Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
unter Zugrundelegung des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und in Ansehung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:
1.) Ob das Vorgehen des Meier die optimale Verteidigungsstrategie darstellt, kann an dieser Stelle nicht abschließend beurteilt werden. Für eine solche Beurteilung ist insbesondere die Einsichtnahme in die Akten, welche dem Gericht vorliegen, sowie die Kenntnis des Gangs und der Erkenntnisse der Hauptverhandlung unentbehrlich.
Grundsätzlich ist niemand verpflichtet an seiner eigenen Strafverfolgung mitzuwirken. Mithin kann der Angeklagte darauf bestehen, keine Angaben zum Sachverhalt zu machen und lediglich die sonstigen angebotenen Beweise kritisch zu hinterfragen.
2.) Hinsichtlich der belastenden Aussage des Schwiegervaters kann der vernehmende Polizist als Zeuge vom Hören-Sagen vernommen werden. Wie das erkennende Gericht die Aussage desselben gewichtet, einschätzt und wertet kann an dieser Stelle leider nicht beurteilt werden.
3.) Die Aussage des Schwiegervaters kann nicht als Beweis verwertet werden.
4.) Die Wertigkeit einer Zeugenaussage hängt entscheidend von den Umständen ab, unter denen diese gemacht wird. Sofern die Geschädigten für den erkennenden Richter als glaubwürdig einzustufen sind und keine entgegenstehenden Anhaltspunkte ein anderes Ergebnis der Beweiswürdigung nahelegen, kann die Aussage der Geschädigten durchaus zu einer Identifikation als Täter führen.
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Abschließend erlaube ich mir, Sie auf Folgendes hinzuweisen: Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Ihren Angaben basiert, handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes. Diese kann eine umfassende Begutachtung und Verteidigung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Ich hoffe Ihnen einen ersten Überblick gegeben zu haben und stehe Ihnen gerne weiterführend, insbesondere im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Kristin Pietrzyk
Rechtsanwältin
Zusatzfrage: Die Denunziantis gaben bei der Polizei an, der Täter habe sehr kurze Haare und trage keine Brille. Tatsächlich hat Meier eher lange Haare und trägt wegen hoher Dioptrinwerte Brille (dies auch auf Rat des Augenarztes). Sind diese Differenzen für das Gericht hinnehmbar, wenn die Denunziantis im Gericht erklären, Meier sei der Täter?
Bitte berücksichtigen bei Antwort auf Frage 4 die Vorgabe (und korrigieren Sie erforderlichenfalls): Die Denunziantis sind Zeugen, nicht Geschädigte.
Eine ordnungsgemäße Wahlgegenüberstellung hat bisher noch nicht stattgefunden. Es besteht die Gefahr, dass der Zeuge allein auf Grund der suggestiven Wirkung, die von der Tatsache ausgeht, dass der Beschuldigte allein mit ihm konfrontiert wird, diesen schließlich als Täter wiedererkennen will.
Vgl. Odenthal NStZ 85, S. 433.
Die in diesem Zusammenhang an einen Zeugen gerichtete Frage, ob er den Angeklagten als Täter wiedererkenne, ist daher ungeeignet i. S. d. § 241 Abs. 2 StPO
.
Vgl. Budde StrafV 82, 111; Odenthal, Gegenüberstellung, 1999, a.a.O., S. 118.
Bitte überprüfen Sie Ihre Antwort zu 4) mit Blick auf diesen Umstand nochmals. Sie erscheint mir fehlerhaft oder unvollständig.
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Ob es sich um Geschädigte oder Zeugen handelt, spielt keine Rolle, da auch die Geschädigten Zeugen wären, wenn Sie hinsichtlich der Straftat tatsächliche Wahrnehmungen gemacht hätten.
Ob die Identifikation auf Grund einer Suggestion erfolgt, wäre im Rahmen der Beweiswürdigung durch das Gericht zu gewichten. Eine Bewertung der Zeugenaussagen und deren Gewicht für die Urteilsfindung wäre, im Falle einer Verteidigung durch den Angeklagten selbst, durch diesem dem Gericht gegenüber darzustellen.
Eine Frage ist gemäß § 241 Abs. 2 StPO
ungeeignet, wenn sie in tatsächlicher Hinsicht nicht zur Wahrheitsfindung beitragen kann oder aus rechtlichen Gründen nicht gestellt werden darf. Darunter fallen Suggestivfragen. In einem solchen Falle, wäre die Frage durch den Vorsitzenden zurückzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen,
Kristin Pietrzyk
Rechtsanwältin