Gerne zu Ihren Fragen:
Vorweg: Ich müsste wesentlich mehr zum Sachverhalt und zum Ablauf der Ereignisse vor Ort wissen, sowie auch zur Aufbau- und Ablauforganisation der Veranstaltung bzw. der Versammlung.
Im Prinzip genießt das Versammlungsrecht einen hohen grundgesetzlichen Schutz, der allerdings wichtigen Schranken unterworfen ist, explizit der Gewaltfreiheit, der Gefahrenabwehr durch Polizei und Ordnungsbehörden (nicht Feuerwehr) und selbstverständlich jeglichen strafrechtlichen Vorbehalts.
Generell beantworte ich deshalb Ihre Anfragen unter dem Vorbehalt einer Ferndiagnose:
Erfüllt der unverhältnismäßige WW-Einsatz (Missbrauch des staatl. Gewaltmonopols) den Tatbestand Landfriedensbruch?
Antwort: Die Rechtsprechung zu § 125 StGB ist außerordentlich kasuistisch (= fallbezogen).
Tatbestand ist, dass ...
1.Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder
2.Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit,
aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden....
wobei der Absatz 2 eine wichtige Einschränkung bezüglich Schuld und Irrtum vorsieht:
"(2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Handlungen in § 113 StGB mit Strafe bedroht sind, gilt § 113 Abs. 3, 4 StGB sinngemäß.
Erfüllt die Straßenblockade den Tatbestand Nötigung?
Antwort:
Auch zur Nötigung durch Straßenblockade ist die Rechtsprechung überaus umfangreich.
In jedem Fall muss es eine sog."verwerfliche Zweck-Mittel-Relation" geben, weil die Verwirklichung dieses sog. offenen Tatbestands die Rechtswidrigkeit des Handelns nicht indiziert, also nicht von selbst zur Folge hat.
Erfüllt die Straßenvereisung wg. Beregnung den Tatbestand d. gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr?
Antwort: Das kommt darauf an, ob die Straße z.B. vorher zeitlich befristet entwidmet, umgewidmet oder zumindest durch die zuständige Behörde gesperrt wurde. Anderenfalls und wenn Straßenverkehr bei verständiger Betrachtungsweise nicht auszuschließen war: Ja, dann würde ich zureichende Anhaltspunkte für eine Straftat nach § 315 b StGB sehen.
Hat sich ein in Zivil anwesender Polizeibeamter durch sein dabei untätig bleiben strafrechtlich relevant falsch verhalten?
Antwort:
Das kommt darauf an, ob der Beamte sich im Dienst befand, z.B. als Observant.
Oder nur privat. Im letzteren Fall würde das sog. Legalitätsprinzip ihn nur dann zur Anzeige (ggf. auch zur Gefahrenabwehr verpflichten, wenn es sich um schwere oder erhebliche Straftaten, sog. Schweretheorie handelt. Straftaten also, die nach Art oder Umfang öffentlichen Belange besonders berühren. Dann wäre eine Abwägung im Einzelfall zwischen seinem privatem Interesse und dem öffentlichem Interesse an der Strafverfolgung vorzunehmen. Wenn es diese Einschränkung nicht gäbe, wären Polizeibeamte (und auch Staatsanwälte) bzw. deren Familien sozial doch weitgehend sozial isoliert.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen