Sehr geehrter Ratssuchender,
gerne beantworte ich Ihre Frage aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung wie folgt:
Ihren Angaben entnehme ich, dass Sie ein Hotel mit der Verpflegungsart „All Inclusive" gebucht haben. Ich gehe davon aus, dass es sich insoweit um eine Pauschalreise handelt.
Grundsätzlich ist der Reiseveranstalter aufgrund des abgeschlossenen Reisevertrags zur Stellung der Unterkunft und Verpflegung entsprechend der Buchung verpflichtet, wobei es sich um eine eigene Leistung oder eine vermittelte Fremdleistung, wie vorliegend die Verpflegung im Hotel, handeln kann (Führich, Basiswissen Reiserecht, Rn 44). Sofern Sie eine entsprechende Buchungsbestätigung vom Reiseveranstalter erhalten haben, auf der als Verpflegung „All Inclusive" ausgewiesen wird, sind diese Leistungen grundsätzlich zu erbringen.
Nach § 651 i Abs. 1 BGB
kann der Reisende grundsätzlich jederzeit und ohne Angabe von Gründen vom Reisevertrag zurücktreten. Dies hätte zur Folge, dass der Reiseveranstalter dann nach § 651 i Abs. 2 S. 1 BGB
keinen Reisepreis mehr verlangen kann, er ist jedoch berechtigt, nach § 651 i Abs. 2 S. 2 BGB
eine angemessene Entschädigung (Stornokosten), die regelmäßig in den AGB vereinbart werden, zu verlangen.
Vorliegend dürfte jedoch auch ein Kündigungsrecht wegen eines Reisemangels nach § 651 e Abs. 1 S. 1 BGB
in Betracht kommen. Dies setzt grundsätzlich einen Reisemangel voraus, § 651 c Abs. 1 BGB
. Insoweit dürfte mit der nicht gebuchten „All Inclusive"-Verpflegung vorliegend eine zugesicherte Eigenschaft fehlen, sofern Ihnen der Reiseveranstalter dies schriftlich auf der Buchungsbestätigung auch zugesagt hat (Führich, Basiswissen Reiserecht, Rn 141).
Als Kündigungsgrund dürfte hier nach § 651 e Abs. 1 S .1 eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vorliegen. Zur Beurteilung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, orientiert sich die Rechtsprechung regelmäßig an einem fiktiven Schwellenwert der Minderung zwischen 20 bis 50 %, wobei im Durchschnitt ein Richtwert von 30 % als Erheblichkeitsgrenze erfüllt sein muss (Führich, Basiswissen Reiserecht Rn 176).
Insoweit wird ein Vergleich gezogen, welche Minderungsquote bei Antritt der Reise in Betracht zu ziehen wäre. Aufgrund der Tatsache, dass Sie als Verpflegungsart „All Inclusive" gebucht haben, dem Hotel jedoch nur eine Buchung mit Übernachtung und Frühstück vorliegt, dürfte diese Erheblichkeitsgrenze im vorliegenden Fall erreicht sein. So ist beispielsweise das AG Leipzig in einem Urteil vom 24.11.2010 davon ausgegangen, dass der Umstand, dass dem Reisenden während der gesamten Reisedauer die Mittagsverpflegung vorenthalten wurde, zu einer Reisepreisminderung um 20% berechtige (AG Leipzig, RRa 2011, 71).
Bevor eine Kündigung des Reisevertrags nach § 651 e BGB
durch Sie ausgesprochen werden kann, müssten Sie dem Reiseveranstalter jedoch zuvor eine Frist zur Abhilfe des Reisemangels setzen. Damit soll dem Veranstalter grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet werden, die angezeigten Mängel zu beseitigen (Führich, Basiswissen Reiserecht, Rn 178).
Eine Abhilfe wäre jedoch im Falle der Unmöglichkeit der Abhilfe des Mangels entbehrlich (§ 651 e Abs. 2 S. 2 BGB
). Dies könnte im vorliegenden Fall gegeben sein, sofern das Hotel tatsächlich nur eine Übernachtung mit Frühstück und überhaupt kein „All Inclusive" anbieten würde. Allerdings würde ich Ihnen empfehlen, aus Gründen der Vorsicht dennoch unter Fristsetzung zur Abhilfe des Reisemangels aufzufordern.
Sollte diese Frist verstreichen, könnten Sie die Reise kündigen. Aufgrund der Tatsache, dass der Reiseveranstalter derzeit offensichtlich noch keine Reiseleistungen erbracht hat und zur Beendigung der Reise auch keine Reiseleistungen erbringen muss (da Sie die Reise nach Ihrer Schilderung bislang nicht angetreten haben), dürfte vorliegend auch keine Entschädigung nach § 651 e Abs. 3 S. 2 BGB
anfallen.
Zusammenfassend sollten Sie sich umgehend schriftlich an den Reiseveranstalter (nicht Reisebüro) wenden den Mangel (fehlende „All Inclusive"-Verpflegung) anzeigen und diesen unter Fristsetzung auffordern, den Mangel zu beseitigen. Sollte diese Frist fruchtlos verstreichen, könnten Sie den Reisevertrag nach § 651 e BGB
kündigen, wobei aus Beweiszwecken auch hier eine schriftliche Kündigung auszusprechen wäre.
Ich hoffe, Ihnen insoweit einen ersten Überblick verschafft zu haben. Sollten Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche weitere Hilfe benötigen, stehe ich Ihnen hierfür selbstverständlich zur Verfügung.
Ich weise abschließend darauf hin, dass es durch Hinzufügen und Weglassen wesentlicher Umstände im Sachverhalt durchaus zu einer komplett anderen rechtlichen Bewertung kommen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Neubauer
Rechtsanwalt
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 25.10.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Diese Antwort ist vom 25.10.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen