Sehr geehrter Fragesteller,
ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
Die Vorschrift des § 57c ZPO
, der bei vorausentrichteten Mietzinsen bzw. verlorenen Baukostenzuschüssen des Mieters das Kündigungsrecht des Vermieters für eine bestimmte Zeit ausschloß, ist durch Artikel 11 Ziffer 5 des 2. Justizmodernisierungsgesetzes mit Wirkung zum 1. Februar 2007 ersatzlos aufgehoben worden. D.h. für einen Mieter, der einen verlorenen Baukostenzuschuss bzw. eine verlorene Mietvorauszahlung für Instandsetzungen oder Bau geleistet hat, gilt nicht mehr das Mieterschutzrecht des § 57 c ZVG
, wonach der Ersteher von seinem Sonderkündigungsrecht erst nach Abwohnen dieser Leistungen Gebrauch machen konnte.
Unabhängig hiervon gilt für verlorene oder abwohnbare Baukostenzuschüsse folgendes:
Handelt es sich bei den Mieterinvestitionen um einen abwohnbaren Baukostenzuschuss, dann ist im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses § 547 BGB
einschlägig. Wird das Mietverhältnis gekündigt und sind die Investitionen noch nicht abgewohnt, dann steht dem Mieter hiernach gegen den Vermieter ein Rückerstattungsanspruch zu.
Ein verlorener Baukostenzuschusses, also einen in Geld geleisteten Finanzierungsbeitrag, den der Mieter oder ein Dritter im Hinblick auf das Mietverhältnis aufgewendet hat und der vom Vermieter nicht zurückzuzahlen ist, ist nach § 347 BGB
zurückzuerstatten, sofern der Vermieter die Beendigung des Mietverhältnisses zu vertreten hat. Hat der Vermieter die Mietvertragsbeendigung nicht zu vertreten, sind verlorene Baukostenzuschüsse nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB
) abzuwickeln, wenn der mit dem Baukostenzuschuss bezweckte Erfolg nicht eintritt, wobei der Zuschuss in Höhe einer Jahresmiete binnen einer Mietdauer von vier Jahren getilgt ist.
Angenommen der Mietvertrag enthält wirksame Regelungen hinsichtlich der Mieterinvestitionen, auf die der Mieter seine Forderung grundsätzlich stützen kann, dann wird der Ersteher, falls er den Mietvertrag nach § 57 a ZVG
kündigt und die Investitionen noch nicht abgewohnt sind, von dem Mieter voraussichtlich erfolgreich in Anspruch genommen werden können. Denn durch den Zuschlag tritt der Ersteher gem. § 57 ZVG
i.V.m. § 535
, 566 BGB
anstelle des früheren Vermieters in die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Rechte und Pflichten ein. Schuldner eines etwaigen Bereicherungsanspruchs wird der Ersteher jedoch nur dann sein, wenn er auch die Möglichkeit hatte, sich durch Einsicht in den Mietvertrag über die bestehenden Regelungen zu erkundigen.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
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Guten Tag,
zunächst einmal besten Dank für Ihre ausführliche Antwort- den ersten Teil habe ich verstanden- das ganze Recht ist aufgehoben worden zum 01.02. 07 - dann heisst es: unabhängig hiervon ...- verstehe ich richtig dass sich dann ihre erklärung auf das alte Recht bezieht - ?
In meinem Fall wurde der MV am 19.10.2003 geschlossen. und am 27.06 wie folgt ergänzt:
"Die Mietzeit wird ab heute auf 10 Jahre frstgesetzt. Die Miete von 150 € wird für die Laufzeit des Vertrages garantiert- Begründung: die Wohnung ist teil. nicht bewohnbar- der Eigentümer ist nicht in der Lage die Investition zu tätigen.Die Investition beträgt ca. 20 t€, Bei vorzeitiger Vertragskündigung durch den VM oder nachfolger wird eine Entschädigung von ... pro Monat der rechtlichen Vertragslaufzeit fällig"
Kann der Mieter in meinem Fall dennoch etwas durchsetzen ?
Wenn ja, wie wirke ich dagegen ?
Wenn nein, bitte Argument für Schriftsatz
War ein solcher MV (10 Jahre Laufzeit)zu diesem Zeitpunkt
überhaupt machbar ?
Besten Dank nochmals, und alles Gute !
Eine gute bewertung ist Ihnen selbstverständlich zugesichert !
Sehr geehrter Fragesteller,
ob die Aufhebung der Kündigungsbeschränkung des § 57 c ZVG
zwangsläufig zur Folge hat, dass der Mieter bei vorzeitiger Auflösung des Mietverhältnisses mit seinen Ansprüchen wegen eines geleisteten Baukostenzuschusses gegenüber dem Erwerber in der Zwangsversteigerung ausgeschlossen ist, ist in der Rechtsprechung bislang nicht entschieden. Vielmehr wird auch nach Streichung des § 57 c ZVG
beispielsweise in Palandt, Kommentar zum BGB (2008), unter § 566 c BGB
die bisherige Rechtsprechung des BGH zitiert, wonach auf Baukostenzuschüsse, die als Mietvorauszahlungen zu behandeln sind, § 566 c BGB
keine Anwendung finde. Hiernach kann der Mieter den fällig werdenden Mietzinsen geleistete Mietvorauszahlungen (abwohnbare Baukostenzuschüsse) dem Erwerber entgegen des § 566 c BGB
auch für die Zeit nach der Beschlagnahme weiter entgegen halten.
Die von Ihnen zitierte Vereinbarung in der Ergänzung zu dem Mietvertrag vom 19.10.2003 wird als abwohnbarer Baukostenzuschuss zu werten sein, da sich die Sachleistung auf die vereinbarte Miete auswirken sollte. Kündigt der Ersteher das Mietverhältnis nach § 57 a ZVG
mit der gesetzlichen Kündigungsfrist von 3 Monaten vor Ende der Abwohndauer, wird der Mieter nach Palandt (a.a.O.) gemäß der früheren Rechtsprechung den noch nicht abgewohnten Teil der `Mietvorauszahlung` zurückfordern können bzw. bei fortbestehendem Mietverhältnis wird er dem Ersteher nur die reduzierte Miete zu zahlen haben.
Da die bisherige Rechtsprechung des BGH in den Aufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg entstand und den Schutz des Mieters, der ohne Baukostenzuschuss oder eine sonstige finanzielle Beteiligung keinen Wohn- oder Geschäftsraum erlangen konnte, bezweckte, dieser wirtschaftliche und soziale Hintergrund seit Jahren jedoch ein anderer ist, erfolgte die Streichung des § 57c ZVG
. Der Mietergerichtstag 2008 hat im Hinblick hierauf sinngemäß die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber im ZVG entsprechende Regelungen hätte treffen müssen, wenn er gewollt hätte, dass ein Baukostenzuschuss dem Ersteher gegenüber gemäß der früheren Rechtsprechung des BGH auch nach dem Zuschlag weiter wirken soll. Da entsprechende Regelungen im ZVG jedoch fehlen, kann gegenüber den Forderungen des Mieters eingewandt werden, dass mit der Streichung des § 57 c ZVG
auf abwohnbare Baukostenzuschüsse über § 57
ZVG § 566 c BGB
Anwendung finde und hiernach der Ersteher den Baukostenzuschuss nicht gegen sich gelten lassen müsse. Nachdem hierzu bislang keine Rechtsprechung vorliegt, besteht allerdings ein gewisses Prozessrisiko.
Im Übrigen wird allein die Vertragsdauer von 10 Jahren nicht gegen die Unwirksamkeit des Zeitmietvertrages eingewandt werden können. Denn ein Zeitmietvertrag kann seit dem 1.9.2001 für jede beliebige Dauer abgeschlossen werden, allerdings müssen die Befristungsgründe des § 575 BGB
bei Vertragsschluss schriftlich mitgeteilt werden.
Mit freundlichen Grüßen
RA Petry-Berger