Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre korrigierte Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben unter Berücksichtigung des ausgelobten Einsatzes gerne beantworten möchte.
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, sodass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.
Dies vorausgeschickt wird das Folgende ausgeführt:
Das FA konnte Sie rückwirkend als Gewerbetreibenden einstufen, denn die Unternehmereigenschaft beginnt mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen beabsichtigt ist und die Ernsthaftigkeit dieser Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird (Abschn. 19 Abs. 1 UStR).
Diese Voraussetzungen sind nach Ihren Angaben seit dem 01.04.1999 erfüllt, sodass es auf die Gewerbeanmeldung (01.10.2006) nicht mehr ankommt.
Die Umsatzsteuer-Nachschau i. S. des § 27b UStG
ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung möglicher steuerrechtlicher Sachverhalte.
Sie kommt insbesondere – wie in Ihrem Fall - als Existenzprüfung bei neu gegründeten Unternehmen in Betracht (Abschn. 282b Abs. 2 Nr. 1 UStR).
Nach § 27b Abs. 3 UStG
kann dann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer USt-Sonderprüfung übergegangen werden, wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben.
Der Übergang zur USt-Sonderprüfung ist gem. Abschn. 282b Abs. 9 Satz 6 UStR regelmäßig geboten, wenn die sofortige Sachverhaltsaufklärung (z. B. Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, vollständige Erfassung von Umsätzen) zweckmäßig erscheint.
Nach § 27b Abs. 3 Satz 2 UStG
ist der Unternehmer auf diesen Übergang schriftlich hinzuweisen.
Es müsste Ihnen also ein entsprechender Verwaltungsakt vorliegen, aus dem ersichtlich ist, weshalb der Prüfer diesen Übergang veranlasst hat.
Für Rückfragen stehe ich im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion gerne zur Verfügung oder auch im Rahmen einer Mandatserteilung; am Besten per E-Mail: reinhard.schweizer@gmx.net
Mit freundlichen Grüßen
RA, Dipl.-Fw. Schweizer
Antwort
vonRechtsanwalt Reinhard Schweizer
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Tel: 0214 / 2061697
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Reinhard-Schweizer-__l103443.html
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Danke sehr, das war schon recht interessant!
Können Sie vielleicht bitte noch einmal etwas eingehender erklären, ab wann und nach welchen Kriterien das FA (aber auch das allgm. Recht) einen Menschen, der eigene und geschenkte Kleinartikel (gebraucht) verkauft als Unternehmer oder "unternehmerisch tätig" einstufen kann?
Danke und freundl. Gruß
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Der Unternehmerbegriff ergibt sich aus § 2 Abs. 1 UStG
.
Unternehmer ist danach, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit, wenn sie auf Dauer zur Erzielung von Einnahmen angelegt ist, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt (§ 2 Abs. 1
Sätze 1 + 3 UStG).
Ob dies der Fall ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall. Die für und gegen die Nachhaltigkeit sprechenden Merkmale müssen gegeneinander abgewogen werden.
Als Kriterien für die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit kommen nach Abschn. 18 Abs. 2 UStR z. B. insbesondere in Betracht:
- mehrjährige Tätigkeit
- auf Wiederholung angelegte Tätigkeit
- die Ausführung mehr als nur eines Umsatzes
- Beteiligung am Markt
- Auftreten wie ein Händler
Diese Voraussetzungen sind bei Ihnen offensichtlich erfüllt, da Sie bei eBay tätig sind, eigene und gebrauchte Kleinartikel verkaufen und schon zahlreiche Bewertungen erhalten haben. Dass der Monatsumsatz keines falls über 150,00 € liegt, ist insoweit unerheblich, da - wie bereits dargestellt - die bloße Einnahmeerzielungsabsicht ausreicht.
Die Unternehmereigenschaft beginnt mit der ersten Vorbereitungshandlung (Abschn. 19 Abs. 1 UStR).
Als Nachweis für die Ernsthaftigkeit sind Vorbereitungshandlungen anzusehen, wenn bezogene Gegenstände ihrer Art nach nur zur unternehmerischen Verwendung bestimmt sind ode in einem objektiven und zweifelsfrei erkennbaren Zusammenhang mit der beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit stehen.
Solche Vorbereitungshandlungen können nach Abschn. 19 Abs. 2 UStR insbesondere u. a. die Abgabe eines Angebotes für eine Lieferung gegen Entgelt sein.
Diese Voraussetzungen sind bei Ihnen wohl seit dem 01.04.1999 erfüllt, da Sie ab diesem Zeitpunkt bei eBay Gegenstände zum Verkauf anbieten.
Wie bereits ausgeführt, kommt es auf die Gewerbeanmeldung dann nicht mehr an.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Erklärungen weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
RA Dipl.-Fw. Schweizer