Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage wird dankend angenommen mit dem hinweis, dass die Themtaik ganze Aufsätze und Doktorarbeiten füllen könnte. Für den getätigten absoluten Mindesteinsatz ist aber offenbar nur eine kurze Beantwortung ihrer Fragen erwünscht.
"Der IS gilt als terroristische Vereinigung. Wenn man nun den Mitgliedern des IS durch aktives Handeln die Möglichkeit eröffnet, andere Länder zu erreichen, um dort den Kampf für die Ziele des IS weiterzuführen, und sich somit auszubreiten, unter welchen Randbedingungen würde das Unterstützung einer terroristischen Vereinigung sein ?
Würde eine Einzelperson beispielsweise IS-Kämpfer in ein Transportfahrzeug laden und diese nach Deutschland bringen, vielleicht auch ohne konkretes Wissen über deren Anschlagspläne, aber jedenfalls mit dem Wissen dass es zu solchen kommen kann und wahrscheinlich wird, vermute ich dass dies strafrechtlich als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gelten würde"
Nadch § 129a V StGB
gilt, dass wer eine in dort Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird
Strafbar ist nach § 15 StGB
aber nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. Bei einer Unterstützungshandlung, also auch dem Transport von Kämpfern, muss also irgendeine Form des konkreten Vorsatzes vorliegen; es dürfte also darauf ankommen, wie wahrscheinlich die Verübung der in § 129a genannten Taten sein wird und dies vom Vorsatz des Unterstützers umfasst ist.
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Wenn nun eine Grenzöffnung Deutschlands, die eine politische Entscheidung war, verbunden wurde mit dem Aussetzen der sofortigen Feststellung von Personalien und Hintergrund der Einreisenden, so wurde über die politisch-humanitäre Entscheidung hinaus ein Sachverhalt erzeugt, welcher grosse Ähnlichkeit zu haben scheint mit dem erstgenannten Gedankenmodell.
Die grenzöffnung dient nicht, auch nicht im Ansatz dazu, IS-Terroristen ins Land zu lassen.
Einen zentralen Unterschied, den ich juristisch und nicht logistisch bewertet wissen möchte, sehe ich in der Thematik, ob Flüchtlinge nach den bisherigen Maßgaben der Personenkontrolle, also mit Personalienprüfung und Datenbankabfrage sowie Zollkontrolle des mitgeführten Gepäcks auf verbotene Gegenstände, oder frei und unkontrolliert einreisen durften.
Daher die zu beantwortende Frage: Welcher Sachverhalt sollte im Falle der unkontrollierten Grenzöffnung dazu geführt haben, dass die Entscheidungsträger der deutschen Regierung sich NICHT der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung schuldig gemacht hätten ?
Dieser liegt in § 15 StGB
verborgen, wonach für die verwirklichung eines Straftatbestandes Vorsatz notwendig ist. Dort gibt es 3 Formen:
Dolus directus 1. Grades ("Absicht"): Die Absicht ist der zielgerichtete Wille, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen.
Dies kann hier ausgeschlossen werden.
Dolus directus 2. Grades ("direkter Vorsatz"): Der Täter muss den Erfolg durch wissentliches Handeln herbeiführen.
Ein Wissen dahingehend, dass die mitglieder der Regierung wissen würden, Terroristen ins Land zu lassen, die Taten i.S.d. § 129a StGB
planen, ist nicht anzunehmen, andernfalls unmöglich zu beweisen.
Dolus eventualis ("Eventual- oder bedingter Vorsatz"): nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs ist der bedingte Vorsatz gegeben, wenn der Täter "den Taterfolg für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat".
Auch hier werden Sie der Bundesregierung nicht vorwerfen können, durch die Grenzöffnung die Möglichkeit von Straftaten i.S.d. § 129a StGB
billigend in Kauf genommen zu haben. Selbst wenn die theoretische Möglichkeit der Einreise solcher Personengruppen erkannt wurde, ist es nach strafrechtlichen Masstäben nicht anzunehmen, dass die Erfüllung des Straftatbestandes billigend in Kauf genommen wurde. Natürlich lässt sich hier anders argumentieren; dann aber müsste der ganze Schengen-Raum in Frage gestellt werden, da mit jeder Grenzöffnung die theoretische Gefahr der Einreise von Terroristen besteht. Wenn die Einreise also durch politische Entscheidungen begündtigt wird, ist dennoch kein Vorsatztatbestand durch irgendwelche Entscheidungsträger verwirklicht; Fahrlässigkeit ist hingegen nicht unter Strafe gestellt, und stellt somit keine Unterstützungshandlung dar.
Interessant wäre sicherlich, hier ein Unterlassen zu prüfen. Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Dies könnte durch mangelnde Personenkontrollen zwar erfüllt sein, so dass man eventuell in diese Richtung argumentieren könnte. Natürlich werden Sie am Ende des Tages der Regierung den strafrechtlichen Vorwurf ( wem überhaupt genau? ) nicht aufrecht erhalten können.Nach dem Plan der Regierung sollen ja nur Flüchtlinge, keine Terroristen einreisen. Dass sich diese unter den Flüchtlingen befinden, dafür müssten gesicherte Erkenntnisse bestehen, und trotz Garantenstellung für jeden Bundesbürger die Einreise und Verübung von Taten iSd § 129a StGB
bewusst in Kauf genommen werden.Eine entsprechende Argumentation wäre natürlich möglich, aber nicht ausreichend für eine strafrechtliche Verurteilung.
Eine Unterstützungshandlung wäre es übrigens beispielsweise, wie im Fall vor dem OLG Düsseldorf verhandelt, der IS Geldbeträge zu überweisen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
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