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Reale Namen von Personen in Autobiographie?

| 6. Mai 2010 10:18 |
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Medienrecht


Beantwortet von

Schönen guten Tag hier in die Runde,

ich bin mir nicht sicher, in welche juristische Rubrik mein Anliegen fällt, daher habe ich "Medienrecht" gewählt.

Folgender Sachverhalt stellt sich derzeit für mich dar und ich bekomme einfach von keiner Seite eine zufriedenstellende Auskunft. Daher versuche ich es einmal hier.

Ich schreibe derzeit an meiner Autobiographie. Viele Dinge sind in meinem Leben passiert, die zu familiären Zerwürfnissen geführt haben. En detail bedeutet das, dass ich keinen Kontakt zu meinen Familienangehörigen habe, lediglich zur jüngeren Schwester.
Die Hauptursache hierfür liegt in einem Straftatbestand, der meinen Vater 2002 ins Gefängnis gebracht hat, wo er bis heute (und noch hoffentlich weitere 7 Jahre) einsitzt.

Ich stehe nun vor dem Dilemma, dass ich nicht weiß, inwiefern ich die realen Namen der Personen meines damaligen Umfelds verwenden darf. Ich möchte meinem Vater oder anderen Angehörigen keinerlei Basis für Regressanforderungen bieten. Bei der Biographie werde ich auch explizit darauf hinweisen, dass ich bei vielen Dingen nur meinen persönlichen Eindruck schildern kann, da ich beispielsweise nicht bei allen Verhandlungstagen zugegen war.

Darf man die richtigen Namen verwenden? Oder sollte ich lieber fiktive Namen benutzen?

Ich hoffe auf eine kompetente Antwort und sende
herzliche Grüße durch den Regen,
Y. H.

6. Mai 2010 | 12:33

Antwort

von


(1)
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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte: Ihre Anfrage fällt in den Bereich des Medien- und Presserechts.

Bei der Veröffentlichung von der Darstellungen könnte das Persönlichkeitsrecht der Personen des damaligen Umfelds betroffen sein.

Meine Antwort ist als rechtliche erste Orientierungshilfe zu verstehen und ersetzt keine anwaltliche Beratung, zumal sich je nach Hinzufügen oder Weglassen von Informationen das Ergebnis der rechtlichen Einschätzung verschieben kann.

Was bei solchen Beiträgen erlaubt ist und was nicht, ist eine Frage des Einzelfalls und ist oft Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Allerdings ist es auch möglich, dass ohne Namensnennung derjenige, über den Sie schreiben, erkennbar und in seinen Rechten betroffen ist. Ihre Befürchtung vor Regressforderung, die aus Ihrer Anfrage herausklingt, ist vor diesem Hintergrund also nicht unbegründet.

A. Interesse an der Veröffentlichung versus Persönlichkeitsrecht

Auf der einen Seite steht Ihr Interesse an der Veröffentlichung, auf der anderen Seite können diese Interessen mit betroffenen Persönlichkeitsrechten der Personen kollidieren, über die geschrieben wird. Das allgemeine Persönlichkeit schließt auch das Recht der Darstellung der eigenen Person ein: Grundsätzlich soll jeder selbst entscheiden können, wie er sich in der Öffentlichkeit oder gegenüber Dritten darstellt. Allerdings ist es eine Frage
des Einzelfalls, ob das Persönlichkeitsrecht, oder dem gegenüberstehende andere Interessen, wie zum Beispiel das Informationsinteresse der Öffentlicheit, überwiegt.

Ihr publizistisches Interesse, die Meinungsäußerungs-, Presse- und Informationsfreiheit sind gegenüber den betroffenen Rechten unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung abzuwägen. Wenn es um Roman geht, steht zudem die Kunstfreiheit im Zentrum der Diskussion. Dazu erging 1997 eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dem Roman Esra, Az. 1 BvR 1783/05 , die Darstellung der Titelfigur, in der sich eine Freundin der Autorin wiedererkannte, war danach eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung.

B. Besonderheiten im Zusammenhang mit Strafverfahren

Bei Ihrer Autobiographie scheint es zudem um Ihren Wunsch gehen, etwas über das Strafverfahren Ihres Vaters zu schreiben. Auch hier gibt es eine komplexe Rechtsprechung, was und wenn ja, in welchem Umfang, im Zusammenhang von Strafverfahren, Strafurteilen, etc. geäußert werden darf, und was nicht.
Denn dem Interesse an einer Veröffentlichung steht hier insbesondere die sogenannte mögliche Prangerwirkungen für den Verurteilten gegenüber.

Gerade bei Berichterstattung mit voller Namenswirkung kann eine derartige negative Wirkung für den Betroffenen die Folge sein.

Hierzu gibt es zum Beispiel zwei wichtige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, "Lebach I" und "Lebach II". In dem Fall Lebach I ging es um eine Fernsehdokumentation über eine vier Jahre zurückliegende Straftat, um 1969 begangene Morde. Das Gericht erläuterte, dass jeweils im Einzelfall zu prüfen sei, ob das verfolgte öffentliche Interesse an der Berichterstattung gegenüber dem Persönlichkeitsrecht Vorrang hat oder nicht.

Sie schreiben in Ihrer Frage: "...Die Hauptursache hierfür liegt in einem Straftatbestand, der meinen Vater 2002 ins Gefängnis gebracht hat, wo er bis heute (und noch hoffentlich weitere 7 Jahre) einsitzt."

Wichtig für Sie könnte vor diesem Hintergrund die Argumentation des Gerichts sein, dass bei einer Berichterstattung über eine aktuelle Tat grundsätzlich das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sehr hoch ist, dass aber nach Erfüllung dieses aktuellen Interesses das Interesse des Täters, "allein gelassen" zu werden, dann zunehmend an Bedeutung gewinnt und zum Beispiel dem Wunsch der Medien, weiter über den Täter zu berichten, Grenzen setzen kann.

Grundsätzlich gewinnt also das Interesse des Täters, dass nicht über ihn berichtet wird, mit Zeitablauf an Bedeutung.

In dem Beschluss Lebach II - dabei ging es um einen Film, der 1996 zu den Lebach-Morden ausgestrahlt werden sollte - erklärt das Gericht, das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittle Straftätern keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit der Tat konfrontiert zu werden. Auch die Verbüßung der Strafhaft führe nicht dazu, dass ein Täter den Anspruch erwerbe, mit der Tat "allein gelassen zu werden". Es gibt also keinen konkreten
Zeitablauf, nach dem stets nicht mehr über die Tat berichtet werden kann - es kommt vielmehr auf die einzelnen Umstände an. Allerdings schien aufgrund der konkreten Umstände in dem Fall Lebach II dem Gericht durch die konrete Veröffentlichung die Resozialisierung des Täters auch nicht gefährdet. Denn
wegen des Zeitablaufs hielt es das Gericht für unwahrscheinlich, dass Personen, die den Betroffenen nicht als Täter kannten, ihn nach dem Film als Täter identifzieren könnten.

Es kann zusammenfassend erläutert also rechtlich nicht unproblematisch sein, über Straftaten zu berichten: Es sollte unbedingt vorher im Einzelfall rechtlich geklärt werden, was dahingehend zulässig ist und was nicht.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser allgemeinen Erläuterung zu Ihrem Buchprojekt weitergeholfen zu haben.

Ich würde vor dem geschilderten Hintergrund eine detailliertere Besprechung mit einem im Presserecht spezialisierten Anwalt vor Ort allerdings dringend empfehlen und von einer Veröffentlichung vor anwaltlicher konkreter Prüfung abraten.


Bewertung des Fragestellers 6. Mai 2010 | 12:44

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Dass man um einen Präsenzanwalt nicht drum herum kommt, sollte jedem klar sein. Aber ich bin auf's Neue begeistert von dieser Plattform, und hier im Speziellen von dieser Anwältin, denn man bekommt hier schon durchaus mehr, als nur eine kleine Orientierung.!

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 6. Mai 2010
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Dass man um einen Präsenzanwalt nicht drum herum kommt, sollte jedem klar sein. Aber ich bin auf's Neue begeistert von dieser Plattform, und hier im Speziellen von dieser Anwältin, denn man bekommt hier schon durchaus mehr, als nur eine kleine Orientierung.!


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