Schenkungsteuer: Stiftungsbegünstigung / Festsetzungsverjährung

Question

Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin,  sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,    mit dem Tode des Stifters Ende 2004 wurde ich Stiftungsratsmitglied und Mitbegünstigter einer liechtensteinischen Familienstiftung. Der Stifter hatte ausschließlichen Wohnsitz in Liechtenstein.    Im Jahre 2005 gab ich eine Schenkungsteuererklärung ab, die &lpar;nur&rpar; eine zusätzliche Schenkung des Stifters betraf.     Denn hinsichtlich der Familienstiftung hatte ich ein Rechtsgutachten eingeholt, das sich auf das Außensteuergesetz bezog und aussagte: Da der Stifter nicht mit mir verwandt war, müsste ich - solange ich keine Ausschüttung erhielte - weder die Begünstigung anzeigen, noch etwas versteuern.    Die &lpar;hohe&rpar; Begünstigung an der Stiftung erwähnte ich also in der Schenkungsteuererklärung nicht.    Ich zog im Oktober 2008 mit meiner Familie komplett nach Österreich. In Deutschland hatte ich seitdem absolut keine Anknüpfungspunkte &lpar;Aufenthalt / Zweitwohnsitz&rpar; mehr.    Allerdings ließ ich mir kurz vor oder kurz nach meinem Umzug &lpar;also Ende 2008&rpar; fast meine komplette Begünstigung ausschütten und zahlte sie in eine Kaptitallebensversicherung &lpar;nach deutschem Recht&rpar; mit Sitz und Konto in der Schweiz ein.    Eigentümerin der einbezahlten Gelder wurde die Lebensversicherung, ich hatte nur einen Versicherungs- und Auszahlungsanspruch &lpar;nach zwölf Jahren ohne Abschläge&rpar;.    Das Kapital aus der Versicherung wurde mir im Jahre 2023 in Österreich ausbezahlt.   &lpar;Die Erträge versteuerte ich auch in Österreich.&rpar;    Aufgrund von möglichen Steuertricksereien meines Bruders &lpar;der eine ähnliche Schenkung vom Stifter erhalten hatte&rpar; wurde &lpar;auch&rpar; bei mir &lpar;als "Zeuge"&rpar; in Österreich eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Dies im Auftrag der deutschen Steuerfahndung. Dabei wurden sämtliche Unterlagen, die die Familienstiftung, meinen Umzug und die Lebensversicherung betreffen, mitgenommen.    Daraufhin rief mich der Steuerfahnder an und meinte, nach Auswertung der Unterlagen könne er sagen, dass es für mich eine "hohe Steuernachforderung" geben würde. Ich hätte 2005 eine falsche Schenkungsteuererklärung abgegeben. Die Familienstiftung sei für mich "transparent" gewesen.     Ein noch größeres Problem für mich sei, wenn die Stiftung als "nicht transparent" einzustufen sei.    Ich solle doch kooperieren &lpar;vielleicht meinte er, auch im Hinblick auf meinen Bruder&rpar;.    Jetzt meine Frage:    Entweder wegen meiner Schenkungsteuererklärung im Jahre 2005 oder der Ausschüttung im Jahre 2008:     Wie kann es sein, dass keine &lpar;Festsetzungs-?&rpar; Verjährung für mich gilt?    Oder anders: An welche steuerrechtliche "Nicht-Verjährungskonstruktion" denkt der Steuerfahnder?    Könnten Sie bitte alle Möglichkeiten durchchecken, gründlich und verständlich, dafür zahle ich ja das Doppelte an Einsatz.    Ich habe zwar schon einen Steuerstrafanwalt in Deutschland kontaktiert, dieser gibt mir aber keine klare Auskunft und möchte erst einmal abwarten.     Vielen Dank und freundliche Grüße!    C.S.

Rechtsanwalt Mathias Schulze · Accepted Answer

Antwort vom Rechtsanwalt: Sehr geehrter Fragesteller,    Die steuerrechtliche Situation ist komplex und hängt maßgeblich von der Einstufung der liechtensteinischen Familienstiftung &lpar;transparent vs. intransparent&rpar; sowie dem Vorliegen von Steuerhinterziehung ab. Hier die systematische Analyse der möglichen "Nicht-Verjährungskonstruktionen":    1. Transparente Stiftung: Verjährung beginnt erst mit Kenntnis des Finanzamts  &#8226; Sachverhalt 2004/2005:    Bei transparenter Einstufung wäre die Dotierung der Stiftung 2004 unmittelbar steuerpflichtig gewesen. Ihre Nichtangabe in der Schenkungsteuererklärung 2005 könnte als vorsätzliche Steuerhinterziehung gewertet werden.    Festsetzungsverjährung:  Normal: 4 Jahre &lpar;&#167; 169 AO&rpar;.  Bei Hinterziehung: 10 Jahre &lpar;&#167; 170 AO&rpar;.  Beginn der Frist: Erst mit Kenntnis des Finanzamts &lpar;2023 durch Hausdurchsuchung&rpar;  Folge: Verjährung läuft bis 2033 &lpar;10 Jahre ab 2023&rpar;.    2. Intransparente Stiftung: Verjährung für die Ausschüttung 2008  &#8226; Sachverhalt 2008:    Die Ausschüttung aus einer intransparenten Stiftung wäre ein neuer steuerbarer Vorgang. Da Sie die Ausschüttung nicht in Deutschland versteuert haben, käme Folgendes in Betracht:    Steuerhinterziehung durch Unterlassen:  Falls Sie 2008 noch in Deutschland ansässig waren &lpar;Umzug Oktober 2008&rpar;, bestand  Anzeigepflicht für die Ausschüttung.    Festsetzungsfrist: 10 Jahre ab Entdeckung &lpar;2023 &#8594; 2033&rpar;  Argumentation des Finanzamts:    Selbst bei intransparenter Stiftung könnte die Nichtoffenlegung der Begünstigung 2005  als Hinterziehung gewertet werden, da Sie zur Anzeige der Stiftungsbeteiligung  verpflichtet gewesen wären &lpar;&#167; 30 ErbStG&rpar;    3. Sonderfall: Tod des Stifters als Verjährungsstarter  &#8226; &#167; 170 Abs. 5 AO:    Bei unangezeigten Schenkungen beginnt die Verjährung erst mit dem Tod des Schenkers  oder der Kenntnis des Finanzamts.  Da der Stifter 2004 verstarb, wäre die Verjährung erst 2005 angelaufen.  Aber: Bei Hinterziehung verlängert sich die Frist auf 10 Jahre ab Kenntnis &lpar;2023 &#8594; 2033&rpar;    4. Lebensversicherung 2008&#8211;2023: Verdeckte Vermögensverschiebung?  &#8226; Steuerliche Einordnung:    Die Einzahlung in eine Schweizer Lebensversicherung könnte als verdeckte Schenkung  oder Vermögensverlagerung interpretiert werden.    Festsetzungsverjährung:  10 Jahre ab Entdeckung &lpar;2023&rpar;  Österreichische Besteuerung 2023:    Unschädlich für deutsche Ansprüche, wenn die Transaktion 2008 in Deutschland  steuerpflichtig war    5. Internationale Aspekte: Wohnsitzverlagerung 2008  &#8226; Deutsches Steuerrecht:    Auch nach Wegzug bleiben beschränkte Steuerpflicht für inländische  Vermögensgegenstände bestehen.    Falls die Stiftung oder Lebensversicherung deutsche Bezüge hatte &lpar;z. B. deutsche  Konten, Immobilien&rpar;, bestehen weiterhin Meldepflichten  Fehlende Anknüpfungspunkte:  Müsste das Finanzamt konkret nachweisen, dass 2005/2008 ein deutscher  Steuertatbestand vorlag.    6. Strafrechtliche Risiken  &#8226; Verfolgungsverjährung:    Einfache Steuerhinterziehung: 5 Jahre.  Besonders schwere Fälle &lpar;>50.000 €&rpar;: 15 Jahre &lpar;rückwirkend ab 2021&rpar;  Relevanz: Da die Taten 2005/2008 liegen, könnte die strafrechtliche Verjährung bereits  eingetreten sein. Aber: Die steuerliche Festsetzungsverjährung ist unabhängig davon  und läuft weiter    Zusammenfassung der Argumentationslinien des Finanzamts  Szenario Verjährungsbeginn Ende der Verjährung  Transparente Stiftung &lpar;2004&rpar; 2023 &lpar;Entdeckung&rpar; 2033  Intransparente Stiftung &lpar;2008&rpar; 2023 &lpar;Entdeckung&rpar; 2033  Tod des Stifters &lpar;2004&rpar; 2005 2015 &lpar;aber &plus;10 Jahre bei Hinterziehung &#8594; 2033&rpar;    Praktische Empfehlungen    1. Überprüfung des Rechtsgutachtens 2005:  Ob die Stiftung tatsächlich intransparent war, hängt von ihrer konkreten Ausgestaltung ab &lpar;z. B. Weisungsrechte des Stiftungsrats&rpar;    2. Kooperationsstrategie:  Bei Mitwirkung &lpar;Selbstanzeige&rpar; könnten Strafmilderungen erreicht werden &#8211; allerdings nur bei vollständiger Offenlegung    3. Örtliche Zuständigkeit:  Klären, ob Deutschland für die Besteuerung 2008 überhaupt zuständig war &lpar;Wohnsitz bei Ausschüttung&rpar;.  Die zentrale Herausforderung liegt in der Beweisführung des Vorsatzes durch das Finanzamt.    Ich hoffe die Ausführungen konnten Ihnen helfen und waren verständlich.  VG Schulze

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Rechtsanwalt Mathias Schulze

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