Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:
I. Nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt handelte D als Vertreter ohne Vetretungsmacht, da die Bevollmächtigung des D durch A nach § 105 Abs. 1 BGB
nichtig war.
II. Die Haftung des Vertreters ohne Vertretungmacht bestimmt sich nach § 179 BGB
.
Zunächst kann eine Haftung des D hier nur eingreifen, wenn der Vertretene A den Vertrag nicht genehmigt hat, vgl. § 177 BGB
. (Hier wäre die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters des A erforderlich.)
Fehlt eine Genehmigung, so ist grds. § 179 BGB
anwendbar. Im Rahmen des § 179 BGB
wird eine Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht von der herrschenden Meinung abgelehnt, wenn der geschlossene Vertrag aus anderen Gründen nichtig ist. Hier „ist“ der Vertrag zwar nicht aus anderen Gründen nichtig, er „wäre“ aber aus anderen Gründen nichtig gewesen, wenn A selbst unterschrieben hätte. (Da A ja geschäftsunfähig gewesen ist.) Wollte man eine Haftung des D hier aus § 179 BGB
annehmen, so wäre der J besser gestellt, als wenn A den Vertrag selbst unterschrieben hätte. Daher könnte es hier bereits an der Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 179 BGB
fehlen.
Würde man hingegen den Anwendungsbereichs des § 179 BGB
trotz des Vorgesagten als eröffnet ansehen wollen, so käme es bzgl. des Haftungsumfangs des D darauf an, ob D die Gechäftsunfähigkeit des A gekannt hat, als er (D) den Vertrag für A unterzeichnet hat. Kannte er die Geschäftsunfähigkeit nicht, so haftet er (D) nur auf den Vertrauensschaden (dies ist der Schaden, der dem J im Vertrauen auf den Bestand des Vertrages entstanden ist), nicht aber auf Erfüllung, vgl. § 179 Abs. 2 BGB
. Nur wenn D die Geschäftsunfähigkeit des A kannte, haftet er auf Erfüllung. (Zahlung des Betrages xx an J.)
Der D würde ferner nicht haften, wenn der J den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste, vgl. § 179 Abs. 3 BGB
. (Dies ist nach Ihrer Anmerkung hier aber nicht der Fall.)
III. Bitte beachten Sie abschließend, dass dieser Sachverhalt bei Kenntnis aller Umstände, die grds. nur im Rahmen einer Mandatserteilung gegeben sein kann, anders beurteilt werden könnte.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan André Schmidt, LL.M.
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Hr. Schmidt,
ich habe Sie wie folgt verstanden:
1. Im folgenden Fall wäre die Willenserklärung des A nichtig gewesen, wenn A selbst unterschrieben hätte. Da die Willenserklärungen des A (A ist über 18 Jahre, aber wegen Störung der Geisteszustandes geschäftsunfähig)nichtig sind, könnte die Nichtigkeit auch nicht durch die (nachträgliche) Zustimmung des gesetzlichen Vertreters/Erben (der Erbe könnte nach dem Tod des A zustimmen) beseitig werden können.
2) Unterschreibt D als Vertreter des A ist der Vertrag, wenn A keine wirksame Vollmacht des D besitzt, nicht nichtig (insofern besteht kein Unterschied, ob D keine Vollmacht oder eine nichtige Vollmacht des A inne hat) sondern schwebend unwirksam. Anders als unter 1) ausgeführt, würde allerdings der Vertrag durch die nachträgliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bzw. - sofern A verstirbt - seines Rechtsnachfolgers (Erben)rückwirkend zur vollen Wirksamkeit erstarken.
3) Hinsichtlich der Haftung nach § 179 BGB
ist jedoch möglicherweise zu unterscheiden, ob jemand als Vertreter ohne Vertretungsmacht für einen Geschäftsunfähigen unterschreibt oder als Vertreter ohne Vertretungsmacht für einen Geschäftsfähigen. Unterschreibt er für einen Geschäftsfähigen ist § 179 BGB
grundsätzlich anwendbar, während dies, wenn jemand als Vertreter ohne Vertretungsmacht für einen Geschäftsunfähigen unterschreibt, bisher gerichtlich nicht entschieden wurde und deshalb unklar bleibt.
Habe ich das so richtig verstanden?
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Ihr Verständnis im Rahmen von Punkt 1 und 2 ist vollkommen zutreffend.
Bzgl. des Punktes 3) möchte ich noch Folgendes anmerken:
§ 179 BGB
ist anwendbar, wenn ein Vertreter ohne Vertretungsmacht „für“ einen Geschäftsfähigen auftritt.
Ob § 179 BGB
auch dann anwendbar ist, wenn ein Vertreter für einen Geschäftsunfähigen aufgetreten ist (und deshalb ohne Vertretungsmacht gehandelt hat), darüber kann man jedenfalls diskutieren. Dafür spricht, dass die §§ 177 BGB
grds. auch dann gelten, wenn ein Geschäftsunfähiger einen Vertreter bevollmächtigt hat und dieser dann für den Geschäftsunfähigen handelt. (Vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage 2006, mit Verweis auf BayObLG, NJW-RR 88, 454
.) Dagegen spricht meiner Ansicht nach das von mir oben gebrachte Argument, dass der J hier bei der Anwendung des § 179 BGB
besser gestellt wäre, als wenn der A selbst unterschrieben hätte. (Diese Besserstellung bestünde dann nicht, wenn der A geschäftsfähig gewesen wäre, dann wäre der Vertrag wirksam gewesen. s.o.)
Es sind daher beide Interpretationen möglich. Ob diese Konstellation in der Rechtsprechung bereits so entschieden worden ist, vermag ich ohne weitere Recherche im Rahmen dieser Erstberatung nicht zu sagen.
Im konkreten Fall spricht zusätzlich für eine Anwendung des § 179 BGB
, dass bei § 179 BGB
besonders das Vertrauen auf das Bestehen der Vertretungsmacht geschützt ist. Hier vertraute der J natürlich auf die bestehende Vertretungsmacht des D.
Abschließend kann jedoch hier (im Rahmen der Erstberatung) eine Anwendbarkeit oder Nichtanwendbarkeit des § 179 BGB
nicht geprüft werden. Dies könnte in einem juristischen Gutachten erörtert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan André Schmidt, LL.M.
Rechtsanwalt