ordnungsgemäß verwendet hat oder dass keine Pflichtverletzung vorliegt.
5. Fazit
Das Verhalten der Betreuerin, die Gelder über einen längeren Zeitraum ohne Abrechnung einzubehalten und nicht herauszugeben, stellt eine schuldhafte Pflichtverletzung dar, die eine Schadensersatzhaftung auslöst. Die Haftung ist auf den tatsächlich entstandenen Schaden begrenzt, also auf die Summe der nicht abgerechneten und nicht herausgegebenen Gelder.