Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Rechtmäßigkeit der Abmahnung?
Zunächst muss natürlich ein Abmahnungsgrund vorliegen. Hierzu gehe ich später ein. Allerdings stellt die Rechtsprechung auch zahlreiche weitere Anforderungen an eine rechtmäßige Abmahnung, die ebenfalls erfüllt sein muss.
Besondere Formvorschriften sind nicht zu beachten. Die Abmahnung kann sogar mündlich ausgesprochen werden.
Eine Abmahnung hat drei Funktionen, weshalb die Abmahnung auch gewisse inhaltliche Angaben enthalten muss:
- Das vorgeworfene Verhalten muss detailliert beschrieben werden. Es muss der Hinweis erfolgen, dass hierdurch arbeitsvertragliche Pflichten verletzt wurden (Hinweis- und Dokumentationsfunktion)
- Der Abgemahnte muss aufgefordert werden, sich zukünftig vertragsgemäß zu verhalten (Ermahnungsfunktion)
- Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen bei weiterem Fehlverhalten (Warnfunktion)
Diese Punkte kann ich naturgemäß, mangels Einsicht in die Abmahnung, nicht verbindlich beurteilen.
2. Außerdienstliches Verhalten als Abmahnungsgrund?
Aufgrund des allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG
, 2 Abs. 1 GG
ist die Gesetzgebung sowie die Rechtswissenschaft nur sehr zurückhaltend mit Vorschriften und Sanktionen betreffend eines außerdienstlichen Verhaltens. Eine Grenze wird jedoch dort gezogen, wo das außerdienstliche Verhalten geeignet ist, das Unternehmen des Arbeitgebers zu schädigen (vgl. Joussen in Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht Stand 01.12.2014 § 611 BGB
Rn. 390ff).
Das Bundesarbeitsgericht umschreibt dies so, dass eine Kündigung (und dann selbstverständlich auch eine Abmahnung), dann in Betracht kommt, wenn sich außerbetriebliches Verhalten konkret innerbetrieblich auswirkt. So wurde zum Beispiel ein Stalking eines Arbeitskollegen als Kündigungsgrund anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 19. 4. 2012 − 2 AZR 258/11
).
Letztendlich ist auch eine Beleidung formal juristisch eine Straftat, so dass meines Erachtens – gerade im Hinblick auf den innerbetrieblichen Frieden – durchaus eine Abmahnung in Betracht kommt.
Im Ergebnis müsste man jedoch ganz konkret abwägen, was für Worte gewählt wurden und wie ansonsten unter den Kollegen umgegangen wird.
3. Wie geht man gegen eine solche Abmahnung vor?
Es muss nicht zwingend der Klageweg bestritten werden, da es verschiedene Möglichkeiten gibt. Zunächst möchte ich betonen, dass es auch sinnvoll sein kann, zunächst nicht gegen die Abmahnung vorzugehen oder zumindest nicht im Klageweg, da dies das Arbeitsverhältnis weiter belasten könnte.
Sollten Sie zu einem späteren Zeitpunkt wegen erneut eines vergleichbaren Grundes gekündigt werden, könnten Sie im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses immer noch die Wirksamkeit der Abmahnung prüfen lassen. Sollten Sie sich für diesen Schritt entscheiden, würde ich Ihnen jedoch empfehlen sich jetzt ein Gedächtnisprotokoll über den Vorfall anzufertigen, damit Sie später noch die Details kennen.
Eine weitere Variante wäre der Entwurf einer Gegendarstellung durch Sie, in der Sie den Sachverhalt aus Ihrer Sicht schildern sowie darstellen, dass es gerade keine Pflichtverletzung war. Diese Gegendarstellung wäre dann zur Personalakte zu nehmen. Hierzu sollten Sie sich jedoch, nach meinen Erfahrungen, anwaltlichen Rat einholen, da viele Gegendarstellungen in der Praxis eher das Gegenteil beweisen („Das stimmt schon, ABER…")
Vor einer Klage könnten Sie den Arbeitgeber auch zur Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte auffordern. In einem zweiten Schritt wäre eine Klage möglich.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Johannes Kromer
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