Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

ALG1-Antrag: Rücknahme nicht mehr möglich, Immatrikulation nicht angegeben

| 4. Dezember 2023 13:35 |
Preis: 51,00 € |

Verwaltungsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich hatte meine Arbeitsstelle als Assistenzarzt zu Ende Juli gekündigt, war im August also für einen Monat arbeitslos.
Wegen meiner Eigenkündigung wurde mir eine dreiwöchige Sperrfrist auferlegt, weshalb ich letztendlich nur für ca. eine Woche ALG erhalten habe (knapp 600€). Gegen die Sperrfrist hatte ich Widerspruch eingelegt, die Bearbeitung hat sich über drei Monate hingezogen, der Widerspruch letzendlich abgelehnt, wobei der Antrag auch heute noch im Online-Portal der Arbeitsagentur als "in Bearbeitung" gekennzeichnet ist.

Im Nachgang (vor ca. zwei Wochen) ist mir aufgefallen, dass ich im August formell noch in Vollzeit an einer Uni immatrikuliert war, sodass kein Anspruch auf ALG bestanden hätte.

Daraufhin habe ich versucht, den ALG-Antrag zurückzuziehen, weil, nach Internetrecherche und telefonischer Beratung durch einen Anwalt, der Rückzug problemlos möglich sei, da sich der Antrag offiziell noch "in Bearbeitung" befindet. Dies wurde mir auch telefonisch durch die Arbeitsagentur bestätigt.

Von der Arbeitsagentur hat mich dann jedoch ein Schreiben erreicht, aus dem hervorgeht, dass die Rücknahme nicht mehr möglich sei, es wurde auf SGB 3, Paragraph 137, Absatz 2 verwiesen, wonach der Anspruch festgestellt wurde und nicht mehr zurückgewiesen werden kann.

Dies widerspricht jedoch der Information, die ich telefonisch durch den Anwalt erhalten hatte (s.o.); mir ist jedoch klar, dass es sich hierbei nur um eine Ersteinschätzung handelt.

Ich möchte vor allem vermeiden, wegen Sozialbetrugs belangt werden und daher den Antrag zurückziehen und die Summe zurückerstatten.

Können Sie mir eine Empfehlung abgeben, wie ich mich am besten verhalten sollte? Eine Selbstanzeige erscheint mir nur als letzte Möglichkeit, wenn sich der Antrag wirklich nicht mehr zurücknehmen lässt. Kann man davon ausgehen, dass in dieser Konstellation die Einstufung als Ordnungswidrigkeit erfolgen würde?

Eine "mutwillige" Bereicherung ist ja genau das, was ich vermeiden möchte, wegen meiner Tätigkeit als Arzt ist mir eine einwandfreie Reputation zusätzlich wichtig.

Vielen Dank für eine Einschätzung!

4. Dezember 2023 | 15:24

Antwort

von


(950)
Wambeler Str. 33
44145 Dortmund
Tel: 0231 / 13 7534 22
Web: https://ra-fork.de
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage , die ich Ihnen wie folgt beantworte:



Frage 1:
"Können Sie mir eine Empfehlung abgeben, wie ich mich am besten verhalten sollte? Eine Selbstanzeige erscheint mir nur als letzte Möglichkeit, wenn sich der Antrag wirklich nicht mehr zurücknehmen lässt. Kann man davon ausgehen, dass in dieser Konstellation die Einstufung als Ordnungswidrigkeit erfolgen würde?"

Weil dies Ihre größte Sorge ist, schicke ich sogleich einmal voraus, dass Sie sich nach Ihrer Schilderung kaum strafbar gemacht haben können. Derzeit gehe ich sogar davon aus, dass Ihr Alg I-Anspruch zu Recht bestand. Allerdings ist der Sachverhalt derzeit noch etwas im Halbschatten, weshalb ich diesen erst einmal aus meiner Sicht zusammenfasse und danach ein rechtliches Fazit ziehe.

Als Assistenzarzt werden Sie vermutlich Vollzeit gearbeitet haben und vor allem Ihr Medizinstudium abgeschlossen haben.

Dann aber dürften Sie zumindest aus dem medizinischen Studiengang exmatrikuliert worden sein.

Alg I erhalten haben Sie zudem nur für eine einzige Woche wegen einer verhängten Sperrzeit. Dabei ist richtig, dass nach § 137 Abs. 2 SGB III ein Antrag auf Arbeitslosengeld nicht mehr zurückgenommen werden kann, sobald über den Anspruch entschieden wurde. Dies ist in Ihrem Fall anzunehmen, da Sie ja bereits Leistungen erhalten haben.

Allerdings ist es auch richtig, dass Sie als Vollzeitstudent grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Dies hätte bei der Prüfung Ihres Antrags berücksichtigt werden müssen. Wenn Sie also tatsächlich im August noch als Vollzeitstudent eingeschrieben waren, hätten Sie grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Wenigstens hätten Sie diesen Umstand der Arbeitsagentur zur Prüfung offenlegen müssen.

Und an dieser Stelle müsste der Sachverhalt einmal aufgehellt werden bezüglich Ihres weiterlaufenden Studiums. Soweit Sie oben schreiben "Im Nachgang (vor ca. zwei Wochen) ist mir aufgefallen, dass ich im August formell noch in Vollzeit an einer Uni immatrikuliert war", lässt dies m.E. drei Deutungen zu:

-) Sie haben sich versehentlich nicht exmatrikuliert

-) Sie betreiben ein sog. "Scheinstudium" neben der Arbeitsstelle

-) Sie wollten das Fach berufsbegleitend studieren

Wie dem auch immer sein sollte, rein rechtlich kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit des Leistungsbezugs darauf an, ob Sie verfügbar im Sinne des SGB III waren. Verfügbar sind Sie dann, wenn Sie den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung standen, und davon würde ich nach Ihrer derzeitigen Schilderung ausgehen.

Zwar sind Vollzeitstudenten grundsätzlich eher nicht verfügbar, da sie wegen des Studiums regelmäßig nur in versicherungsfreie Tätigkeiten vermittelt werden könnten (sog. Werkstudenten), bei Ihnen dürfte aber eine Ausnahmeregelung (§ 139 II SGB III) zutreffen, die wie folgt lautet:

Zitat:
Bei Schülerinnen, Schülern, Studentinnen oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte wird vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Die Vermutung ist widerlegt, wenn die Schülerin, der Schüler, die Studentin oder der Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt.


Hiervon gehe ich gegenwärtig in Ihrem Fall aus. Dafür spricht weiterhin, dass Sie Ihre Arbeitslosigkeit bereits eigenständig beendet haben, womöglich auch während Ihrer Vollzeittätigkeit fortlaufend eingeschrieben waren und auch aufgrund der Kürze des Leistungsbezugs von nur einer Woche genügend Argumente für eine Verfügbarkeit in diesem Zeitraum aufbringen könnten.

Dies wäre höchstens dann anders, wenn Sie der Arbeitsagentur eingestehen müssten, im August wie der vorbildlichste Vollzeitstudent nonstop studiert zu haben, wovon ich nach Ihrer Einlassung "Im Nachgang (vor ca. zwei Wochen) ist mir aufgefallen, dass ich im August formell noch in Vollzeit an einer Uni immatrikuliert war" derzeit nicht ausgehe.

Von daher müssen Sie m.E. gar nicht tätig werden. Sollte die Arbeitsagentur im Nachgang auf Sie zukommen - wovon ich nicht ausgehe - können Sie sich bei Bedarf gerne an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen aus Dortmund

Raphael Fork
-Rechtsanwalt -


Rechtsanwalt Raphael Fork

Rückfrage vom Fragesteller 4. Dezember 2023 | 16:35

Sehr geehrter Herr Fork,

vielen Dank erstmal für die schnelle Antwort. Ich möchte hierbei noch ein paar Details klären und hoffe, dass diese nicht zu einer wesentlich anderen Einschätzung führen werden.

1. Was mich am meisten umtreibt ist, dass ich im ALG-Antrag die Immatrikulation versehentlich verschwiegen habe; alleine das war ja sicherlich rechtswidrig. Im Übrigen war ich der Meinung, dass ein Vollzeitstudium grundsätzlich zum Ausschluss von ALG führt, was Sie jetzt teils relativiert haben.

2. Ich befinde mich in einem künstlerischen Vollzeitstudium in BW und habe daher in den letzten zwei Jahren in Teilzeit als Arzt gearbeitet (in Berlin). Durch Nacht- und Wochenenddienste ließ sich beides (nachweislich) gut kombinieren, trotz Vollzeitstudiums. Ich unterhalte zu Studienzwecken auch eine Zweitwohnung in BW. Das Medizinstudium hatte ich bereits vor mehreren Jahren abgeschlossen.

3. Im August befand ich mich in der vorlesungsfreien Zeit und war durchgängig in Berlin, insofern wäre ich sicherlich formell hinreichend für den Arbeitsmarkt "verfügbar" gewesen.


Daher möchte ich nochmals anfragen, ob ich die Arbeitsagentur über meinen Irrtum informieren und einfach eine Reaktion abwarten sollte? Ist eine Strafbarkeit tatsächlich unwahrscheinlich?

Bitte teilen Sie mir mit, ob es aus Ihrer Sicht sinnvoll wäre, Sie noch einmal über Email zu kontaktieren um Ihre Leistungen in diesem Falle in Anspruch nehmen zu können, falls es noch es gibt, was getan werden könnte.

Vielen Dank!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 4. Dezember 2023 | 18:09

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Nachfrage , die ich Ihnen wie folgt beantworte:


Nachfrage 1:
"Daher möchte ich nochmals anfragen, ob ich die Arbeitsagentur über meinen Irrtum informieren und einfach eine Reaktion abwarten sollte? "

Ihre ergänzende Schilderung hat meine Ansicht eher bestärkt, dass Sie zu Recht im August Alg I bezogen haben.

Insofern schadet es auch nichts, wenn Sie der Arbeitsagentur den Vorgang wahrheitsgemäß schildern, so wie Sie es hier getan haben.

Im Falle einer Entscheidung zu Ihren Ungunsten, also rückwirkende Aufhebung der Bewilligung wegen des Vollzeitstudiums, könnte man dann über Widerspruch und sozialgerichtliche Klage den Ursprungszustand wiederherstellen. Gerne bin ich Ihnen dabei dann auch bei Bedarf ohne Kostenrisiko behilflich, da nach Ihrer Schilderung kaum daran gezweifelt werden kann, dass Ihr Arbeitslosengeldbezug hier rechtmäßig war.

Gleiches würde gelten, wenn Sie einfach eine Reaktion abwarten würden.


Nachfrage 2:
"Ist eine Strafbarkeit tatsächlich unwahrscheinlich?"

Ja, eine Strafbarkeit Ihrer Handlung kommt nach Ihrer Schilderung nicht ernsthaft in Betracht.

Es ist richtig, dass Sie die Immatrikulation im Antrag auf Arbeitslosengeld angeben hätten müssen. Allerdings ist dies allein nicht zwangsläufig strafbar.

Eine Strafbarkeit wegen Betrugs setzt vielmehr voraus, dass Sie vorsätzlich gehandelt haben, also wissentlich falsche Angaben gemacht haben, um Leistungen zu Unrecht zu erhalten. Nach Ihrer Schilderung war dies nicht der Fall, da Sie die Immatrikulation versehentlich nicht angegeben haben und Ihnen dies erst nach dem Leistungsbezug auffiel.

Auch eine Strafbarkeit durch Unterlassen der Aufklärung des Sachverhalts scheidet aus. Sie haben sich ja im Nachgang nicht nur einmal, sondern zweimal rechtlichen Rat eingeholt. Auf diesen könnten Sie daher auch immer verweisen.

Schließlich bestehen insbesondere nach Ihrer ergänzenden Schilderung deutliche Anhaltspunkte dafür, dass Sie trotz Vollzeitstudium hier im konkreten Fall anspruchsberechtigt waren:

-) Vollzeitstudium trotz Arztberuf bzw. gerade deswegen (Schichtdienst)

-) Alg I Bezug lag in vorlesungsfreier Zeit

-) Studienort in anderem BL, Aufenthalt in Berlin während Leistungsbezug

Dabei sind Studenten nicht generell vom Alg I Anspruch ausgeschlossen, sie haben nur eine erhöhte Darlegungslast hinsichtlich ihrer Verfügbarkeit (Beweislastumkehr). Der generelle Ausschluss würde ja auch zudem die Frage aufwerfen, ob man dann nicht vergebens gezahlte AV-Beiträge als Student zurückfordern könnte. Daher kommt es - wie so oft - immer auf den konkreten Einzelfall an.

Gerne können Sie mich per E-Mail kontaktieren, wenn Sie weitere Fragen haben oder meine Unterstützung benötigen.

Mit freundlichen Grüßen aus Dortmund

Raphael Fork
-Rechtsanwalt -

Bewertung des Fragestellers 6. Dezember 2023 | 00:58

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Vollste Zufriedenheit, vielen Dank!

"
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Raphael Fork »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 6. Dezember 2023
5/5,0

Vollste Zufriedenheit, vielen Dank!


ANTWORT VON

(950)

Wambeler Str. 33
44145 Dortmund
Tel: 0231 / 13 7534 22
Web: https://ra-fork.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Sozialrecht, Arbeitsrecht, Zivilrecht, Verwaltungsrecht, Miet- und Pachtrecht