Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grund des geschilderten Sachverhalts gerne wie folgt beantworte:
Nach Ihrer Schilderung liegt in der Wiederverwendung beschädigter oder durch frühere bauliche Maßnahmen (z. B. Schneefang) eingeschnittener Dachziegel durch den beauftragten Dachdeckerbetrieb ein Mangel der Werkleistung im Sinne von § 634 Nr. 1 BGB vor. Die Wiederverwendung solcher Ziegel entspricht regelmäßig nicht den anerkannten Regeln der Technik und ist nur dann zulässig, wenn eine entsprechende Vereinbarung mit dem Auftraggeber – also Ihnen – getroffen wurde. Dies gilt insbesondere auch für den gekürzten Ortgangziegel, der bauphysikalisch besonders exponiert ist und daher unversehrt sein muss.
Als Auftraggeber haben Sie das Recht, Nacherfüllung zu verlangen (§ 635 BGB). Dem Unternehmer steht dabei grundsätzlich ein zweimaliges Nachbesserungsrecht zu. Kommt er dem nicht nach oder ist die Nachbesserung unzumutbar oder fehlgeschlagen, stehen Ihnen nach § 634 BGB weitere Rechte zu, insbesondere Minderung, Rücktritt und ggf. Schadensersatz.
Problematisch ist in Ihrem Fall, dass nachträglich eine Photovoltaikanlage montiert wurde, unter der sich ebenfalls ein mangelhafter Ziegel befindet. Der Dachdecker hatte die Baustelle bereits abgeschlossen und das Werk als „fertig" gemeldet, bevor die PV-Module installiert wurden. In einem solchen Fall liegt die Abnahme – möglicherweise auch konkludent – vor (§ 640 BGB). Mängel, die erst nach Abnahme erkennbar werden, unterliegen dennoch der fünfjährigen Mängelhaftung bei Bauwerken (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB).
Entscheidend ist, dass die fehlerhafte Ausführung allein dem Dachdecker zuzurechnen ist. Die Tatsache, dass Sie als Bauherr das Dach nicht vollumfänglich überprüft haben, begründet keine Obliegenheitsverletzung Ihrerseits, zumal der Mangel ohne weiteres nicht erkennbar war und der Eindruck eines abgeschlossenen Werkes bestand. Dass sich unter der PV-Anlage noch ein weiterer mangelhafter Ziegel befindet, ändert nichts an der grundsätzlichen Verantwortung des Dachdeckers für die ordnungsgemäße Werkleistung.
Die dem PV-Installateur gegenüber erklärte Annahme, alle defekten Ziegel seien entfernt worden, kann nicht zu Ihren Lasten ausgelegt werden. Der Installateur haftet nicht für Mängel an der Dachdeckung selbst, es sei denn, er hätte bei der Montage erkennbar schadhafte Stellen bemerkt und nicht gemeldet. Solche Hinweispflichten bestehen jedoch nur bei Offensichtlichkeit der Mängel und in engen Grenzen.
In der Gesamtschau dürfen Sie daher vom Dachdecker die Nachbesserung auch des unter der PV-Anlage befindlichen schadhaften Ziegels verlangen. Sollte hierfür eine temporäre Demontage der Photovoltaikmodule erforderlich sein, kann der Dachdecker nach § 635 Abs. 2 BGB verpflichtet sein, auch die damit verbundenen Kosten zu tragen – jedenfalls dann, wenn der Mangel bei ordnungsgemäßer Ausführung von Anfang an vermeidbar gewesen wäre.
Ich empfehle, den Dachdecker zur Nachbesserung aufzufordern und dabei eine angemessene Frist zur Mangelbeseitigung zu setzen. In dem Schreiben sollten die Ihnen bislang aufgefallenen mangelhaften Ziegel konkret benannt werden. Kommt er der Aufforderung nicht nach oder verweigert die Nachbesserung mit Hinweis auf die PV-Anlage, könnte ein selbständiges Beweisverfahren (§ 485 ZPO) zur Beweissicherung und Vorbereitung etwaiger Ersatzansprüche sinnvoll sein.
Ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und stehe für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani
Rechtsanwalt
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