Beendigung eines Arbeitsverhältnisses wegen Burnout

19. Juli 2019 10:19 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von


12:21

Zusammenfassung

Wie kann ein Arbeitsverhältnis mit vertraglicher dreimonatiger Kündigungsfrist am Besten beendet werden, wenn eine Aufrechterhaltung bzw sogar ein erneuter Dienstanritt aus gesundheitlichen, insbesondere psychischen, Gründen für den Arbeitnehmer nicht mehr denkbar ist?

Ein Arbeitsverhältnis kann unter Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt werden. Im Krankheitsfall kann eine Krankschreibung durch ärztliches Attest erfolgen. In diesem Fall wird für sechs Wochen der Lohn fortgezahlt, danach Krankengeld bezogen, sofern zu diesem Zeitpunkt noch kein neues Arbeitsverhältnis angetreten wurde. Während der Zeit, in der der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, kann eine Kündigung auch von Seiten des Arbeitgebers erfolgen. Auch kann sich ein Arbeitnehmer während dieser Zeit bereits als arbeitssuchend melden. Gegebenenfalls kann auch ein Aufhebungsvertrag im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber geschlossen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich brauche dringend einen Rat und hoffe, Sie können mir helfen.

Meine Situation:
Ich arbeite seit 1,5 Jahren im Kundenservice am Telefon. Der Job war von Beginn an stressig, aber ich hatte gehofft, dass ich mit einer gewissen Routine besser mit dem Stress umzugehen lerne.

Täglich müssen 20-30 Telefonate angenommen und initiiert werden. Das Telefon klingelt ständig, man muss immer präsent sein. Zudem müssen laufend ebenso viele E-Mail beantwortet werden. Der Tag ist davon bestimmt, die Probleme anderer Menschen zu lösen und man hat es häufig auch mit schreienden, aggressiven Kunden zu tun.

Zudem sitze ich mit 10 Kollegen auf relativ engem Raum. Wenn alle gleichzeitig am Telefon sind, erzeugt das noch mehr Stress. Die Telefonate werden aufgezeichnet und man muss sich dafür regelmäßig Kritik durch die Chefin anhören.

Mein wiederholter Wunsch, die Inhalte der Arbeit umzugestalten, so dass ich nicht mehr nur Telefon- und E-Mail Dienst ausführe, wurden mehrfach abgelehnt.

Ich bin völlig ausgebrannt, psychisch und körperlich am Ende und kann und will diese Arbeit nicht mehr fortführen.

Ich bin zu meiner Ärztin gegangen und seit dem 09.07. bis zum 31.07.19 krank geschrieben, also ingesamt 3 Wochen.


Meine Frage:
Wie komme ich am besten aus diesem Arbeitsverhältnis heraus?

1. Soll ich selber kündigen? Ich habe drei Monate Kündigungsfrist. Was mache ich mit dieser Frist? Ich kann nicht einen einzigen Tag noch einmal dorthin zurück.

2. Soll ich es darauf ankommen lassen, dass der Arbeitgeber mir kündigt? Darf er das bei einer Krankschreibung überhaupt?
Eine andere Kollegin hat schon gekündigt und ich weiß, dass mein Ausscheiden für den Arbeitgeber ein großes Problem darstellen würde, da diese Stellen auf Grund des hohen Stressfaktors sehr schwer neu zu besetzen sind.

3. Ist es möglich oder erstrebenswert, einen Aufhebungsvertrag auszuhandeln?

Meine Ärztin hat gesagt, Sie würde mir ein Attest ausschreiben bzw. mir den Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf ärztlichen Rat ausfüllen. Das Arbeitsamt hat bestätigt, dass dann keine Sperrfrist verhängt wird, aber es bleiben dennoch die drei Monate Kündigungsfrist.

– Kann ich mich arbeitssuchend melden bzw. beim Arbeitsamt vorstellig werden, obwohl ich krank geschrieben bin?

– Jemand hat mir dringend geraten, eine Kur zu machen und ich habe das Gefühl, dass mir das sehr helfen könnte. Könnte man eine solche in den Ablauf einplanen und wenn ja, wie?

– Welche Folgen haben die unterschiedlichen Wege auch bzgl. der finanziellen Lage und einer Sperrfrist vom Arbeitsamt.

– Gibt es noch andere Möglichkeiten?

Ich bin gerade einigermaßen verzweifelt und wäre Ihnen sehr dankbar dafür, wenn Sie mir einen Rat bzgl. der besten Vorgehensweise und der nächsten Schritte geben könnten.

Ganz herzlichen Dank im Voraus.

Freundliche Grüße
19. Juli 2019 | 11:00

Antwort

von


(2337)
Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
E-Mail: mail@ra-raab.de
Sehr geehrter Fragesteller,

zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:


1.

Wenn Sie das Arbeitsverhältnis beenden wollen, sprechen die von Ihnen geschilderten Gründe dafür, dass Sie das Arbeitsverhältnis fristgerecht kündigen.

Sofern Sie gesundheitlich nicht in der Lage sein sollten, Ihre Arbeitstätigkeit ab dem 01.08.2019 wieder aufzunehmen, werden Sie ärztlicherseits voraussichtlich krankgeschrieben werden. Für die Dauer von sechs Wochen wird der Lohn fortgezahlt, danach beziehen Sie Krankengeld, sollten Sie keine neue Stelle gefunden haben.


2.

Ob der Arbeitgeber Ihnen kündigt, lässt sich nicht abschätzen.

Werden mehr als 10 Vollzeit tätige Arbeitnehmer beschäftigt, findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Das bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis nur sehr schwer kündbar ist.

Der Arbeitsgeber kann es also darauf ankommen lassen, abzuwarten, was geschieht. Für die Dauer von sechs Wochen wird der Lohn fortgezahlt, wie oben bereits gesagt, danach entstehen für den Arbeitgeber keine Kosten mehr, da Sie dann Krankengeld beziehen.

Auch während der Zeit, während der Sie arbeitsunfähig krankgeschrieben sind, kann das Arbeitsverhältnis arbeitgeberseits (auch arbeitnehmerseits) gekündigt werden.


3.

Ein Aufhebungsvertrag setzt voraus, dass der Arbeitgeber bereit ist, einen solchen Aufhebungsvertrag abzuschließen.

Grundsätzlich ist gegen einen Aufhebungsvertrag nichts einzuwenden.


4.

Selbstverständlich können Sie, selbst wenn Sie arbeitsunfähig krankgeschrieben sind, sich arbeitssuchend melden. Das ist sogar sinnvoll, zumal Sie davon ausgehen, wieder gesund zu werden.


5.

Bezüglich der Kur sollten Sie sich mit der Ärztin in Verbindung setzen. Ratschläge von unbeteiligten Dritten sind eher mit Vorsicht zu genießen.


6.

Wenn Sie keine Sperrfrist vom Arbeitsamt erhalten, erhalten Sie Arbeitslosengeld. In der Regel beläuft sich das Arbeitslosengeld auf 60 % des Nettoentgelts.


7.

Eine große Auswahl weitere Möglichkeiten werden Sie nicht haben.

Sie sagen, das Arbeitsverhältnis belaste Sie und Sie könnten die Arbeit nicht ausüben und würden aufgrund der Arbeitssituation krank. Die Folge ist, dass Sie das Arbeitsverhältnis beenden müssen. Das sollte möglichst schnell geschehen, damit Sie rasch wieder in den Arbeitsprozess – bei einem neuen Betrieb – integriert werden. Eine Langzeitarbeitslosigkeit ist auf jeden Fall zu vermeiden, da das Ihre Bewerbungschancen mindert.

Vor diesem Hintergrund dürfte eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses Ihrerseits die für Sie beste Möglichkeit sein. Bedenken Sie stets, dass Ihre Gesundheit vorgeht.


Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Raab
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 19. Juli 2019 | 11:52

Sehr geehrter Herr Raab,

ich hätte noch eine Nachfrage: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Arbeitsamt das ärztliche Attest akzeptiert und mir deswegen keine Sperrfrist zuteilt? Das wäre ein wichtiger Faktor für mich bei einer Eigenkündigung.

Herzlichen Dank für Ihren Rat.

Freundliche Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Juli 2019 | 12:21

Sehr geehrter Fragesteller,

zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:


Wenn die ärztliche Stellungnahme deutlich zum Ausdruck bringt, dass eine weitere Tätigkeit bei dem jetzigen Arbeitgeber aus gesundheitlichen Gründen nicht zu verantworten sei, sollte von einer Sperrfrist mit hoher Wahrscheinlichkeit abgesehen werden.


Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Raab
Rechtsanwalt

ANTWORT VON

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Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
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