Sehr geehrte Fragestellerin, sehr geehrter Fragesteller,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage und die darin übermittelten ersten Angaben zu Ihrem Sachverhalt.
Neben formlosen Beschwerden, die an den Doktorvater, den Dekan bzw. die Leitung der Universität zu richten wären, ist Ihnen sicherlich vor allen Dingen an förmlichen und effektiven Rechtsmitteln gelegen.
Leider ist es so, dass derartige Rechtsstreitigkeiten relativ selten vor Gericht geführt werden und daher auch wenig Rechtsprechung hierzu besteht.
Meines Erachtens wären theoretisch zunächst zwei Wege denkbar: die Einlegung einer Untätigkeitsklage oder aber der Versuch, den (vorläufigen) Fortgang im Verfahren auch in einem Eilverfahren zu erstreiten.
Für ein Eilverfahren kann ich Ihnen nach den Angaben in Ihrem Sachverhalt leider wenig Hoffnungen machen. Das Verwaltungsgericht München hat sich in einem Beschluss vom 02.04.2004 (Az. M 3 E 04.1489
) mit verschiedenen Fragen zur Eilbedürftigkeit auseinandergesetzt, diese aber im Ergebnis abgelehnt und u.a. ausgeführt:
"[...] bb) Auch der Zeitverlust, den eine Überarbeitung der Dissertation mit sich bringt, rechtfertigt nicht die Annahme eines Anordnungsgrundes. Zwar ist zuzugestehen, dass bei der Themenstellung der Dissertation des Antragstellers vor deren weiterer Vorlage als schriftliche Promotionsleistung eine Aktualisierung aus wissenschaftlicher Sicht notwendig sein mag und durchaus eine nicht gänzlich unerhebliche Zeitspanne in Anspruch nehmen könnte. Gleichwohl handelt es sich hier nicht um einen Umstand, der das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung unzumutbar erscheinen lässt. Denn immerhin ist bei den meisten Promotionsvorhaben eine Überarbeitung der Dissertation im Sinne einer Aktualisierung vor Abschluss des Promotionsverfahrens unumgänglich, ohne dass dies als etwas Außergewöhnliches und damit Unzumutbares angesehen wird, sondern eben als etwas Übliches. Solange sich der Aufwand für eine Aktualisierung oder Überarbeitung in diesem üblichen Rahmen hält, kann daraus kein Anordnungsgrund folgen, da dann kein wesentlicher Nachteil oder ein vergleichbarer Grund iSv § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO
vorliegt. Ein solcher wäre allenfalls zu erwägen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Umstände, die weit über ein Aktualisieren oder Überarbeiten hinausgingen und an eine Neubearbeitung heranreichen würden. Zwar trägt der Antragsteller vor, er würde bei weiterem Zuwarten zu einer völligen Neubearbeitung gezwungen. Allerdings fehlt es an einer Glaubhaftmachung für diese Behauptung. Ohne eine solche sieht sich die Kammer außer Stande, diese Behauptung als glaubhaft anzusehen. Denn selbst bei einer aktuellen Themenstellung ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, dass während eines Zeitraumes von drei Jahren seit Erstellung der Dissertation diese in einem derart hohen Ausmaß veraltet sein sollte, dass eine völlige Neubearbeitung erforderlich wäre. Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller selbst erst drei Jahre nach der Erstellung der Dissertation im Jahre 2001 um Eilrechtsschutz nachsucht, was zeigt, dass auch vom Antragsteller keine ganz außergewöhnlich dringliche Situation im Hinblick auf das Veralten seiner Dissertation angenommen wird. Vielmehr ist ihm das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung zumutbar.
cc) Schließlich folgt auch aus der Befürchtung, das Dissertationsthema könne von einem anderen Doktoranden verbraucht werden, kein Anordnungsgrund. Bei dieser Behauptung handelt es sich um reine Spekulation. Diese Gefahr für den jeweiligen Doktoranden besteht grundsätzlich bei jedem Promotionsverfahren. Es ist weitgehend vom Zufall abhängig, ob ein anderer Doktorand ein übereinstimmendes Thema als Dissertation bearbeitet und wann dieser damit promoviert. Solche Zufälligkeiten unterfallen dem allgemeinen Lebensrisiko und stellen keinen objektivierbaren wesentlichen Nachteil i.S.v. § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO
dar."
Daher wäre hier vor der Einleitung eines entsprechenden Verfahrens gründlich zu überprüfen, ob Ihr Sachverhalt besondere Anhaltspunkte ergäbe.
Ist dies - regelmäßig - nicht der Fall, ist meines Erachtens eine Untätigkeitsklage möglich. § 75 VwGO
regelt:
"[... ]Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten [...] seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist."
Hierauf sollten Sie die Universität hinweisen. Möglicherweise führt auch die Androhung eines Rechtsmittels bereits zur Beschleunigung des Verfahrens. Bitte beachten Sie aber, dass auch eine Untätigkeitsklage ihre Zeit benötigt. Verwaltungsgerichtliche Klageverfahren nehmen bei vielen Gerichten derzeit ca. 12 - 18 Monate in Anspruch. Umgekehrt soll Sie dies aber natürlich nicht abhalten, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen ersten Antworten bereits weiterhelfen. Diese online-Beratung kann eine anwaltliche Erstberatung nicht ersetzen, aber Sie soll Ihnen einen ersten Eindruck von der Rechtslage vermitteln.
Für eine vertiefte Beratung, die auch zwingend die Auswertung der Promotions- und Studienordnung umfassen muss, empfehle ich die Kontaktaufnahme mit einem spezialisierten Anwalt. Ggf. kann Ihnen auch ein Anwalt in Ihrer Nähe von der Studierendenvertretung empfohlen werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Robert Hotstegs
Rechtsanwalt
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