Eine Mitarbeiterin unserer Steuerkanzlei hat seit über einem Jahr den Großteil ihrer Arbeitszeit (ca. 75%) nicht für uns gearbeitet, aber Arbeitszeit in DATEV erfasst. Bei einer Kontrolle ist dies aufgefallen. Sie hat die Straftat (Arbeitszeitbetrug) sofort zugegeben. Wir haben daraufhin einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet, welche ihr zusichert, dass wir keine strafrechtlichen Konsequenzen daraus ziehen werden und alle Ansprüche beiderseits abgegolten sind.
Anbei die Klausel: "Der Arbeitgeber verzichtet auf den Ausspruch einer fristlosen Kündigung und die strafrechtliche Verfolgung des Arbeitszeitbetruges der Arbeitnehmerin."
Nach der Vereinbarung des Aufhebungsvertrages haben wir rausbekommen, dass sie für eine andere Steuerkanzlei parallel gearbeitet und mindestens einen Mandanten mit in diese Kanzlei überführt hat.
Zudem mussten wir feststellen, dass sie eine Steuerberaterbescheinigung mit Einkünften und Vermögensaufstellungen für Ihren Vater auf unserem Briefpapier inkl. Rundstempel (Siegel) und gefälschter Unterschrift eines Partners angefertigt und sich per E-Mail zugesendet hat. Unserer Ansicht nach Urkundenfälschung.
Laut ihrer Auskunft sollte die Bescheinigung zur Beantragung eines Kredites für ihren Vater dienen. Angeblich ist es nicht zum Kreditabschluss gekommen. Entsprechende von uns angeforderte Nachweise wurde jedoch nicht erbracht. Unser Ansicht nach Bankbetrug.
Darüber hinaus hat sie interne Unterlagen (Arbeitspapiere) dem anderen Steuerberater zukommen lassen. Ebenfalls hat sie Mandantenunterlagen vor Mandatskündigung an den neuen Steuerberater gesendet sowie einen Jahresabschluss mit Kanzleinamen drauf für Ihre eigene Gesellschaft ohne, dass die Kanzlei daran mitgewirkt hat.
Wir gehen davon aus, dass einige andere Mitarbeiter Teilbereiche der obigen Informationen kennen.
Nun zu unseren Fragen:
1.) Welche Straftaten liegen vor und welche Anzeigepflichten bestehen?
2.) Haben wir einige Möglichkeit trotz Regelung im Aufhebungsvertrag gegen den Arbeitszeitbetrug strafrechtlich vorzugehen?
3) Kann die Staatsanwaltschaft trotzdem Ermittlungen gegen den Arbeitszeitbetrug vornehmen. Wie kann mann der Staatsanwaltschaft entsprechende Informationen übermitteln ohne gegen die Klausel im Aufhebungsvertrag zu verstoßen?
4) Wie kann man die anderen Mitarbeiter dazu bewegen mehr Informationen uns zu geben?
5) Was darf den anderen Mitarbeitern von den potentiellen Straftaten und Hintergründen zu der plötzlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses und Ausspruche eines Hausverbots mitteilen? (Hintergrund: Es brodelt die Gerüchteküche.)
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Als Straftaten liegen insbesondere Betrug sowie eine Urkundenfälschung vor.
Daneben dürfte ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz vorliegen.
Abhängig vom Inhalt des Arbeitsvertrag könnten zudem weitere Verstöße durchs die Weitergabe interner Daten vorhanden sein.
Zumindest in Bezug auf den Datenschutz sollte eine Anzeige erfolgen, da dies auch die Mandanten und deren Interessen betrifft
Da sie sich Aufhebungsvertrag lediglich dazu verpflichtet haben, nicht gegen dem Arbeitszeitbetrug aktiv vorzugehen , sind sie an der Anzeige der übrigen Taten nicht gehindert.
Sofern sie den Arbeitszeitbetrug geschickt in dem Gespräch erwähnen, wird man diesbezüglich Ermittlungen von Amts wegen einleiten.
Bezüglich der anderen Mitarbeiter gestaltet sich dies komplizierter .
Sie sollten diese dahingehend ansprechen, dass es zu Unstimmigkeiten kam und aufgrund erheblicher Verstöße um Mitteilung gebeten wird Auskunft über bekannte Fälle zu erteilen.
Zwingen können sie die Angestellten hierzu jedoch nicht.
Auch in Bezug auf Ihrem Verdacht bezüglich der Straftaten sollten Sie weitestgehend Stillschweigen bewahren.
Sollten die Ermittlungen nicht positiv ausfallen, so könnten Sie sich ansonsten selbst einer Anzeige wegen Verleumdung entgegen gesetzt sehen.
Zu empfehlen wäre es ihnen, eine Strafrechtler vor Ort zu kontaktieren und diesem alle Ihnen bisher bekannten Hinweise gebau zu zeigen.
Dieser kann Ihnen das beste Vorgehen aufzeigen und eventuelle Schadensersatzansprüche geltend machen.