Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
In Ihrer Situation ist die Ausgangslage wie folgt: Sie haben Ihr Haus verkauft, befinden sich im Insolvenzverfahren und das Finanzamt hat zur Sicherung seiner Steuerforderungen eine Sicherungshypothek im Grundbuch eingetragen. Der Notar verlangt nun die Zahlung des vom Finanzamt geforderten Betrags, um die Löschung der Hypothek zu veranlassen und den lastenfreien Eigentumsübergang zu ermöglichen.
Zu Ihren Fragen und Möglichkeiten:
1. Überprüfung der Forderungshöhe des Finanzamts
Der Notar ist verpflichtet, die Löschung der Sicherungshypothek nur gegen Zahlung der vom Finanzamt mitgeteilten Summe zu veranlassen.
Er prüft die Höhe der Forderung nicht selbst, das stimmt.
Sie haben jedoch das Recht, die Forderungshöhe zu überprüfen zu lassen. Sie können beim Finanzamt eine detaillierte Forderungsaufstellung anfordern und insbesondere die Berechnung der Zinsen und etwaiger Säumniszuschläge hinterfragen. Es ist möglich, dass sich die Forderung durch Zinsen, Säumniszuschläge oder weitere Steuerfestsetzungen erhöht hat. Sie können gegen einzelne Bestandteile der Forderung, sofern diese nicht bestandskräftig sind, ggf. Rechtsmittel (Einspruch, Widerspruch) einlegen.
Das muss jedoch alles gesondert (anwaltlich) geprüft werden.
2. Umgehung der Zahlung durch den Notar
Eine Umgehung der Zahlung durch den Notar ist praktisch nicht möglich, da die Löschung der Hypothek Voraussetzung für die lastenfreie Eigentumsübertragung ist. Der Notar ist verpflichtet, die Zahlung an das Finanzamt vorzunehmen, bevor er die Löschung der Hypothek beantragt. Sie können allenfalls versuchen, mit dem Finanzamt eine Ratenzahlung oder Stundung zu vereinbaren.
Dies setzt jedoch voraus, dass das Finanzamt zustimmt und die Löschung der Hypothek auch bei einer Ratenzahlungsvereinbarung bewilligt.
3. Kaufvertrag rückgängig machen
Ein Rückgängigmachen des Kaufvertrags ist rechtlich nur möglich, wenn ein Rücktrittsrecht besteht oder der Vertrag einvernehmlich aufgehoben wird. Dies ist in der Regel sehr schwierig (bis unmöglich), wenn der Käufer bereits Eigentum erworben hat und keine vertraglichen Rücktrittsrechte bestehen.
4. Einigung mit dem Finanzamt
Sie können versuchen, mit dem Finanzamt eine Einigung über die Höhe der Forderung oder die Modalitäten der Zahlung zu erzielen. Das Finanzamt ist jedoch nicht verpflichtet, auf Ihre Altersvorsorge Rücksicht zu nehmen.
5. Insolvenzrechtliche Besonderheiten
Da Sie sich im Insolvenzverfahren befinden, ist zu beachten, dass der Insolvenzverwalter die Masse verwertet und die Gläubiger befriedigt. Ein Anteil aus dem Hausverkauf kann Ihnen nur verbleiben, wenn nach Befriedigung aller Gläubiger ein Überschuss verbleibt. Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, die Masse bestmöglich zu verwerten und die Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen.
Sie sollten daher zunächst die Forderungshöhe beim Finanzamt detailliert prüfen lassen und ggf. Rechtsmittel gegen nicht bestandskräftige Forderungsbestandteile einlegen. Eine Einigung mit dem Finanzamt über die Modalitäten der Zahlung ist möglich, aber die Löschung der Hypothek wird in der Regel erst nach vollständiger Zahlung erfolgen. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Das kann ich im Rahmen einer ersten Bewertung leider nicht bejahen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrter Hert Anwalt, vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Gerne möchte ich noch eine weitere Frage an Sie richten:
Das Haus habe ich inzwischen aus der Insolvenzmasse freigekauft. Nach meinem Verständnis hat der Insolvenzverwalter damit keine Handhabe mehr, sodass das Finanzamt nun in der Lage ist, seine Forderung in voller Höhe zu 100% durchzusetzen, aufgrund einer Ausstellung der Löschungsbewilligung. Liege ich mit dieser Annahme richtig?
Da das Insolvenzverfahren voraussichtlich noch etwa ein Jahr andauern wird, stellt sich mir die Frage, ob es meinerseits möglich wäre, den Gläubigern einen Vergleich vorzuschlagen, um eine Auszahlung aus der Insolvenzmasse anzustoßen.
Nach meiner Einschätzung deckt die Insolvenzmasse derzeit rund 80 % meiner Verbindlichkeiten ab. Durch die Zahlung, die das Finanzamt nun über den Notar erhält, wäre sogar mehr als eine vollständige Deckung (über 100 %) gegeben
Falls ich mit den Gläubigern nun zusätzlich einen Vergleich schließen könnte, bestünde zudem die Chance, dass die Masse im weiteren Verlauf noch anwächst. Auf diese Weise ließe sich mein Schaden begrenzen
Daher meine konkrete Frage an Sie: lst dieses Vorgehen rechtlich zulässig und in der Praxis ein gangbarer Weg?
Für Ihre Einschätzunn danke ich Ihnen.
Sehr geehrter Fragesteller,
nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt und unter Berücksichtigung des bereitgestellten Kontexts beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
1. Freikauf des Hauses aus der Insolvenzmasse und Durchsetzung der Finanzamtsforderung
Wenn Sie das Haus aus der Insolvenzmasse freigekauft haben, bedeutet dies, dass Sie mit dem Insolvenzverwalter eine Einigung über die Auszahlung eines Betrages erzielt haben, der dem Wert des Hauses entspricht. Damit ist das Haus nicht mehr Teil der Insolvenzmasse, und der Insolvenzverwalter hat insoweit keine Verfügungsbefugnis mehr.
Das Finanzamt bleibt jedoch weiterhin mit seiner im Grundbuch eingetragenen Sicherungshypothek gesichert.
Das bedeutet, dass das Finanzamt seine Forderung in voller Höhe aus dem freigekauften Haus durchsetzen kann, sofern die Hypothek noch besteht und nicht gelöscht wurde.
Ihre Annahme ist daher zutreffend: Das Finanzamt kann die Löschung der Hypothek von der vollständigen Zahlung seiner Forderung abhängig machen und diese über den Notar einziehen.
2. Vergleich mit den Gläubigern und vorzeitige Auszahlung aus der Insolvenzmasse
Grundsätzlich ist es im Insolvenzverfahren möglich, mit den Gläubigern einen Vergleich zu schließen. Dies wird als Insolvenzvergleich bezeichnet. Ein solcher Vergleich kann dazu führen, dass das Insolvenzverfahren vorzeitig beendet wird, wenn die Gläubiger dem Vergleich zustimmen und auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Voraussetzung ist, dass alle Gläubiger dem Vergleich zustimmen oder ein gerichtlicher Insolvenzplan aufgestellt und angenommen wird.
Im Kontext der Einzelvergleichslösung ist zu beachten, dass während des laufenden Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse beim Insolvenzverwalter liegt. Eine Auszahlung aus der Insolvenzmasse an die Gläubiger kann daher nur durch den Insolvenzverwalter erfolgen. Sie selbst können den Gläubigern einen Vergleich vorschlagen, die Umsetzung und Auszahlung erfolgt aber über den Insolvenzverwalter.
3. Überdeckung der Insolvenzmasse
Wenn durch die Zahlung an das Finanzamt und die vorhandene Insolvenzmasse mehr als 100 % der Verbindlichkeiten gedeckt werden, entsteht ein Überschuss. Dieser Überschuss steht nach vollständiger Befriedigung aller Gläubiger grundsätzlich Ihnen als Schuldner zu.
Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen