Ihre Schilderungen nach haben Sie am 08.04.2023 einen Grundsteuerwertbescheid vom Finanzamt erhalten, gegen den Sie keinen Einspruch eingelegt haben. Nun haben Sie am 15.01.2025 den Grundsteuerbescheid und den Grundsteuermessbescheid erhalten, die eine jährliche Grundsteuer von € 3.142,- festsetzen – im Vergleich zu den bisherigen € 30,- eine erhebliche und unrealistische Steigerung.
Sie fragen sich, ob Sie trotz abgelaufener Einspruchsfrist gegen den Grundsteuerwertbescheid vom 08.04.2023 noch etwas unternehmen können und auf welchen Rechtsgrundlagen Sie sich dabei berufen können.
Möglichkeiten zur Korrektur des Grundsteuerwertbescheids
Grundsätzlich wird ein Steuerbescheid bestandskräftig, wenn die Einspruchsfrist von einem Monat nach der Bekanntgabe abgelaufen ist (§ 355 Abs. 1 AO). Ein bestandskräftiger Bescheid kann nicht mehr mit einem Einspruch angefochten werden. Dennoch gibt es unter bestimmten Voraussetzungen Möglichkeiten, einen solchen Bescheid zu korrigieren.
1. Meldung nach § 129 AO (offenbare Unrichtigkeiten)
Gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO) kann das Finanzamt Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass des Bescheids unterlaufen sind, jederzeit richtigstellen.
Anwendung in Ihrem Fall:
Eingabefehler : Wenn der hohe Grundsteuerwert auf einem offensichtlichen Eingabefehler beruht (zB falsche Flächengröße, falscher Miteigentumsanteil), kann eine Meldung nach § 129 AO erfolgen.
Vorgehen : Stellen Sie einen Antrag auf Berichtigung nach § 129 AO und weisen Sie konkret auf die Unrichtigkeit hin. Legen Sie Belege bei (zB Grundbuchauszug), die den Fehler nachweisen.
2. Änderung wegen neuer Tatsachen nach § 173 AO
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist eine Änderung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen möglich, wenn nachträglich neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen.
Anwendung in Ihrem Fall:
Neue Beweismittel : Wenn Sie nun Belege vorlegen können, die dem Finanzamt bisher nicht bekannt waren und die eine geringere Steuer rechtfertigen.
Kein grobes Verschulden : Sie dürfen kein grobes Verschulden daran haben, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst jetzt bekannt werden. Unwissenheit allein ist in der Regel kein grobes Verschulden.
3. Änderung wegen offenbarer Unrichtigkeit im Grundlagenbescheid
Der Grundsteuerbescheid bezieht sich auf den Grundsteuerwertbescheid als Grundlagenbescheid . Wenn dieser Fehler vorliegt, kann der Folgebescheid (Grundsteuerbescheid) ebenfalls angefochten werden.
Anwendung in Ihrem Fall:
Anfechtung des Folgebescheids : Legen Sie Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid vom 15.01.2025 ein und begründen Sie ihn mit der Fehlerhaftigkeit des Grundlagenbescheids.
Durchbrechung der Bestandskraft : In besonderen Fällen kann die Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheids im Wege der sogenannten „Dreisatz-Rechtsprechung" berücksichtigt werden.
4. Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 110 AO)
Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand kommt in Betracht, wenn Sie unverschuldet gehindert waren, die Einspruchsfrist einzuhalten.
Anwendung in Ihrem Fall:
Fristversäumnis ohne Verschulden : Wenn Sie nachweisen können, dass Sie die Frist ohne eigene Verschulden versäumt haben (zB wegen schwerer Krankheit).
Antragstellung : Der Antrag muss innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Da seit dem Fristablauf bereits erhebliche Zeit vergangen ist, ist diese Option wohl nicht mehr praktikabel.
Vorgehensweise
Einspruch gegen die Bescheide vom 15.01.2025 einlegen :
Frist : Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe.
Begründung : Weisen Sie auf die Unrichtigkeit des zugrunde liegenden Grundsteuerwertbescheids hin. Argumentieren Sie, dass der daraus resultierende Grundsteuerbetrag offensichtlich unverhältnismäßig ist.
Antrag auf Berichtigung nach § 129 AO stellen :
Anschrift : Finanzamt, das den Grundsteuerwertbescheid erlassen hat.
Inhalt : Beantragen Sie die Berichtigung des Bescheids wegen offenbarer Unrichtigkeit. Legen Sie alle relevanten Unterlagen bei (zB Grundbuchauszug, Kaufvertrag).
Nachweise erbringen :
Dokumente : Grundbuchauszug, der Ihren Miteigentumsanteil korrekt ausweist.
Erklärung : Ggf. schriftliche Erläuterung, warum es sich um einen offensichtlichen Fehler handelt (zB Vergleich mit üblichen Grundsteuerbeträgen für vergleichbare Objekte).
Prüfung durch das Finanzamt abwarten :
Das Finanzamt ist verpflichtet, Ihren Antrag zu prüfen und ggf. den Bescheid zu korrigieren.
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§ 129 AO – Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten
§ 173 AO – Änderung wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel
§ 110 AO – Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand
§ 351 Abs. 1 AO – Unanfechtbarkeit des Grundlagenbescheids
§ 351 Abs. 2 AO – Durchbrechung der Bestandskraft unter bestimmten Voraussetzungen
Fazit
Trotz abgelaufener Einspruchsfrist gibt es Möglichkeiten, den fehlerhaften Grundsteuerwertbescheid zu korrigieren:
Offenbare Unrichtigkeit (§ 129 AO): Bei Eingabe- oder Berechnungsfehlern.
Neue Tatsachen (§ 173 AO): Wenn jetzt neue Informationen vorliegen, die zu einer niedrigeren Steuer führen und Sie kein grobes Verschulden trifft.
Ich empfehle Ihnen, schnellstmöglich Einspruch gegen die aktuelle Bescheide einzulegen und parallel einen Antrag auf Berichtigung des Grundsteuerwertbescheids zu stellen. Legen Sie dabei alle relevanten Nachweise vor und erläutern Sie den Sachverhalt ausführlich. So erhöhen Sie die Chancen, dass das Finanzamt den Fehler erkennt und korrigiert.
Ich wünsche Ihnen viel Glück!
Antwort
vonRechtsanwalt Mathias Schulze
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