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Artikel 17 EUGVÜ Gerichtsstandsvereinbarung

20. September 2007 19:55 |
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Anwaltsrecht, Gebührenrecht, Verfahrensrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt René Iven

Nach Artikel 17 EUGVÜ können international ohne weiteres Gerichtsstandsstandvereinbarungen abgeschlossen werden.

Wie ist folgender Sachverhalt zu beurteilen:

A ist selbständiger Kaufmann in Deutschland
B ist selbständiger Kaufmann in Großbritannien London

A bestreitet, dass es mit B zu einer vertraglichen Vereinbarung gekommen ist, da die Unterschrift unter dem Telefax, welches B vorliegt nicht von ihm stamme. Der Telefax enthält einen Auftrag des A für B und außerdem eine Gerichtsstandsvereinbarung (London). Indem A die Unterschrift unter dem Fax bestreitet, bestreitet er natürlich auch das Zustandekommen einer Gerichtsstandvereinbarung.
Ist damit die Klage durch B erstmal beim deutschen (allgemeiner Gerichtsstand des A in Deutschland) einzureichen?

Mit einen Telefax kann ja der Urkundenbeweis nach deutschen Recht nicht angetreten werden.
Die Ablichtung einer Urkunde als solche keine Urkunde im Sinne der § 415 ZPO (vgl. BGH NJW 1980, 1047 , NJW 1992, 829 , 830) dar.
Das OLG Köln sieht dagegen in einem Telegramm oder in einer Telekopie Privaturkunden im Sinne der §§ 416 , 592 ZPO , schließt aber zugleich die Anwendung der Beweisregel des § 416 ZPO und damit wohl auch der Vermutung des 440 Abs. 2 ZPO aus, weil die vom Empfangsgerät ausgedruckte Fernkopie nicht selbst die handschriftliche Unterschrift des Ausstellers der übermittelten Erklärung trage; sondern sie allenfalls widerspiegele, deshalb unterliege das Telefax als nicht unterschriebene Privaturkunde der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO (NJW 1992,1774 ). Siehe dazu auch das Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 24.05.2000, AZ: 17 U 225/98 . Soweit mir bekannt ist wird nirgends die Auffassung vertreten, dass die auf einer Telekopie abgebildete Unterschrift geeignet ist, die Beweisregel des § 416 ZPO und die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO zu begründen.
Die Unanwendbarkeit dieser Vorschriften ist nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.05.2000 zwingend geboten, weil anders als bei einem Schriftstück mit einer Originalunterschrift bei der Abbildung einer Unterschrift im Wege der Fotokopie oder einer Telekopie die Gefahr von Manipulationen zu groß ist und derartige Manipulationen etwa durch Einkopieren einer echten Unterschrift in ein anderes Schriftstück kaum festgesellt werden können.


Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich wie folgt beantworten:

Ich möchte vermuten, dass Sie bereits juristische Vorbildung erfahren haben. Erlauben Sie mir daher, mich auf die wesentlichen Grundgedanken - aus der Sicht eines Praktikers ! - zu beschränken.

(1) Theoretische Ausführungen:

Zunächst ist festzuhalten, dass die Vorschriften der §§ 415 , 417 , 418 ZPO - wie Sie zutreffend darlegen - tatsächlich keine Anwendung finden, da es sich bei dem streitgegenständlichen Telefax nicht um eine öffentliche Urkunde i.S. des § 415 ZPO handelt. Soweit die Urkundeneigenschaft zu bejahen ist, kann es sich bei dem Telefax demnach nur um eine Privaturkunde i.S. der §§ 416 , 440 ZPO handeln.

Eine Urkunde i.S. der ZPO ist die Verkörperung einer Gedankenerklärung durch Schriftzeichen, die allgemein bekannt sind oder dem Gericht verständlich gemacht werden können (vgl. Musielak, § 415 Rn. 4 ZPO). Eine Telefaxkopie stellt nach m.A. eine Ablichtung einer Originalurkunde dar. Die Ablichtung als solche ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Urkunde i.S. der §§ 415 ff. ZPO (vgl. BGH NJW 1992, 829 ff., BGH NJW 1980, 1047 ff.). Der Urkundenbeweis kann nach Auffassung des BGH bei einer Privaturkunde ausschließlich durch Vorlegung der Urschrift nach § 420 ZPO angetreten werden (vgl. BGH NJW 1992, 829 , 830). BEACHTEN SIE: Eine andere Auffassung vertritt insbesondere Zöller in seinem Aufsatz "Die Mikro-, Foto- und Telekopie im Zivilprozess" (NJW 1993, 429 ff.).

ABER: Wird nur eine Ablichtung vorgelegt und bestreitet sie der Gegner nicht, kann das Gericht von einer Übereinstimmung mit dem Original ausgehen und die nur abgelichtete Privaturkunde in tatrichterlicher Beweiswürdigung (vgl. § 286 Abs. 1 ZPO ) als ausreichenden Beweis einer Behauptung ansehen (vgl. Musielak, § 420 Rn. 1 m.w. Nachweisen).

(2) Problem: Schriftformerfordernis

Ich gebe zu bedenken, dass Artikel 17 EuGVÜ Schriftform voraussetzt. Die Übermittlung per Telefax genügt grundsätzlich nicht zur Einhaltung eines gesetzlichen Schriftformerfordernisses i.S. des § 126 BGB (vgl. BGH NJW 1997, 3169 ff.).

(3) Praktische Ausführungen:

Nach m.A. ist die Gerichtsstandsvereinbarung gemäß §§ 125 , 126 BGB wegen Formmangels - unabhängig von der Urkundeneigenschaft der Telefaxkopie i.S. der §§ 416 , 440 ZPO - nichtig. Demnach wäre eine Klage des B grundsätzlich beim allgemeinen Gerichtsstand des A einzulegen. Hinsichtlich der eigentlichen Vertragsvereinbarung wären die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zu überprüfen.

Ich hoffe, Ihnen mit den vorangegangenen Ausführungen vorab weitergeholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen

Iven
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 2. Oktober 2007 | 18:39

Sehr geehrter Herr Iven,

dazu zwei Nachfragen

1. habe ich das richtig verstanden:
auch unter Kaufleuten kann die Gerichtsstandsvereinbarung nach Artikel 17 EUGVÜ nicht mittels Fax getroffen werden. Ihre Ausführungen gelten auch für die Geschäftsbeziehungen unter Kauleuten?

2. Sehe ich das richtig, auch die Tatsache, dass die Faxkennung des A auf dem Fax enthalten ist, nichts daran ändert, dass hier keine Urkunde im Sinne der ZPO vorliegt?



Mit freundlichen Gruessen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 2. Oktober 2007 | 19:41

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Nachfragen möchte ich wie folgt beantworten:

Zu Frage 1:

Nach gründlicher Recherche muss ich meine Aussage teilweise korrigieren: Die Rechtsprechung verlangt für eine Wirksamkeit internationaler Gerichtsstandsvereinbarungen nicht stets die engen Voraussetzungen des § 126 Abs. 1, 2 BGB (beiderseitige Unterschrift bzw. wechselseitige Unterschrift auf gleichlautenden Urkunden). Art. 17 EuGVÜ sei vertragsautonom auszulegen (EuGH, NJW 1977, 494 , EuGH NJW 1977, 495 ; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., 1996, RdNr. 472). Der BGH sieht Schriftform i.S. des Art. 17 EuGVÜ tatsächlich schon dann als gegeben an, wenn ein "Austausch von Fernschreiben" zwischen Kaufleuten vorgenommen wird (vgl. BGH NJW 1994, 2699 , 2700). ZU IHREM FALL: Das OLG Hamm hat im Zusammenhang mit der Vereinbarung eines Gerichtsstandes gemäß Art. 17 EuGVÜ durch (Fax-)Rückübersendung einer Auftragsbestätigung, die auf der Rückseite eine Gerichtsstandsklausel enthält, ausdrücklich auch zu Art. 17 EuGVÜ Stellung genommen (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1995, 188 ): "Durch die Unterzeichnung und Rückübersendung ist zugleich auch dem Schriftformerfordernis des Art. 17 I EuGVÜ Rechnung getragen." Meinen pauschalen Hinweis auf § 126 BGB bitte ich zu entschuldigen.

Zu Frage 2:

Solange der Vertragsinhalt als solcher Gegenstand des Urkundenbeweises sein soll, reicht die Vorlage einer Telefaxkopie nach m.A. auch dann nicht aus, wenn die Absenderkennung ersichtlich ist. ICH BETONE ABER NOCHMALS: In der Regel wird das Gericht von einer Übereinstimmung mit dem Original ausgehen und die nur abgelichtete Privaturkunde in tatrichterlicher Beweiswürdigung (vgl. § 286 Abs. 1 ZPO ) als ausreichenden Beweis einer Behauptung ansehen. Höchst selten wird der Gegner bestreiten, dass die Ablichtung nicht mit dem Original übereinstimmt.

Ich hoffe, Ihnen mit den vorangegangenen Ausführungen dennoch weitergeholfen zu haben.


Mit freundlichen Grüßen

Iven
Rechtsanwalt

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