Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:
Die Problematik bei der Beantwortung Ihrer Frage liegt darin, dass - wie von Ihnen vermutlich auch bereits festgestellt - der Anliegerbegriff gesetzlich nicht definiert ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. 2. 2000, 3 C 14.99, folgendes festgestellt:
Zitat:Hiernach werden ohne weiteres diejenigen Verkehrsteilnehmer vom Anliegerbegriff erfaßt, die wie die Kläger Eigentümer oder Nutzungsberechtigte eines Grundstücks sind, welches an der Straße "anliegt". Darüber hinaus bezweifelt der erkennende Senat nicht die Richtigkeit der inzwischen gefestigten Auffassung, wonach der Verkehr mit Anliegern geschützt ist (vgl. BGH, a. a. O., S. 244). Mithin sind zum Verkehr mit einem Anlieger alle Personen berechtigt, die zu ihm Beziehungen irgendwelcher Art unterhalten oder anknüpfen wollen. So wird gewährleistet, daß einem Anlieger durch das Verkehrsverbot, von dem er ohne Beschränkungen befreit sein soll, keine Nachteile entstehen.
Es gibt dementsprechend grds. 2 Gruppen: Die Eigentümer oder Nutzungsbrechtigten eines im Bereich liegenden Grundstücks und diejenigen, die aufgrund einer Beziehung zu einem Anlieger o.ä. den Bereich betreten.
Sie gehören unzweifelhaft zur ersten Gruppe, so dass Sie danach das Gebiet befahren und auch dort parken können.
Auch der BGH trennt in einer Entscheidung vom 09.07.1965, 4 StR 191/65, zwischen dem Anlieger und dem Verkehr mit den Anliegern:
Zitat:Die straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen umschreiben weder den Begriff des "Anliegers" noch den des "Anliegerverkehrs". Deshalb ist die Bedeutung dieser Begriffe nach dem Sprachgebrauch und der bisherigen Übung zu ermitteln (OLG Köln VRS 17, 387, 388). Danach wird die Anliegereigenschaft durch rechtliche Beziehungen zu den an die gesperrte Straße anliegenden bebauten oder unbebauten, auf andere Weise nicht zugänglichen Grundstücken oder den auf ihnen errichteten Anlagen bestimmt (Koch DAR 1962, 144). Sie ist nicht auf dinglich oder schuldrechtlich Berechtigte (Eigentümer, Pächter, Mieter u. dgl.) beschränkt (so OLG Celle aaO), sondern erstreckt sich auch auf Personen, die aus sonstigem Grunde – öffentlichrechtlicher oder privater Art – auf eine gewisse Dauer zum Betreten oder Benutzen der anliegenden Grundstücke befugt sind (vgl. BayObLG VRS 27, 381; OLG Köln VRS 25, 367 f). Nur dann kann z.B., was ein dringendes Bedürfnis fordert, die Freistellung vom Verbot auch auf die nach der Verkehrsanschauung den unmittelbar Grundstücksberechtigten gleichstehenden Nutzungs- und Aneignungsberechtigten (Jagdpächter, Fischereiberechtigte u. dgl.) bezogen werden, die anderenfalls ihr Recht möglicherweise nicht ausüben könnten.
Zitat:Anlieger in diesem Sinn ist der Angeklagte nicht. Dagegen spricht, daß die dem Anliegerbegriff eigene enge Verknüpfung mit dem "anliegenden Grundstück" fehlt, die Rechtsbeziehungen von gewisser Dauer und Bestimmbarkeit voraussetzt.
Indessen bezieht sich die Ausnahmeerlaubnis "Anlieger frei" nicht nur auf den Verkehr der Anlieger selbst, sondern auch auf den Verkehr mit den Anliegern. Zum Verkehr mit dem Anlieger, mithin auch zu dem Anliegergrundstück, sind alle Personen berechtigt, die zu dem Anlieger Beziehungen irgendwelcher Art unterhalten oder anknüpfen wollen (vgl. BayObLG a.a.O.). Nur so wird gewährleistet, daß dem Anlieger durch das Verkehrsverbot, von dem er ohne Beschränkungen befreit sein soll, keine Nachteile entstehen. Die Rechtsprechung bezeichnet den Anliegerverkehr deshalb als den "Verkehr von und zu den an der gesperrten Straße liegenden Grundstücken und Geschäften" (OLG Hamm VerkMitt 1959, 24; OLG Schleswig VRS 9, 58; KG VRS 11, 147; so auch Floegel/Hartung, 15. Aufl. 1965, Rdn. 8 zu § 3 StVO).
Da es bei dem Schild „Anlieger frei" zunächst nicht um Ihr Anliegen, sondern um Ihre Anliegereigenschaft geht, die aufgrund Ihres Eigentums ja unzweifelhaft besteht, spricht hier alles dafür, dass Sie die Straße bzw. das Gebiet (hier muss man im Einzelnen prüfen, ob dies wirklich komplett umfasst ist) befahren und dort auch parken dürfen.
Andernfalls müsste man auch einem Wohnungseigentümer, der die Wohnung nur als Wochenenddomizil nutzt, z.B. auch ein Parken während seiner Abwesenheit untersagen.
Ein Verbot des Parkens (abgesehen von den Zeitpunkten, in denen Sie ein Anliegen bzgl. Ihres Oldtimers oder Ihrer Garage haben) könnte man nur annehmen, wenn man den Anliegerbegriff anders definiert, d.h. ausschließlich danach, ob Sie zur Zeit des Befahrens und Parkens ein Anliegen haben. Gerade bei einer Garage wäre eine solche Argumentation ja auf den ersten Blick nicht unlogisch und durchaus nachvollziehbar.
Ich habe sowohl im entsprechenden Kommentar als auch bei einer Rechtsprechungsrecherche keinen Fall gefunden, der konkret Ihre Konstellation trifft, allerdings auch keinen Fall, der einem Eigentümer selbst das Befahren oder Parken verbietet. Aufgrund der eingangs erwähnten Trennung der Begriffe Anlieger vom Anliegerverkehr dürften entsprechende Konstellationen aber auch selten gerichtlich entschieden werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen. Auf keinen Fall lässt sich ausschließen, dass eine Behörde dies anders sieht und Knöllchen verteilt. Ich gehe aber nicht davon aus, dass dies einer Überprüfung standhalten würde. Sollte es wider Erwarten zu Streit mit der Behörde kommen, können Sie mich gerne kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen