Sehr geehrte Fragensteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Anhand Ihrer Angaben beantworte ich Ihre Fragestellungen wie folgt:
Zunächst rate ich Ihnen, umgehend einen Kollegen vor Ort -wie von Ihnen bereits in Erwägung gezogen- zu konsultieren. Ferner empfehle ich Ihnen, sich einen Anwalt zu suchen, der in diesem Bereich spezialisiert ist. Sodann kann der Kollege Akteneinsicht beantragen und die laufenden Fristen wahren. Nach Akteneinsicht kann das konkrete Vorgehen in Ihrem Fall besprochen werden.
Das Augenmerk sollte bei Ihrer Einlassung meines Erachtens darauf gerichtet werden, dass Sie durch die ständig wechselnden Überholverbotsschilder reizüberflutet waren. Fordern Sie die Behörde zur Vorlage eines ggf. vorhandenen Berichts über die ordnungsgemäße Funktion der Anlagen am Tattag und ein Gutachten über die Programmierung der Anlage auf. So könnten Sie den Beweis führen, dass die Hysterese zu kurz programmiert ist und damit die Verkehrsanlage zu einer Reizüberflutung bei den Verkehrsteilnehmern führt.
Um bei Ihnen keine falschen Hoffnungen zu wecken, weise ich darauf hin, dass es natürlich so ist, dass sich generell jeder Verkehrsteilnehmer an das jeweils geltende Verkehrsschild zu halten hat. D.h. in Ihrem Fall, dass nicht grundsätzlich das Zeichen 282 gilt, sondern jeweils die LED-Anzeige. Die Rechtsprechung entscheidet für gewöhnlich freundlicher bei Ortsunkundigen. Auf der anderen Seite sind sie Berufskraftfahrer und sehr erfahren. Für Sie spricht aber ganz eindeutig die Tatsache, dass Sie bislang punktefrei waren.
Sie selbst gehen davon aus, einem Verbotsirrtum erlegen zu sein. Ich gehe davon aus, dass es sich um einen Tatbestandsirrtum handelt. Ich verstehe Sie so, dass Sie die Überholverbotsschilder in der Reizflut nicht mehr wahrgenommen haben. Dann liegt Ihr Irrtum im tatsächlichem Bereich und es liegt Unkenntnis der Wirklichkeit vor.
Die Frage Verbotsirrtum oder Tatbestandsirrtum ist für die Beweisführung von Bedeutung. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass bei Verkehrsordnungswidrigkeiten auch fahrlässiges Verhalten geahndet wird. Die Frage ob Vorsatz oder Fahrlässigkeit ist nur für die Höhe der Geldbuße relevant. Allerdings muss in Ihrem Fall geprüft werden, ob Ihnen nicht nur objektiv ein Fahrlässigkeitsvorwurf entgegengehalten werden kann, da Sie subjektiv nicht schuldhaft gehandelt haben.
Hingegen läge ein Verbotsirrtum bei Ihnen vor, wenn Sie argumentieren würde, ich habe das Überholverbotszeichen nicht gekannt oder die LED-Anzeigen sind rechtswidrig. Dann käme es darauf an, ob der Irrtum vermeidbar war.
Abschließend empfehle ich Ihnen, möglichst außergerichtlich eine Einigung mit der Behörde zu erzielen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen ersten Einschätzungen weiterhelfen konnte und verweise bei Unklarheiten nochmals auf die kostenlose Nachfragefunktion.
Einstweilen verbleibe ich
mit besten Grüßen
Inga Dransfeld-Haase
Rechtsanwältin
E-Mail: dr-haase@dr-schwoebbermeyer.de
Ich bitte noch folgendes zu beachten:
Die Beratung ist beschränkt durch die von Ihnen gegebenen Informationen. Es kann entsprechend den vorliegenden Bedingungen nur ein erster Überblick geboten werden, der eine abschließende, umfassende und verbindliche Anwaltsberatung nicht ersetzen kann. Der Umfang der Antwort steht weiterhin in Abhängigkeit zu Ihrem eingesetzten Honorar.
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Dransfeld-Haase,
herzlichen Dank zunächst für Ihre gute Antwort, welche wohl auf alle wesentlichen Punkte des Falles korrekt eingeht! Darf ich fragen: sind Sie bundesweit tätig und würden den Fall nach Rücksprache mit meiner RS-Versicherung, bei der ich seit Jahrzehnten versichert bin, übernehmen?
Zum Sachverhalt: Aufgrund eines arbeitsmedizinischen Gutachtens kann ich diesen Beruf (Kraftfahrer) in Zukunft wegen körperlicher und mentaler Überforderung praktisch nicht mehr ausüben.
Die amtl. Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme (Anhörung) habe ich bereits vor einigen Wochen erhalten, ein Bußgeldbescheid wurde aber bisher nicht erlassen bzw. nicht zugestellt. Ich denke mir, daß dies wegen der weihnachtlichen Schonfrist noch nicht geschehen ist, ich nun aber binnen wenigen Tagen mit dem Eingang eines Bescheides rechnen muß. Sollte ich auf der Grundlage unserer Erörterung diese Stellungnahme jetzt zunächst einmal selber abgeben (noch heute, per Fax), oder dies besser einem Anwalt überlassen?
Dankeschön und freundliche Grüße!
Sehr geehrter Ratsuchender!
Vielen Dank für Ihre Nachfrage! Ich bedanke mich für Ihre entgegengebrachte Wertschätzung und erkläre mich bereit, Ihren Fall zu übernehmen, würde aber wahrscheinlich für erforderliche Terminswahrnehmungen einen Korrespondenzanwalt mit Zustimmung Ihrer RS-Versicherung einschalten. D.h. beispielsweise zum Gerichtstermin würde ein Kollege vor Ort Sie begleiten. Ich bitte dies bei Ihrer Entscheidung zu beachten.
Im Übrigen drücke ich Ihnen vorrangig die Daumen, dass erst gar kein Bußgeldbescheid gegen Sie erlassen wird. Realistischerweise befinden Sie sich aber tatsächlich in der Schonfrist.
Ohne Akteneinsicht rate ich Ihnen des Weiteren nicht zu einer Stellungnahme, denn von der einmal getroffenen Einlassung können Sie nicht mehr abrücken. Zudem wird Ihre RS-Versicherung die gesamten, mithin auch die außergerichtlichen Kosten, tragen, sodass Sie kein Kostenrisiko trifft.
Abschließend empfehle ich Ihnen in einer Gesamtschau Ihrer Sachverhaltsschilderungen, vorsorglich einen Antrag auf Feststellung eines Grades der Schwerbehinderung und einen Rentenantrag zu stellen. Ab einem Grad der Schwerbehinderung von 50 muss das Integrationsamt einer Kündigung zustimmen. Ggf. kommt volle Erwerbsminderungsrente in Ihrem Fall in Betracht.
Mit freundlichen Grüßen
Inga Dransfeld-Haase
dr-haase@dr-schwoebbermeyer.de