Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte sie unter Berücksichtigung Ihrer Angaben und unter der Annahme, dass Sie erstinstanzlich durch ein Amtsgericht verurteilt wurden, wie folgt beantworten:
Mit der Berufung erreichen Sie die Überprüfung erstinstanzliche Urteile in rechtlicher UND tatsächlicher Hinsicht. Das Berufungsgericht prüft also zum einen nach, ob das erstinstanzliche Gericht die Gesetze zutreffend angewendet hat. Zum anderen überprüft es, ob der Sachverhalt, den das erstinstanzliche Gericht angenommen hat, tatsächlich zutrifft. Hierzu kann das Berufungsgericht - wie das Gericht erster Instanz - Beweise erheben. Hierauf kommt es Ihnen, soweit ich Ihre Ausführungen richtig verstanden habe, auch an: Eine zweite Beweisaufnahme und tatsächliche Würdigung. Im Berufungsverfahren können bereits vernommene Zeugen angehört oder aber auch ganz neue Beweise erhoben werden.
Das geht bei der Revision nicht.
Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil RECHTLICH fehlerhaft ist. Nicht geltend gemacht werden kann hingegen, das erstinstanzliche Gericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen.
Eine Annahmeberufung nach § 313 StPO
wäre es, falls es beispielsweise um eine Verurteilung von nicht mehr als 15 Tagessätzen geht. Sollte das Gericht die Berufung wegen "offensichtlicher Unbegründetheit" nach § 313 Abs. 2 StPO
nicht annehmen, gibt es kein weiteres Rechtsmittel mehr. Die Idee, dieses Risiko durch eine Sprungrevision zu umgehen, ist nur dann sinnvoll, wenn Sie NUR die rechtliche Überprüfung des Urteils und nicht auch eine auf Tatsachenebene wünschen.
Sollte es sich in Ihrem Fall um eine "normale" und keine Annahmeberufung (> 15 Tagessätze, s. § 313 StPO
) handeln, würden Sie sich mit der Sprungrevision eine Instanz nehmen, wozu keine Veranlassung besteht.
Zu Form und Frist:
Berufung und Revision müssen binnen einer Woche seit Verkündung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, eingelegt werden. Die Revision muss anschließend durch einen Rechtsanwalt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet werden.
Ich hoffe, Ihnen durch diese Antwort eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben.
Sollten Unklarheiten bestehen, stehe ich Ihnen gerne weiterhin zur Verfügung.
An dieser Stelle möchte ich mir noch den Hinweis erlauben, dass die rechtliche Einschätzung ausschließlich auf den von Ihnen mitgeteilten Tatsachen beruht und dass durch das Hinzufügen oder Weglassen von weiteren tatsächlichen Angaben die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen kann. Auch aus diesem Grunde, kann und soll diese Plattform eine umfassende Begutachtung durch eine Kollegen vor Ort nicht ersetzen, sondern lediglich eine erste Orientierung bieten.
Hallo,
vielen Dank für die schnelle Antwort.
die Fristen sind mir bekannt und auch der Unterschied zwischen Berufung und Revision.
eine Frage zielte auf die Form für mich als juristischen Laien.
kann ich einfach nur schreiben: Ich lege Rechtsmittel gegen das Urteil ein und behalte mir das Wahlrecht innerhalb der Revisionsfrist vor.
Ich vermute das ein Wechsel von Berufung zur Revision sich schwieriger gestaltet. Zwar habe ich dazu ein OLG Urteil gelesen welches dies positiv bewertet, aber nichts zur ständigen Rechtssprechung aus Berlin oder vom BGH gefunden.
Sollte ich mich hier irren bitte ich um Aufklärung
zum anderen habe ich Angst das die berliner Justiz die Annahmeberufung instrumentalsiert hat und durch die Möglichkeit der Ablehnung ohne Begründung und ohne weiterer Rechtsmittel auch eine fundierte 500 Seiten Berufungsbegründung mit einem Satz abgelehnt wird.
Sehr geehrter Fragesteller,
Sie können auch im Fall der Annahmeberufung nach der herrschenden Meinung innerhalb der Frist ein Rechtsmittel einlegen und dieses zunächst nicht benennen und sich erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist entscheiden, ob es eine Berufung mit Antrag auf Annahme der Berufung oder eine Sprungrevision sein soll. Nach Ablauf der Frist wird das Rechtsmittel als Berufung gewertet, wenn Sie nichts Gegenteiliges erlären.
Es handelt sich bei dem von Ihnen angesprochen Vorgehen dann nicht um einen Wechsel vom einen zum anderen Rechtsmittel, sondern Sie benennen die Art des Rechtsmittels dadurch nur später. Vielleicht behandelt das Urteil welches Sie meinen den Fall, dass zunächst Berufung (und nicht einfach nur "Rechtsmittel") eingelegt wurde und dann in der Revisionsbegründungsfrist zur Revision gewechselt wird. Das ist aber grundsätzlich auch möglich. Sie können daher innerhalb der Frist des § 354 I StPO
sowohl von einem unbestimmten Rechstmittel als auch von einer zunächst eingelegten Berufung zur Revision wechseln.
Zu Ihrer Sorge kann ich nur auf § 313 Abs. 2 StPO
verweisen. Eine Ablehnung der Annahme zur Berufung erfolgt nur bei offensichtlicher Unbegründetheit. Dass ein einzelnes Gericht leichter als ein anderes zur offensichtlichen Unbegründetheit kommt mag durchaus sein, ändert aber an der grundsätzlichen Frage, ob eine Revision für Sie überhaupt geeignet ist, nichts. Eine solche kann nach § 337 StPO
nur auf das Fehlen von Verfahrensvoraussrtzungen oder auf die Verletzung von Verfahrensrecht oder materiellem Recht gestützt werden.
Die offensichtliche Unbegründetheit der Annahmeberufung kann unabhängig von der Länge der Berufungsbegründung angenommen werden. Die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels in Ihrem konkreten Fall können mangels Kenntnis der gerichtlichen Akte und des Urteils nebst Begründung nicht beurteilt werden. Das wäre dann eher im Rahmen einer Beauftragung eines Kollegen vor Ort zu klären und würde den Rahmen einer Anfrage sprengen. Ihre Vermutung zur Instrumentailisierung der Annahmeberufung durch die Berliner Justiz ist sicherlich unbegründet. Es mag aber sein, dass der Gesetzgeber bei Einführung des § 313 StPO
die Auswirkungen auf die Revision nicht ausreichend bedacht hat.
Eine Revision macht aber in jedem Fall nur dann Sinn, wenn Sie rechtliche Fehler rügen wollen. Damit bestünde die Möglichkeit einer erneuten Sachverhaltsprüfung im Gegensatz zur Berufung nicht.