Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage , die ich Ihnen wie folgt beantworte:
Frage 1:
"Können Sie mir eine Empfehlung abgeben, wie ich mich am besten verhalten sollte? Eine Selbstanzeige erscheint mir nur als letzte Möglichkeit, wenn sich der Antrag wirklich nicht mehr zurücknehmen lässt. Kann man davon ausgehen, dass in dieser Konstellation die Einstufung als Ordnungswidrigkeit erfolgen würde?"
Weil dies Ihre größte Sorge ist, schicke ich sogleich einmal voraus, dass Sie sich nach Ihrer Schilderung kaum strafbar gemacht haben können. Derzeit gehe ich sogar davon aus, dass Ihr Alg I-Anspruch zu Recht bestand. Allerdings ist der Sachverhalt derzeit noch etwas im Halbschatten, weshalb ich diesen erst einmal aus meiner Sicht zusammenfasse und danach ein rechtliches Fazit ziehe.
Als Assistenzarzt werden Sie vermutlich Vollzeit gearbeitet haben und vor allem Ihr Medizinstudium abgeschlossen haben.
Dann aber dürften Sie zumindest aus dem medizinischen Studiengang exmatrikuliert worden sein.
Alg I erhalten haben Sie zudem nur für eine einzige Woche wegen einer verhängten Sperrzeit. Dabei ist richtig, dass nach § 137 Abs. 2 SGB III ein Antrag auf Arbeitslosengeld nicht mehr zurückgenommen werden kann, sobald über den Anspruch entschieden wurde. Dies ist in Ihrem Fall anzunehmen, da Sie ja bereits Leistungen erhalten haben.
Allerdings ist es auch richtig, dass Sie als Vollzeitstudent grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Dies hätte bei der Prüfung Ihres Antrags berücksichtigt werden müssen. Wenn Sie also tatsächlich im August noch als Vollzeitstudent eingeschrieben waren, hätten Sie grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Wenigstens hätten Sie diesen Umstand der Arbeitsagentur zur Prüfung offenlegen müssen.
Und an dieser Stelle müsste der Sachverhalt einmal aufgehellt werden bezüglich Ihres weiterlaufenden Studiums. Soweit Sie oben schreiben "Im Nachgang (vor ca. zwei Wochen) ist mir aufgefallen, dass ich im August formell noch in Vollzeit an einer Uni immatrikuliert war", lässt dies m.E. drei Deutungen zu:
-) Sie haben sich versehentlich nicht exmatrikuliert
-) Sie betreiben ein sog. "Scheinstudium" neben der Arbeitsstelle
-) Sie wollten das Fach berufsbegleitend studieren
Wie dem auch immer sein sollte, rein rechtlich kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit des Leistungsbezugs darauf an, ob Sie verfügbar im Sinne des SGB III waren. Verfügbar sind Sie dann, wenn Sie den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung standen, und davon würde ich nach Ihrer derzeitigen Schilderung ausgehen.
Zwar sind Vollzeitstudenten grundsätzlich eher nicht verfügbar, da sie wegen des Studiums regelmäßig nur in versicherungsfreie Tätigkeiten vermittelt werden könnten (sog. Werkstudenten), bei Ihnen dürfte aber eine Ausnahmeregelung (§ 139 II SGB III) zutreffen, die wie folgt lautet:
Zitat:Bei Schülerinnen, Schülern, Studentinnen oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte wird vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Die Vermutung ist widerlegt, wenn die Schülerin, der Schüler, die Studentin oder der Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt.
Hiervon gehe ich gegenwärtig in Ihrem Fall aus. Dafür spricht weiterhin, dass Sie Ihre Arbeitslosigkeit bereits eigenständig beendet haben, womöglich auch während Ihrer Vollzeittätigkeit fortlaufend eingeschrieben waren und auch aufgrund der Kürze des Leistungsbezugs von nur einer Woche genügend Argumente für eine Verfügbarkeit in diesem Zeitraum aufbringen könnten.
Dies wäre höchstens dann anders, wenn Sie der Arbeitsagentur eingestehen müssten, im August wie der vorbildlichste Vollzeitstudent nonstop studiert zu haben, wovon ich nach Ihrer Einlassung "Im Nachgang (vor ca. zwei Wochen) ist mir aufgefallen, dass ich im August formell noch in Vollzeit an einer Uni immatrikuliert war" derzeit nicht ausgehe.
Von daher müssen Sie m.E. gar nicht tätig werden. Sollte die Arbeitsagentur im Nachgang auf Sie zukommen - wovon ich nicht ausgehe - können Sie sich bei Bedarf gerne an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen aus Dortmund
Raphael Fork
-Rechtsanwalt -