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Verwendung von Interviews

29. April 2011 23:09 |
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Medizinrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Ben Buder

Ich bin freier Videojournalist und führe u.a. für eine Reihe von Publikationen Interviews durch. Bei diesen Interviews sitzt der Interviewte vor der Kamera und beantwortet die gestellten Fragen. Nachdem das Band geschnitten ist, erhält der Interview - Partner das Interview zur Ansicht. Gemäß mündlicher Absprache kann bei berechtigtem Anlass, wenn nachweislich unbeabsichtlich etwas falsches gesagt wurde, die ein oder andere Antwort streichen lassen.

Im aktuellen Fall will die interviewte Person nun das ganze Interview zurückziehen, nicht weil inhaltlich etwas nicht stimmt, sondern weil angeblich nicht die Schokoladenseite getroffen wurde und man die Aufnahmen optisch unvorteilhaft findet.

Kann der Betreffende dies rechtlich durchsetzen oder reicht die zuerst gegebene Zustimmung aus, das Interview dennoch zu veröffentlichen? Wenn die Person, was im vorliegenden Fall nicht so ist, ein Politiker oder eine Person des öffentlichen Interesses ist, würde das die Beurteilung ändern?

Sehr geehrter Ratsuchender,

anhand des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts beantworte ich Ihre Frage wie folgt.

1.) Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22 , 23 KUG zu beurteilen (BGHZ 171, 275 , BGH VersR, 2010, 1090; WRP 2011, 73 ).Die Verbreitung von Bildnissen einer Person bedürfen grundsätzlich deren Einwilligung(§ 22 Satz 1 KUG ).

Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung nach § 22 KUG widerrufen werden kann, ist hingegen in Rechtsprechung und Rechtsliteratur umstritten. Teilweise (OLG München AfP 1989, 570 ,571) wird ein wichtiger Grund für den Widerruf verlangt, da derjenige, der eine Einwilligung erteilt hat, an den Inhalt seiner Erklärung gebunden ist. Teilweise wird vertreten, dass sich die innere Einstellung des Betroffenen geändert haben muss (Frömming/Peters NJW 1996, 958). Teilweise (Löffler/Steffen § 6 LPG Rdz. 127) werden „gewichtige Gründe" verlangt, die den Widerruf rechtfertigen. Ein aktuelles Beispiel in einer Entscheidung des LG Düsseldorf v. 27.10.2010 -12 O 309/10 - (Interview nach Loveparade Unglück): Danach kann ein Widerruf nur dann erfolgen, wenn die Bedeutung des Persönlichkeitsrechts dies gebietet; dies kann dann der Fall sein, wenn veränderte Umstände vorliegen, die auf einer gewandelten inneren Einstellung basieren, so dass es dem Betroffenen nicht mehr zumutbar ist, an der einmal gegebenen Einwilligung noch festgehalten zu werden.
Hier kommt es maßgeblich auch auf die Intensität des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht an.

Der in Ihrem Fall angegebene Grund dürfte keinen Widerruf rechtfertigen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 14.09.2010 – 1 BvR 1842/08 ; BVerfGE 101, 361 , 380; 120, 180 , 198; NJW 2000, 2191 ), des Bundesgerichtshofs (WRP 2011, 70 ) und des Senats (ZUM-RD 2010, 320 ) hat niemand einen Anspruch darauf, von anderen so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder gesehen werden möchte (vgl. OLG Frankfurt Urt. v. 24.02.2011 -16 U 172/10 - Volltextveröffentlichung im Internet).

2.) Auf die Frage, ob sich etwas dadurch ändert, dass der Betroffene Politiker oder Person des öffentlichen Interesses ist, kommt es also nicht an.
Nach § 23 KUG Abs.1 Nr.1 KUG ist die Einwilligung aber entbehrlich, wenn es sich um Bildnisse der Zeitgeschichte handelt. Allerdings schränkt § 23 Abs.2 dies dahingehend ein, dass die Befugnis sich nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird, erstreckt.
Auch hier wird die Intensität des Eingriffs und vor allem, ob die stärker geschützten Bereiche Privatsphäre und Intimspähre verletzt sind, eine Rolle spielen. Die Rechtsprechung neigt zu einer Einzelfallabwägung.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser ersten Einschätzung weiterhelfen. Für eine Nachfrage stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

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