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Schwebend unwirksamer Kauf Online

| 16. Oktober 2010 20:15 |
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Kaufrecht


Beantwortet von

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
mein Sohn (15 Jahre) hat auf eigene Faust, d.h. ohne Genehimgung der Eltern, teillweise unter Vorspiegelung eines falschen Geburtsdatums (er hat sich älter gemacht) bei mehreren Online-Shops Waren bestellt. Die Sache ist aufgeflogen, als er nicht mehr zahlen konnte und die Zahlungsaufforderungen eines Inkassobüros ins Haus flatterten.
Mir ist bekannt, dass diese Geschäfte schwebend unwirksam sind und rückabgewickelt werden können. Ich habe einige Dinge bezahlt, weil er die Waren benutzt bzw. verbraucht hat und der Kauf damit nicht so einfach rückabzuwickeln ist.
Nun verbleibt ein Versandhaus, wo er mit einem hohen Betrag in der Schuld steht. Meine Fragen:
Wenn ich nun seine beschränkte Geschäftsfähigkeit geltend mache, drohen mir
a) Schadensersatzforderungen des Verkäufers (weil die Waren ja auch schon ver- bzw gebraucht sind) ?
und b) kann man mir aus der Bezahlung von einigen Teilzahlungsraten eine nachträgliche Genehmigung des Kaufvertrags gegenhalten (konkludentes Verhalten) ?
oder anders ausgedrückt, ist die Geltendmachung seiner Minderjährigkeit ohne Risiko für die Eltern?
Die AGBs des versandhauses sagen nichts über geschäfte mit Minderjährigen aus und es gab auch keine Prüfung des Alters.
Mit freundlichen Grüßen

16. Oktober 2010 | 22:12

Antwort

von


(2736)
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
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Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Schilderung und Ihrese Einsatzes wie folgt:

Wie Sie bereits richtig erkannt haben, war der von Ihrem Sohn geschlossene Kaufvertrag aufgrund dessen Minderjährigkeit zunächst schwebend unwirksam, § 107 BGB . Eine vorherige Einwilligung Ihrerseits lag nach Ihrer Schilderung nicht vor. Fraglich ist, ob Sie als gesetzlicher Vertreter den Vertrag nachträglich genehmigt haben, § 108 BGB . Eine solche Genehmigung kann auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Die Genehmigung bzw. die Verweigerung der Genehmigung kann entweder gegenüber dem Vertragspartner (in diesem Fall das Versandhaus) oder auch gegenüber dem Minderjährigen, also Ihrem Sohn erfolgen. Wenn Sie also, nachdem Sie von dem Geschäft erfahren haben, Ihrem Sohn gegenüber die Genehmigung verweigert haben, wurde der Vertrag hierdurch unwirksam. Eine Genehmigung durch konkludentes Handeln, in Ihrem Fall also möglicherweise durch die Ratenzahlung, wäre dann nicht mehr möglich gewesen. Vielmehr hätte Sie das Versandhaus zur Erklärung über die Genehmigung auffordern müssen und Sie hätten innerhalb von zwei Wochen ab Empfang der Aufforderung die Genehmigung dem Versandhaus gegenüber erklären müssen, § 108 Abs. 2 BGB . Hierfür gibt der von Ihnen geschilderte Sachverhalt aber nichts her.

Also kann davon ausgegangen werden, dass der Vertrag unwirksam ist. In diesem Fall wäre Ihr Sohn grundsätzlich verpflichtet, die bestellte Ware zurückzugeben, da er sie ohne Rechtsgrund (dies wäre bei einem Volljährigen der wirksame Kaufvertrag gewesen) erlangt hat, § 812 BGB . Soweit dies nicht möglich ist, weil die Sachen verbraucht sind, schuldet er möglicherweise Wertersatz, § 818 Abs. 2 BGB . Allerdings kann sich Ihr Sohn auf die sogenannten Wegfall der Bereicherung berufen, § 818 Abs. 3 BGB (da er die Sachen verbraucht hat – wenn er sie verkauft hätte oder ähnliches, müsste er den hierfür erlangten Preis herausgeben). Er muss also nur die Sachen zurückgeben, die er noch hat.

Etwas anderes könnte nur gelten, wenn Ihr Sohn verschärft haften würde, § 819 Abs. 1 BGB . Dies wird zum Teil angenommen, wenn die Sachen durch deliktisches Verhalten erlangt wurden, also z.B. durch Betrug. Bei bewusster Falschangabe des Alters könnte dies einschlägig sein. Eine Aufklärungspflicht des Minderjährigen besteht aber nicht. Wenn er also nicht nach dem Alter gefragt wurde, liegt meines Erachtens auch keine Täuschung vor. Zudem ist die Haftung nach § 819 BGB bei Minderjährigen umstritten.

Weitere Schadensersatzansprüche sind nicht ersichtlich. Da Ihr Sohn trotz des unwirksamen Kaufvertrages Eigentum an den Sachen erlangen konnte, konnte er dieses auch verbrauchen, ohne das Eigentum des Versandhauses zu verletzen (es sei denn, das Versandhaus hat sich einen Eigentumsvorbehalt bis zur endgültigen Zahlung vorbehalten).

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage vermitteln. Bei Unklarheiten können Sie gerne die kostenlose Nachfrageoption nutzen oder mir eine Email schreiben.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

Rückfrage vom Fragesteller 17. Oktober 2010 | 20:54

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
vielen Dank für die klärende Antwort. Gestatten Sie noch eine Frage zur Haftung: Mein Sohn hat beim Online-Händler ein falsches Geburtsdatum angegeben durch einfaches Ausfüllen der Stammdaten. Eine weitere Altersprüfung seitens des Versandhändlers erfolgte nicht. Liegt da schon eine Täuschung vor? Er könnte sich ja auch vertippt haben! Es ist also die Frage, ob der §819(1) BGB greift.
Da sich das Versandhaus den Eigentumsvorbehalt bis zur endgültigen Zahlung vorbehalten hat, könnte er auch das Eigentum des Versandhauses verletzt haben. Was hat das für Folgen?
Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. Oktober 2010 | 22:54

Vielen Dank für Ihre Nachfrage!

In diesem Fall gestaltet sich die rechtliche Situation etwas komplizierter. Es herrscht ein Meinungsstreit darüber, auf wessen Kenntnis es bei § 819 Abs.1 BGB ankommt:

Einerseits wird nur die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters für maßgebend erachtet. Wenn Sie also zum Zeitpunkt der „Entreicherung" (Verkauf/Verbrauch der Gegenstände) noch nichts von dem Vertragsschluss Ihres Sohnes wussten, scheidet eine verschärfte Haftung aus § 819 Abs.1 BGB aus.
Man kann jedoch auch die Auffassung vertreten, dass die Deliktsfähigkeit des Minderjährigen nach § 828 Abs. 3 BGB auch für die Schadenersatzhaftung nach § 819 BGB maßgebend ist, also entscheidend sein lassen, ob der Minderjährige die zur Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatte.
Schließlich könnte man die Deliktsfähigkeit des Minderjährigen nach § 828 Abs. 2 BGB nur dann als maßgebliches Kriterium heranziehen, wenn in dem bereicherungsrechtlich erheblichen Eingriff zugleich eine unerlaubte Handlung liegt.

Dieselbe Problematik stellt sich in Bezug auf eine mögliche Haftung aus einer Eigentumsverletzung, § 990 Abs.1 BGB (das Eigentum blieb aufgrund des Eigentumsvorbehalts ja beim Versandhaus). Auch hier ist umstritten, ob es für eine Haftung auf die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen ankommen kann oder ob sich dies im Sinne eines umfassenden Minderjährigenschutzes verbietet.

Eine entsprechende Prüfung alleine aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung ist leider nicht möglich und würde auch den Rahmen dieser Erstberatung sprengen. Grob skizziert kommt es in Ihrem Fall wohl darauf an, inwieweit Ihr Sohn die Konsequenzen seines Handeln überblicken konnte und wie seine Absichten waren (war er z.B. in der Lage vorauszusehen, dass er das Geld nicht aufbringen und das Versandhaus hierdurch schädigen könnte?).

Aufgrund der umstrittenen Rechtslage fällt es auch schwer, Ihnen ein weiteres Vorgehen zu empfehlen. Sie könnten auf das Versandhaus zugehen, diesem die Situation schildern und die Rückgabe der Waren (soweit noch vorhanden) anbieten. Da sich auch das Versandhaus des Risikos bewusst ist, dass in einem Verfahren möglicherweise das Gericht zugunsten Ihres Sohnes entscheiden würde, kann so möglicherweise eine Kompromisslösung (Zahlung einer Teilsumme) angestrebt werden. Es besteht aber natürlich auch das Risiko, dass sich das Versandhaus querstellt und möglicherweise Anzeige wegen Betrugs gegen Ihren Sohn stellt, was ich aber eher für unwahrscheinlich halte. Ratsam dürfte in jedem Fall sein, einen Kollegen vor Ort mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen zu beauftragen.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 18. Oktober 2010 | 09:57

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 18. Oktober 2010
5/5,0

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