Schwester ausbezahlen

22. Juli 2025 10:34 |
Preis: 48,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Schwester ausbezahlen, Eltern bleiben mit Nießbrauchsrecht wohnen
Guten Tag, das Elternhaus meiner Frau soll zwischen ihr und ihrer Schwester übertragen werden. Meine Schwiegereltern erhalten für Ihre restliche Lebenszeit ein Nießbrauchsrecht an dem Haus.

Mein Schwiegervater ist 66 und steht alleine im Grundbuch), das Haus ist 750.000 € wert laut Gutachten. Die Wohnfläche der Schwiegereltern beträgt ca 200qm und es gibt ein 2.200 qm großes Grundstück plus eine 750qm Scheune und eine 80qm Garage die allesamt in den Nießbrauch gehören.

Wir interpretieren die Berechnung folgendermaßen:
Gehen wir nach der aktuell gültigen Vervielfältigertabelle des Bundesfinanzministeriums, ergibt sich für uns folgende Berechnungsgrundlage:

Eckdaten: 200qm Wohnfläche der Eltern, 750qm Scheune inkl. 150qm Gewerbenutzung des Vaters, 80qm Garage, Grundstücksfläche 2.200qm

Wohnhaus: Laut aktuell gültigem Mietspiegel sind hier rund 10,00 € Miete pro qm zu berechnen. Also für das Wohnhaus 200qm x 10,00€ Miete = 2.000€ Mieteinnahmen kalt monatlich

Scheune: Größe 750qm, davon 150qm betrieblich genutzt seitens des Vaters (Elektromeister), der recherchierbare Wert pro qm liegt zwischen 2€ und 4€ je qm. Wir setzen 2,00 € pro qm an. Also für die Scheune 750qm x 2,00 € Miete = 1.500 € Mieteinnahme kalt monatlich

Garage: 80qm groß. Hier setzen wir 75 € Mieteinnahme kalt an monatlich

Nach Anwendung der Vervielfältigertabelle von 2025 steht der Faktor bei 11,074. Somit ergibt sich aus unserer folgende Bewertung:

Jahresmieteinnahme: 42.900 € x Vervielfältiger Faktor 11,074 = 475.000 €

Zieht man diesen vom Immobilienwert von 750.000 € ab bleibt eine Restsumme von 275.000 € die zwischen beiden Geschwistern aufgeteilt werden muss. Bzw. meine Frau möchte ihre Schwester ausbezahlen. Somit stünde ihrer Schwester nach unserem Empfinden eine Ausgleichszahlung von 137.500€ zu. Sehen wir das richtig?

Ihrer Schwester ist das zu wenig, bzw. kommt das zu wenig vor. Jedoch lügt hier nach unserem Empfinden die Mathematik nicht und der Nießbrauch hat nunmal diesen Wert aufgrund der Größe der Wohnfläche, Grundstücks und den genutzten Zusatzgebäuden.

Ich freue mich auf Eure Einschätzung.

22. Juli 2025 | 11:17

Antwort

von


(2334)
Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrter Fragesteller,

zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:


I.

Ihre Berechnung und Herangehensweise zur Ermittlung des Auszahlungsbetrags an die Schwester ist grundsätzlich korrekt und entspricht der in der Praxis und Rechtsprechung üblichen Vorgehensweise. Ich erläutere Ihnen die einzelnen Schritte und gehe auf die rechtlichen Hintergründe ein:


1.

Wert des Nießbrauchsrechts

Der Wert des Nießbrauchs wird nach der sogenannten Kapitalwertmethode berechnet.

Dabei wird die jährliche (fiktive) Miete für die vom Nießbrauch umfassten Flächen (Wohnhaus, Scheune, Garage, Grundstück) ermittelt und mit einem Vervielfältiger multipliziert, der sich nach dem Alter des Berechtigten und den Vorgaben des Bundesfinanzministeriums (§ 14 BewG, BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2009, IV C 2 - S 3104/09/10001) richtet.

Sie haben folgende Werte angesetzt:

- Wohnhaus: 200 qm x 10 €/qm = 2.000 €/Monat = 24.000 €/Jahr

- Scheune: 750 qm x 2 €/qm = 1.500 €/Monat = 18.000 €/Jahr

- Garage: 75 €/Monat = 900 €/Jahr

- Gesamte Jahresmiete: 24.000 + 18.000 + 900 = 42.900 €/Jahr

Der von Ihnen verwendete Vervielfältiger (11,074) für das Alter des Schwiegervaters (66 Jahre) ist sachgerecht und entspricht den aktuellen Tabellenwerten.

Der Kapitalwert des Nießbrauchs beträgt somit:

42.900 € x 11,074 = 475.044,60 €


2.

Berechnung des ausgleichspflichtigen Werts

Vom Verkehrswert der Immobilie (750.000 €) wird der Wert des Nießbrauchs (475.000 €) abgezogen:

750.000 € - 475.000 € = 275.000 €

Dieser Betrag ist der aktuelle Wert der Immobilie, der zwischen den beiden Schwestern aufzuteilen ist.


3.

Ausgleichszahlung an die Schwester

Da Ihre Frau und ihre Schwester jeweils hälftig berechtigt sind, steht jeder ein Anteil von 137.500 € zu:

275.000 € / 2 = 137.500 €

Wenn Ihre Frau das Haus alleine übernehmen möchte, müsste sie ihrer Schwester diesen Betrag als Ausgleich zahlen.


4.

Rechtliche Bewertung

Diese Vorgehensweise ist rechtlich anerkannt und entspricht der gängigen Praxis.

Der Wert des Nießbrauchs ist als Belastung vom Verkehrswert der Immobilie abzuziehen, da der Nießbrauch die wirtschaftliche Nutzung der Immobilie für den Erwerber erheblich einschränkt.

Die Schwester erhält somit den hälftigen Wert des unbelasteten Anteils.


5.

Einwände der Schwester

Dass der Betrag der Schwester zu niedrig erscheint, ist nachvollziehbar, da der Wert des Nießbrauchs bei großen Immobilien und langer Lebenserwartung der Berechtigten einen erheblichen Teil des Immobilienwerts ausmachen kann.

Dies ist jedoch keine "Mathematik-Lüge", sondern entspricht der gesetzlichen und steuerlichen Bewertungspraxis. Auch die Rechtsprechung und Literatur bestätigen dieses Vorgehen.


6.

Zusätzliche Hinweise

Die genaue Berechnung kann im Einzelfall noch durch die Berücksichtigung von Instandhaltungslasten, Betriebskosten und ggf. steuerlichen Aspekten beeinflusst werden.

Die Einigung über die Höhe der Ausgleichszahlung ist letztlich eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Die von Ihnen gewählte Berechnungsmethode ist jedoch objektiv und nachvollziehbar.


II.[b][/b]

Fazit:

Ihre Berechnung ist rechtlich und mathematisch korrekt.

Der Wert des Nießbrauchs ist nach den aktuellen Tabellen zu ermitteln und vom Verkehrswert abzuziehen. Die Schwester hat Anspruch auf die Hälfte des verbleibenden Werts, also 137.500 €. Ein höherer Anspruch besteht nicht, solange der Wertansatz für Miete und Vervielfältiger sachgerecht ist.

Sollten Sie eine neutrale Bestätigung wünschen, kann ein Sachverständigengutachten zur Wertermittlung eingeholt werden, das in der Regel zu einem ähnlichen Ergebnis kommen wird.


Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Raab
Rechtsanwalt


ANTWORT VON

(2334)

Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Arbeitsrecht (Arbeiter und Angestellte), Erbrecht, Familienrecht, Straßen- und Verkehrsrecht, Miet- und Pachtrecht, Vertragsrecht, allgemein, Kaufrecht, Strafrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119054 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die verständliche Antwort ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
sehr gut und umfassend. Sehr ausführliche Antwort. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Danke für die schnelle und umfangreiche Beantwortung meiner Frage ...
FRAGESTELLER