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Physikumsprüfung - Längere Krankheit

23. Juli 2012 07:58 |
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Schule, Hochschule, Prüfungen


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

zur Physikumsprüfung (Humanmedizin) im letzten Jahr (Juli 2011) wurde ich wegen schwerer psychischer Probleme krankgeschrieben. Der Leiter des Prüfungsamtes teilte mir damals mit, dass die Krankschreibung durch ein amtsärztliches Attest auch noch über den Winter 2012 (Prüfung im März/April) verlängert werden kann, was ich in Anspruch genommen habe.

Nun geht es mit zwar bereits besser, jedoch sicherlich noch nicht so gut, dass ich ohne gravierende Nachteile die Prüfung ablegen könnte.

Bei einem Gespräch zur ersten Krankschreibung letztes Jahr teilte mir der Prüfungsleiter mit, dass eine weitere Krankschreibung im Sommer 2012 nicht in Frage käme, nachdem dann von einer chronischen Erkrankung ausgegangen werden muss. Insbesondere muss auch in jedem Fall eine positive Prognose vorliegen.

Ich bin jedoch der Meinung, dass eine weitere Krankschreibung unter den gegeben Umständen unerlässlich ist und ich bin sicher, dass meine Ärztin und das Gesundheitsamt das auch (mit immer noch positiver Prognose) durchaus bestätigen könnten. Kann das Prüfungsamt eine amtsärztliche Krankschreibung überhaupt ablehnen und könnte eine weitere Krankschreibung eventuell sogar andere Konsequenzen (Exmatrikulierung?) haben?

Herzlichen Dank

23. Juli 2012 | 12:07

Antwort

von


(3181)
Marktstraße 17/19
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Tel: 0711-7223-6737
Web: https://www.hsv-rechtsanwaelte.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Der Prüfungsleiter kann meiner ersten Meinung nach ohne amtsärztliche Stellungnahme (Gesundheitsamt) nicht die eigene Annahme tätigen, dass eine chronische Erkrankung vorliege.

Eine positive Prognose für die weitere Krankheitsentwicklung haben die Sie behandelnden Ärzte zunächst zu stellen – erst auf dieser Grundlage kann das Prüfungsamt entscheiden, denn es gilt (ich zitiere aus den einschlägigen Normen):

Die (Prüfungs-)Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden [hat aber eine Entscheidung nur auf ärztlicherseits und damit sachverständiger Grundlage zu treffen].

Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

- Auskünfte jeder Art einholen,

- Beteiligte (Sie) anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,

- Urkunden und Akten beiziehen,

- den Augenschein einnehmen.

Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben.

Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem [also Ihnen] Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

Kontaktieren Sie daher unverzüglich (nochmals) Ihren Arzt und gegebenenfalls das Gesundheitsamt.
Ohne Weiteres darf das Prüfungsamt eine amtsärztliche Krankschreibung ablehnen, denn schließlich ist es ja bereits eine „amtliche" Stellungnahme einer staatlichen Behörde.
Studienordnungen sehen z. B. folgendes vor (am Beispiel der Studienordnung des Universitätsklinkums Freiburg):
„Kann eine Studierende/ein Studierender an einer der festgelegten Prüfungen/der Semesterleistung
nicht teilnehmen, so hat sie/er die Gründe dafür der Leiterin/dem Leiter der entsprechenden Lehrveranstaltung unverzüglich vor Beginn der Prüfungen/der Semesterleistung schriftlich anzuzeigen und glaubhaft zu machen.

Ein Rücktritt von den Prüfungen/der Semesterleistung ist nur bei Vorliegen wichtiger
Gründe möglich. Bei Rücktritt wegen Krankheit hat die Kandidatin/der Kandidat unverzüglich ein ärztliches Attest und in Zweifelsfällen ein Attest einer Amtsärztin/eines Amtsarztes vorzulegen.

Werden die Gründe nicht anerkannt, gilt die Prüfung/die Semesterleistung als nicht bestanden.

Wird durch die Genehmigung von Rücktritten im Einzelfall die Frist von 18 Monaten (Prüfungen oder Prüfungsteile in Praktika, Vorlesungen, Kursen und Seminaren in Blockunterricht
können im Falle des Nichtbestehens zweimal innerhalb einer Frist von 18 Monaten nach Beginn der
Lehrveranstaltung wiederholt werden) überschritten, so wird kurzfristig ein Termin für eine letzte Nachprüfung vergeben."

Schlimmstenfalls kann dieses in der Tat zur Exmatrikulation führen.
Bitte geben Sie mir nach Möglichkeit noch an, an welcher Hochschule Sie studieren, dann kann ich Ihnen noch besser und ergänzend hier antworten (ohne weitere Kosten).

Entscheidend ist, ob die Behörde das Attest anerkennt oder nicht, denn dieses ist maßgeblich für die Deutung als Nichtbestanden.

(Amts-)Ärztliche Atteste dürfen jedoch nicht von vornherein angezweifelt werden – im Gegenteil, Sie müssen nach der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt werden.

Es müsste schon ein Obergutachten her.

Wie oft man krankgeschrieben sein darf, sehen die Studien- und Prüfungsordnungen nach meiner Erfahrung nicht vor.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg, Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Daniel Hesterberg

Rückfrage vom Fragesteller 23. Juli 2012 | 12:33

Sehr geehrter Herr Hesterberg,

könnten Sie diesen Teil ausführlicher erklären?

"Wird durch die Genehmigung von Rücktritten im Einzelfall die Frist von 18 Monaten (Prüfungen oder Prüfungsteile in Praktika, Vorlesungen, Kursen und Seminaren in Blockunterricht
können im Falle des Nichtbestehens zweimal innerhalb einer Frist von 18 Monaten nach Beginn der
Lehrveranstaltung wiederholt werden) überschritten, so wird kurzfristig ein Termin für eine letzte Nachprüfung vergeben."

Schlimmstenfalls kann dieses in der Tat zur Exmatrikulation führen."

Ich studiere an der LMU (München).

Vielen Dank

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Juli 2012 | 14:15

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:

In Ordnung, nach der geltenden Prüfungs- und Studienordnung der LMU München - Fachbereich Medizin - ist dieses gleichermaßen bestimmt, § 10 Abs. 3 (www.uni-muenchen.de/aktuelles/amtl_voe/0400/471-07hm-2009-ps00.pdf), wie ich oben anhand des Beispiels dargestellt habe - bis auf die 18-monatige Frist, weshalb ich mir erlaube, Obiges nicht näher zu erläutern, da es nicht mehr darauf ankommt.

Eine derartiger Zeitraum ist nicht in der Ordnung genannt.

Ein amtsärztliches Attest kann auch nur verlangt werden,

- wenn sich aus diesem nicht ergibt, ob ein zwingender Grund vorliegt;

oder

- mehr als einmal ein zwingender Grund vorliegt.

Eine Exmatrikulation droht Ihnen daher meines Erachtens nicht.

Eine chronische Erkrankung ist allenfalls für einen Nachteilsausgleich (z. B. längere Prüfungsdauer im Vergleich zu anderen) nach der Ordnung maßgeblich.

Ansonsten verweise ich auf meine bisherige Antwort und hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt

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