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GbR Auflösung in Teilhaberschaft

15. Juli 2008 21:28 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von

Notar und Rechtsanwalt Oliver Wöhler

Folgende Konstellation bedarf rechtlichen Rats:

Mit einem Kollegen habe ich eine Agentur vor rund 4 Jahren gegründet, Rechtsform GbR, jeder Gesellschafter ist mit 50% in der Agentur beteiligt, ein Gesellschafter-Vertrag existiert nicht, auch keine Einlagen.

Die Agentur erreicht jährlich Rekordumsätze, dennoch scheiden sich nun die Unternehmensphilosophien, wodurch ein Gesellschafter entscheiden muss, wie sich die Wege trennen – keiner kann den anderen „aufkaufen“.

Daher die Fragen:

• Wenn ein Gesellschafter krank wird – zählen die Fehltage dann als Urlaubstage oder wie bei Arbeitnehmern als Arbeitstage (GbR!)?
• Welche Faktoren spielen für eine Unternehmensbewertung eine Rolle? Kein Gesellschafter hat Einlagen eingebracht, das Geschäftsvermögen wurde erarbeitet…

Eine Möglichkeit für mich als Ausscheidender ist eine (atypische) Stille Teilhaberschaft:

• Ist eine Anteilsverschiebung von 50:50 nachträglich möglich (etwa 70:30), wenn ein Gesellschafter ausscheidet? Meiner Meinung nach nicht – er kann nur mit einem monatlichen Gehalt bedient werden, oder liege ich hier falsch? Die Begründung beim bleibenden Gesellschafter ist: Schließlich arbeite er nun mehr…
• Welche Obergrenze gibt es für eine Auszahlung – wenn er sich den kompletten Überschuss auszahlt, bringt mir eine stille Teilhaberschaft nichts, da ich dann davon nicht oder nur am möglichen Wertzuwachs partizipiere. Kann eine prozentuale Auszahlung am Umsatz festgelegt werden?
• Kann ich mir ein Mitspracherecht einräumen lassen, etwa bei: Investitionen, Personalentscheidungen, Auszahlungen, Gewinnausschüttungen, Rücklagen etc.?
• Wie kann ich Ausgaben kontrollieren?
• Wenn ich am Gewinn partizipiere, Verluste jedoch ausschließe, steht mir ab dann mindestens der halbe Unternehmenswert zum Zeitpunkt des Übergangs in eine Stille Teilhaberschaft zu, auch wenn der ehemalige Partner die Firma in den Ruin treibt?

Eine andere Möglichkeit ist der komplette Verkauf der Agentur oder Teilverkauf:

• Kann ich meinen Anteil frei verkaufen, dem ehemaligen Partner einfach jemanden Fremdes vorsetzen? Muss er dies akzeptieren? Muss dazu die GbR aufgelöst werden?

Danke

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Frage unter Beachtung der Angaben. Bitte haben Sie Verständnis, dass an dieser Stelle nur eine vorläufige Einschätzung möglich ist und das eine persönliche Beratung nicht ersetzt wird. Jede Ergänzung des Sachverhalts kann zu einer geänderten Beurteilung führen.

Die GbR richtet sich nach den §§ 705 ff. BGB . Da bei Ihnen kein Gesellschafter Vertrag besteht, gelten ausschließlich diese Vorschriften.
Die Krankheit eines Gesellschafters spielt zunächst keine Rolle, seine Recht auf hälftige Beteiligung bleiben bestehen.

Das Gesellschaftsvermögen richtet sich nach § 718 BGB .
Die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter(Gesellschaftsvermögen).
(2) Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch, was auf Grund eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstands erworben wird.

Die Bewertung erfolgt nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen, es sind auch die Kundenbeziehungen mitzubewerten. Bei größeren Gesellschaften wird ein Gutachten erforderlich sein.

Eine Anteilsverschiebung ist grundsätzlich nicht möglich, es sei denn der Gesellschaftsvertrag wird geändert, was aber nur einvernehmlich möglich ist. Bisher gibt ers ja keinen ausdrücklichen Vertrag.

Allerdings bestimmt § 706 BGB , dass beide Gesellschafter gleiche Beiträge zu leisten haben und das dies auch in der Leistung von Diensten geschehen kann. Sollte ein Gesellschafter seine Leistung dauerhaft reduzieren oder einstellen, wird dem anderen nur eine Kündigung der Gesellschaft bleiben.

Natürlich kann eine gewisse Beteiligung am Umsatz erfolgen, dies geht aber nur über einen geänderten Gesellschaftsvertrag.

Die Gesellschaft endet nach § 726 wenn der Zweck, zu dem Sie eingegangen wurde nicht mehr erreichbar ist. Dieser Fall könnte bei ihnen bereits vorliegen, so dass eine Auseinandersetzung die Folge wäre.
Zur Zeit steht Ihnen noch ein Mitspracherecht zu, nach § 711 kann jeder Gesellschafter den Gewschäften des anderen widersprechen, wenn beide zur Geschäftsführung berufen sind, was bei Ihnen der Fall ist. Sie können jede Entscheidung des anderen blockieren, dies gilt auch umgekehrt. Wenn nicht schon der Auflösungsgrund vorliegt, sollten Sie ernsthaft eine Kündigung erwägen, die Gesellschaft ist nach § 723 I BGB jederzeit kündbar.

Der halbe Wert steht Ihnen nur zu, wenn eine Auflösung der Gesellschaft erfolgt, denn dann erfolgt die Verteilung der Werte, wobei Ihnen die Hälfte zusteht. Danach könnte eine neue Gesellschaft gegründet werden, bei der Sie nur stiller Teilhaber sind. In diesem Fall hätten Sie aber Anteil am Gewinn und am Verlust, es scheint undenkbar, dass jemand Ihnen nur ein Recht am Gewinn teilzuhaben einräumt.

Sie können Ihren Anteil nicht frei verkaufen, die Gesellschaft ist nicht teilbar, Sie muß auseinandergesetzt werden vgl. § 719 BGB .
§ 719 Gesamthänderische Bindung
(1) Ein Gesellschafter kann nicht über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Teilung zu verlangen.
(2) Gegen eine Forderung, die zum Gesellschaftsvermögen gehört, kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung aufrechnen.


Im Ergebnis rate ich Ihnen zur Kündigung um Ihren Anteil am Wert der GbR zur erhalten. Es sollte aber eine Einigung mit dem anderen Gesellschafter über die Fortführung der Agentur getroffen werden. Hier wäre zu klären, wer das Recht dazu hat und was mit Kundenbeziehungen geschehen soll.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste Orientierung geben.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und Familienrecht


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