Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
In dem Rechtsstreit, an dem Sie beteiligt gewesen sind, sind mit Sicherheit mehrere wechselseitigen Schriftsätze bei Gericht eingereicht worden. Wann der letzte Schriftsatz der Gegenseite bei Gericht eingegangen ist, ist aus Ihrer Sachverhaltsschilderung nicht zu ersehen. Ggfls. ist dieser Schriftsatz auch nach der mündlichen Verhandlung dem Gericht zugegangen.
Jedenfalls konnte sich das Gericht aufgrund der gewechselten Schriftsätze relationsmäßig eine Meinung vom Streitstand bilden. Der Hinweis des Gerichts, der in Rede stehende Schriftsatz enthalte keine „entscheidungsrelevanten Aspekte", besagt letztlich nichts anderes, als daß das Gericht keinen Sachvortrag in diesem Schriftsatz sehe, der auf die Entscheidung irgendeinen Einfluß habe.
Grundsätzlich kann sich der Rechtsanwalt auf eine solche Auskunft des Gerichts verlassen.
Damit liegt - nach meiner Auffassung - kein Fehler des Rechtsanwalts vor, wenn er auf Übersendung dieses Schriftsatzes nicht bestanden hat.
Da Sie „den Verdacht" haben, der Schriftsatz könne den Ausgang des Rechtsstreits beeinflußt haben, empfehle ich Ihnen, Ihren Rechtsanwalt zu bitten, vom Gericht diesen Schriftsatz anzufordern. Dann haben Sie die Möglichkeit, den Inhalt des Schriftsatzes (evtl. gemeinsam mit Ihrem Rechtsanwalt) zu prüfen.
Im Rahmen dieser Prüfung wird ersichtlich werden, ob der Schriftsatz für die Entscheidung eine Bedeutung hatte oder nicht.
Ggfls. können Sie auch einen anderen Rechtsanwalt mit der Prüfung beauftragen, ob der nicht zugestellte Schriftsatz entscheidungserhebliche Tatsachen enthalten hat.
Jedenfalls ergibt sich aus Ihrer Sachverhaltsschilderung kein Anwaltsfehler, der einen Anspruch auf Rückzahlung der bezahlten Vorschüsse begründen könnte. Ein Fehler des Rechtsanwalts ist nicht ersichtlich.
2.
Ob Ihre Rechtsschutzversicherung in einem Streit gegen Ihren Rechtsanwalt eintrittspflichtig ist, richtet sich nach Ihrem Versicherungsvertrag. Geht es um eine erbrechtliche Auseinandersetzung, schuldet die Rechtsschutzversicherung, eine Abdeckung dieses Versicherungsrisikos unterstellt, nur Beratungsrechtsschutz.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
(Rechtsanwalt)
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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wie ist Ihre Bewertung der Sache wenn sich herausstellen sollte dass der Inhalt des letzten Schreibens der Gegenpartei an das Gericht doch Entscheidungsrelevant war?
Eine mündl. Verhandlung hat es nicht gegeben.
Im März wurden lt. Richter meine Chancen indirekt noch gut beurteilt. Ende Juni hat er gegen mich entschieden. Einziger Schriftsatz in dieser Zeit war der Betreffende (mir fehlende) der Gegenpartei. ?
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
Sollte sich herausstellen, daß dieser letzte unbekannte Schriftsatz ausschlaggebend für die gegen Sie ergangene Entscheidung gewesen sei, würde einiges dafür sprechen, daß die Unkenntnis dieses Schriftsatzes ursächlich für den Schaden, den Sie erlitten haben (Verlust des Rechtsstreits) sein könnte.
Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn in dem letzten und inhaltlich nicht bekannten Schriftsatz ein neuer Sachvortrag enthalten gewesen wäre und wenn das Gericht, weil auf diesen Schriftsatz nicht erwidert worden ist, diesen Sachvortrag mangels Bestreitens als unstreitig gewürdigt hätte und wenn darauf die Entscheidung begründet worden wäre.
In diesem Fall dürfte den Rechtsanwalt ein Verschulden treffen, obwohl das „eigentliche" Verschulden auf seiten des Richters läge. Allerdings gilt, etwas sarkastisch formuliert, folgender Grundsatz: Die Gerichte haben eine hohe Verantwortung, sind aber für nichts verantwortlich.
Anders ausgedrückt: Ggfls. haftet für einen Fehler des Gerichts der Rechtsanwalt!
Eine gesicherte Würdigung der Rechtslage läßt sich aufgrund der Sachverhaltsschilderung allerdings nicht vornehmen. Ob dem letzte Schriftsatz tatsächlich eine die Entscheidung beeinflussende Bedeutung zukommt, kann man - zumindest derzeit - nicht prüfen.
Deshalb nochmals meine Empfehlung, diesen Schriftsatz anzufordern, um ihn auf seinen Gehalt hin zu prüfen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
(Rechtsanwalt)