Pflichtteilergänzungsansprüche und Kapitalisierung des Wohnrechts

| 7. November 2011 20:00 |
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Erbrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Jens Grützmacher

Sehr geehrte Damen und Herren,

es stellt sich folgender Sachverhalt dar:

Mein Vater (Mutter ist bereits verstorben) hat mir per Vertrag sein Haus überschrieben und sich ein lebenslanges Wohnrecht im Wert von monatlich 400 € (steht so im Vertrag)eintragen lassen.
Leider ist er bereits nach einem halben Jahr verstorben und ich muss jetzt meine Geschwister auszahlen (Pflichtteilergänzungsansprüche).

Normalerweise wird ja der Wert des Hauses zum Zeitpunkt der Eigentumsüberschreibung und zum Zeitpunkt des Erbfalls ermittelt. Der niedrigere Wert wird dann für die Pflichtteilsergänzungsansprüche berücksichtigt (Niederstwertprinzip).

Meine Frage lautet nun: Was ist, wenn beide Werte identisch sind (liegt ja nur ein halbes Jahr dazwischen). Kann dann das kapitalisierte Wohnrecht abgezogen werden oder wirklich nur dann, wenn der Wert des Hauses zum Zeitpunkt der Schenkung niedriger war (wahrscheinlich würde da schon 1 € ausreichen)? Das BGB geht darauf ja nicht ein.

Vielen Dank für Ihre Hilfe und
mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Nach der gesetzlichen Regelung kommt es auf den tatsächlichen Wert der Immobilie im Zeitpunkt der Schenkung an, soweit dieser nicht beim Erbfall niedriger ist (Niederstwertprinzip, § 2325 Abs. 2 BGB ).

Jedoch dürfte die Bewertung kaum unterschiedlich sein, da die Fristen des § 2325 BGB bei der Eintragung eines lebenslangen Wohnrechtes erst mit dem Todesfall beginnen und nicht bereits zum Zeitpunkt der Schenkung (BGHZ 125, 395 , 397 ff.).

Das bedeutet, dass in Ihrem Fall die Schenkung unberücksichtigt bleibt.

Rückfrage vom Fragesteller 8. November 2011 | 14:06

Vielen Dank für die Beantwortung.

Mir geht es nicht um die Fristen, sondern, ob vom Wert des Hauses noch ein kapitalisiertes Wohnrecht abgezogen werden kann, wenn die Wertermittlung zu beiden Zeitpunkten (Erbfall und Übertragung) das gleiche ergibt.
Mein Vater hatte mich im Testament als Alleinerben eingesetzt.

Danke und beste Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 8. November 2011 | 14:46

Sehr geehrter Fragesteller,

im Rahmen der Berechnung des Niederstwertprinzipes müssen, wie Sie bereits richtig sagen, die Werte bei Schenkung und im Erbfall miteinander verglichen werden. Der niedrigste Wert wird dann als Grundlage genommen.

Da sich Ihr Vater ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt hat, muss dieses natürlich auch berücksichtigt werden.

Bei einem lebenslangem Wohnungsrecht wird der Jahreswert (qm x monatlicher Mietzins x 12 Monate) nach der voraussichtlichen Lebensdauer des Übergebers berechnet, wobei es auf den abgezinsten Barwert des Wohnungsrechts ankommt (BGH X ZR 03/03 , ZEV 2005, 213 ).

Diese Kapitalisierung kann nach Anlage 9 zu § 14 BewG auf der Grundlage der Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes zur erfolgen.

Es wird bei der Berechnung also nicht die tatsächliche Lebensdauer berücksichtigt, sondern die der Erblasser zum Zeitpunkt der Schenkung nach der allgemeinen Lebenserwartung gehabt hätte, sodass es Ihnen zu Gute kommt, wenn die Lebenserwartung höher war.

Wenn sich Folgefragen auftun sollten, können Sie mich gerne weiterhin direkt per E-Mail kontaktieren.

Mit freunndlichen Grüßen

Grützmacher
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 10. November 2011 | 15:11

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