Sehr geehrte Fragestellerin,
das war im Rahmen meiner Ersteinschätzung auf Basis des mitgeteilten Kurzsachverhalts vermutlich nicht zulässig, wobei auch eine Rolle spielt, was genau aufgezeichnet wurde (z.B. nur Schreien Ihres Kindes oder auch Ihre verbale erzieherische Einwirkung bzw. ein Mutter-Tochter-Gespräch). Der Sachverhaltsschilderung entnehme ich, dass Ihnen die Aufnahmen inhaltlich eventuell selbst nicht bekannt sind.
Zitat:ein bzw. mehrere Wutanfälle
Zitat:mich und meine Tochter im Treppenhaus aufgenommen
Ich möchte Sie daher zur allgemeinen Orientierung auf eine höchstrichterliche Entscheidung hinweisen.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20.05.1958 entschieden (amtliche Leitsätze BGH, 20.05.1958 - VI ZR 104/57 -):
1.
Wer ein Gespräch ohne Zustimmung des Gesprächspartners durch Anwendung eines Tonbandes (Tonträgers) festlegt, verletzt in der Regel das durch Art. 1 , 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht, das die Person in ihrer persönlichkeitsrechtlichen Eigensphäre schützt.
2.
Nur in besonderen Ausnahmefällen (Notwehr, Verfolgung überwiegender berechtigter Interessen) kann die Widerrechtlichkeit eines solchen Eingriffs entfallen.
3.
Angesichts der Bedeutung, die dem Schutz der Eigensphäre der Persönlichkeit zukommt, reicht das private Interesse an einer Beweismittelbeschaffung allein in der Regel nicht aus, eine heimliche Tonaufnahme eines Gesprächs zu rechtfertigen.
Sie können wohl verlangen, dass die Aufnahmen gelöscht werden, §§ 823, 1004 BGB- und künftig solche Aufnahmen unterlassen werden. Vor kostenauslösenden Maßnahmen (z.B. Klagerhebung) müsste der detaillierte Sachverhalt aber nochmal gründlich durchgeprüft werden (vgl. insoweit z.B. auch die "Gesprächsqualität" sowie den zweiten Leitsatz zu denkbaren Ausnahmefällen).
Ich empfehle heute zunächst (vgl. jedoch Frist für Strafantrag weiter unten), dass Sie Nachbarn und Vermieter selbst (aber nachweisbar) zur Löschung auffordern und sich dabei auf die mitgeteilte höchstrichterliche Entscheidung beziehen.
Ebenfalls sollten Sie zur künftigen Unterlassung (Aufnahme, Weiterleitung, Speicherung, Nutzung) auffordern.
Flankierend sollte in dem an die Nachbarn gerichteten Anschreiben auf die mögliche Strafbarkeit hingewiesen werden. Dabei gebe ich zu bedenken: Ein von den Ermittlungsbehörden eingestelltes Strafverfahren kann genau die unerwünschte Wirkung ("Bestärkung") haben, weswegen die bloße Ankündigung einer Strafanzeige für den Wiederholungsfall effektiver sein könnte. Dann sollte sie aber in der Regel auch erfolgen.
Mit Ihrem Hinweis auf das Treppenhaus als "nichtöffentlichen Bereich" spielen Sie vermutlich auf den Tatbestand des § 201 StGB an. Bloß weil Sie mit Ihrem Kleinkind im Treppenhaus eines Hauses mit nur drei Mietparteien waren, entfällt nicht zwingend das Tatbestandsmerkmal "nichtöffentlich gesprochenes Wort"; es kommt auch hier auf die Einzelfallumstände an. So wird beispielweise eine Äußerung nicht öffentlich, wenn unerbetene Lauscher mithören, mit denen nach den Umständen nicht gerechnet werden musste, T/F, StGB, 53. Auflage, § 201 Randnummer 3 mit weiteren Nachweisen. Ob das so war, kann ich von hier aus nicht einschätzen (Tatzeit etc.).
Eine Strafanzeige ist sicherlich für den Hausfrieden nicht förderlich, aber natürlich möglich. Hier sollten Sie aber nur den Sachverhalt mitteilen, den Sie sicher und belastbar kennen, keine Mutmaßungen, um sich nicht selbst dem Risiko strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen. Die Tat wird (wenn überhaupt) nur verfolgt, wenn Sie auch (zusätzlich zur Strafanzeige) Strafantrag stellen, § 205 StGB . Hierzu bestimmt das Gesetz in § 77b StGB :
(1) 1Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterläßt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. 2Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.
(2) 1Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. 2Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten kommt es auf dessen Kenntnis an.
Wegen der mietrechtlichen Problemstellung sollten Sie sich vorsorglich spezialisiert beraten lassen, wenn nicht bereits erfolgt.
Zitat:aber darum geht es mir nicht.
Freundliche Grüße und ein gutes neues Jahr
Stefan Pleßl, RA